Lakoma (auch Lacoma, niedersorbisch Łakoma ) ist ein Wohnplatz des Ortsteils Willmersdorf der Stadt Cottbus in Brandenburg. Das Dorf musste endgültig im Jahr 2006 dem Braunkohle-Tagebau Cottbus-Nord weichen, lediglich ein Gehöft blieb erhalten. Der frühere Ortskern lag etwa sechs Kilometer nordöstlich der Cottbuser Innenstadt, sein Name stammt vom niedersorbischen Adjektiv łakomy (schmackhaft). Insgesamt wurden nach amtlichen Angaben 143 Einwohner umgesiedelt.

Im Jahr 1850 hatte das Dorf 88 Einwohner, 1945 etwa 200 Einwohner und 1964 180 Einwohner. Im Jahr 1850 waren alle Einwohner Sorben. Im Jahr 1963 sprachen noch rund 63 % der Einwohner niedersorbisch.

Geschichte

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Lakoma 1337 im Zusammenhang mit der „Alten Poststraße“, einem damals überregional wichtigen Fuhrmanns- und Handelsweg sowie späteren Postweg. Lakoma lag inmitten einer gewässerreichen Gegend. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts legten Franziskaner die Fischteiche und den kulturhistorisch bedeutsamen Hammergraben an. Beim Ausbau der Teiche wurde Raseneisenstein entdeckt. Dieser wurde ab 1551 in Peitz im Hammerwerk verarbeitet, zuvor in einer Mühle bei Maust. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges hatte Lakoma unter Truppeneinquartierungen (1626, 1631 und 1640), Plünderungen und Hungersnot zu leiden.

1968 wurde das gewässerreiche Gebiet um Lakoma als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.

Die Bevölkerung von Lakoma wurde 1983 darüber informiert, dass ihr Dorf abgebaggert werden soll. Einige der Bewohner wollten ihre Häuser nicht an das VE Braunkohlenkombinat Senftenberg (BKK Senftenberg) verkaufen und brachten dies sogar beim Politbüro in Ost-Berlin mit einer entsprechende Eingabe zum Ausdruck. Der überwiegende Teil der damals etwa 150 Bewohner wurde jedoch noch vor der Wiedervereinigung 1989/90 trotz Protests umgesiedelt und einige Höfe wurden abgerissen. Anschließend stand das Dorf als Wüstung bzw. „Geisterstadt“ weitgehend leer. Im Jahr 1990 wurde für das teilweise bereits zerstörte Lakoma ein Abrißstop ausgesprochen. Da sich der Tagebau gegenüber ursprünglichen Planungen deutlich verlangsamte, wurde in Lakoma eine sogenannte Zwischennutzung für die verbliebenen Höfe ermöglicht.

Lakoma lag nahe der Bahnstrecke Cottbus–Guben.

Lakomaer Teiche

Hinter dem Dorf lagen die Lakomaer Teiche, die 2003 gemeinsam mit dem Hammergraben durch die brandenburgische Landesregierung als Fauna-Flora-Habitat (FFH) an die EU gemeldet wurden. In dem 380 ha großen Gebiet wurden über 170 bedrohte Tier- und Pflanzenarten festgestellt, unter anderem Vorkommen des Eremitenkäfers (Osmoderma eremita) und eine der größten Populationen der Rotbauchunke (Bombina bombina) in Brandenburg. Außerdem kamen hier der Wiedehopf, die Rohrdommel und der Fischotter vor.

Nachdem das Eilverfahren der gegen die Abbaggerung des Gebietes klagenden Umweltverbände abgewiesen wurde und eine Entscheidung im Hauptverfahren erst nach der Zerstörung des FFH-Gebietes in Aussicht war, besetzten Aktivisten der Umweltschutzorganisation Robin Wood das Gebiet. Diese Besetzung wurde am 28. September 2007 durch einen von Vattenfall engagierten Sicherheitsdienst und die Polizei gewaltsam beendet. Unmittelbar danach begann die Abholzung und Zerstörung des FFH-Gebietes.

Besetzung

Im Mai 1992 wurden leer stehende Gebäude von Cottbuser Abiturienten und Umweltaktivisten besetzt. Im Jahr darauf wurde der Verein Lacoma e.V. gegründet, der sich unter anderem um die Legalisierung der Besetzungen und um eine gemeinnützige Dorfnutzung bemühte. Dieser Verein erhielt 1994 von der Stadt Cottbus bis 2003 befristete Zwischennutzungsverträge für Lakoma. Mehr als zwanzig Menschen bewohnten zu diesem Zeitpunkt den noch verbliebenen Teil des Dorfes.

Ein Gebäude wurde ab 1996 von den ehemaligen Besetzern zum Kulturzentrum und neuen Dorfmittelpunkt umgewidmet. In der „Kulturscheune“ fanden fortan zahlreiche Konzerte (u. a. mit Gerhard Gundermann), Lesungen, Vorträge und Feste statt. Bis ca. zum Jahr 2000 war das besetzte Dorf von einem breiten Spektrum von Menschen bewohnt, die ihre unterschiedlichen Vorstellungen von alternativen Wohn- und Lebensformen zu realisieren versuchen. Viele Künstler und Studenten werden vom Dorf angezogen. Unter dem Motto „In Cottbus Bundesgartenschau und ringsherum nur Tagebau“ griffen Aktivisten aus Lakoma die 1995 in Cottbus stattfindende Bundesgartenschau als Widerspruch zur Naturzerstörung durch den Braunkohletagebau auf. Nicht nur umweltpolitische Fragen, sondern auch das alltägliche soziale Miteinander bestimmten den Dorfalltag. Ein betreutes Wohnprojekt für Jugendliche nahm Mitte der 1990er Jahre einen Platz im Dorf ein. Später fanden nach einem „Generationswechsel“ gegen Ende der 1990er Jahre – ein Großteil der Erst-Besetzer hatte bis dahin das Dorf wieder verlassen – Aktionen und Veranstaltungen meist ökologischer und soziokultureller Natur im Dorf statt, darunter Wanderungen zu den Lakomaer Teichen, allgemeine Umweltbildungsarbeit, Kunstwerkstätten und Veranstaltungen zur Förderung der sorbischen Kultur. Nach 2000 stand die Ausrichtung als „Ökodorf Lacoma“ im Mittelpunkt. Bekannt wurde Lakoma in dieser Zeit der Zwischennutzung insbesondere für seine aktive Holzbildhauer-Szene (Holzwerkstätten mit internationaler Künstlerbeteiligung) und das von 1991 bis 2006 jährlich im Juni zur Sommersonnenwende stattfindende Lacoma-Fest.

Eigentümer der Dorfflächen war als Betreiber des Tagebaus Cottbus-Nord zuletzt der Energiekonzern Vattenfall (und ist dies, Stand 2008, weiterhin). Nach Ablauf der Nutzungsverträge ließ Vattenfall das Dorf Ende 2003 trotz fortgesetzten Widerstands durch die Polizei räumen und anschließend – in den Jahren 2003 bis 2005 – alle Häuser bis auf zwei am Ortseingang in direkter Nähe zur Bundesstraße abreißen, noch bevor über die Abbaggerung der Teichlandschaft und des historischen Hammergrabens entschieden war. Auf einem dieser letzten Randgrundstücke steht auch noch das „Wandernde Haus“, das einer der Ökodorf-Aktivisten in sorbischer Holzbau-Tradition errichtet und bewohnt hatte, und das infolge der fortschreitenden Abrissarbeiten mehrfach auf dem Dorfgelände umziehen musste.

Nach der Dorfräumung begann Vattenfall – in Vorbereitung der zukünftigen Braunkohle-Abbaggerung – zudem mit der weitflächigen Errichtung von Entwässerungsanlagen zur Grundwasserabsenkung auf dem Gelände.

Über die Auseinandersetzungen rund um Lakoma wurde 2004 ein zweistündiger Dokumentarfilm Lacoma und der Konzern – Ein energiepolitisches Gesellschaftsspiel gedreht. Zahlreiche weitere Dokumentationen des Rundfunk Berlin-Brandenburg sowie viele Artikel in der Regionalpresse und in überregionalen Tageszeitungen berichten seit Beginn der Besetzung im Jahr 1992 über das Dorf.

Auch nach der Räumung von Lakoma fanden weiterhin regelmäßig privat organisierte Führungen durch Lakoma und insbesondere die nahe Teichlandschaft statt. Im Juli 2008 fand letztmals eine „Gedenkwanderung“ auf der „Alten Poststraße“ zwischen dem nördlich gelegenen Willmersdorf und Lakoma statt, denn ab 2009 wurde die historische Straße als Teil des Vattenfall-Betriebsgeländes gesperrt.

Devastierung für Braunkohle

Im Jahr 2008 verschwanden die Ortschaft Lakoma und die dazugehörige Teichlandschaft endgültig aus der Landschaft nördlich von Cottbus. 2009 stand der Bagger vor dem ehemaligen alten Hammerstrom und damit an der Ortsgrenze Lakomas. Im Frühjahr 2010 erreichte die Kohlegrube den Ortskern. Der Tagebau Cottbus-Nord wurde bis Ende 2015 weitergeführt und soll ab 2019 (nach umfangreichen Sanierungs- und Uferbefestigungsarbeiten) geflutet werden. Damit wird die ehemalige Ortschaft Lakoma ein Teil des zukünftigen Cottbuser Ostsees.

Siehe auch

Literatur

Commons: Lakoma/Łakoma – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ernst Eichler: Die Ortsnamen der Niederlausitz. S. 70
  2. 1 2 3 4 5 Eine Chronologie des Kampfes um das Dorf Lacoma und die benachbarte Teichlandschaft. (Memento des Originals vom 12. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 88 kB) Robin Wood, Februar 2007.
  3. Archiv verschwundener Orte (Hrsg.): Dokumentation bergbaubedingter Umsiedlungen. Forst 2010, S. 102f
  4. 1 2 3 Zeittafel der Ereignisse in und um das Dorf Lacoma und die angrenzende Teichlandschaft (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 60 kB) Robin Wood, Februar 2007.
  5. Waltraud Schwab: Zwei Inseln in der Lausitz. In: Die Tageszeitung: taz. 17. September 2003, ISSN 0931-9085, S. 5 (taz.de [abgerufen am 7. Mai 2022]).
  6. Tagebau Cottbus-Nord. Abgerufen am 7. Mai 2022.
  7. Der Lacoma-Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes etwas unjuristisch kommentiert (August 2007) (Memento vom 7. September 2008 im Internet Archive) Lacoma e.V. (PDF; 10 kB)
  8. Vergleich (Memento vom 7. September 2008 im Internet Archive) Lacoma e.V.
  9. Vattenfall zerstört Lacoma. (Nicht mehr online verfügbar.) Robin Wood, 28. September 2007, archiviert vom Original am 26. Mai 2015; abgerufen am 26. Mai 2015 (Pressemitteilung).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. BlickLicht Magazin 11/2003, S. 4–6 (PDF; 3,1 MB)
  11. Widerstand gegen Lausitzer Braunkohletagebau, Indymedia, 26. September 2007
  12. Filminfo: Lacoma und der Konzern (Memento vom 21. Dezember 2005 im Webarchiv archive.today) (Autorin: Vivien Treuleben; Tiamat Filmproduktion/Buchbäcker-Verlagsgesellschaft)
  13. www.lacoma.info, Stand Oktober 2008 (Memento vom 14. Oktober 2008 im Internet Archive)
  14. Gedenkwanderung durch Lacomaer Teichlandschaft, Grüne Liga.
    Cottbuser Postkutscher nimmt Abschied von Lacoma. In: Der Tagesspiegel Brandenburg. 5. Juli 2008.

Koordinaten: 51° 48′ N, 14° 23′ O

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