Das Landesarchiv Speyer ist im Rahmen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz zuständig für die Betreuung von Behörden, öffentlich-rechtlichen Einrichtungen und Kommunen im Gebiet des früheren Regierungsbezirks Rheinhessen-Pfalz.

Zuständigkeit und Geschichte

Den historischen Kern des Landesarchivs bilden die Aktenbestände von staatlichen Behörden und Gemeindeverwaltungen des von 1815 bis 1945 zu Bayern gehörenden „Rheinkreises“ (ab 1838: „Pfalz“, ab 1937: „Regierungsbezirk Pfalz“) unter Einschluss der darin gelegenen Territorien des Heiligen Römischen Reiches und von Teilen des von 1798 bis 1814 zu Frankreich gehörenden Departements Donnersberg. Mit der Gründung des Landes Rheinland-Pfalz verblieb es zunächst bei der Zuständigkeit für den Regierungsbezirk Pfalz. 1968 kam der damit vereinigte Regierungsbezirk Rheinhessen hinzu, für den aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Großherzogtum Hessen (bis 1918) bzw. zum Volksstaat Hessen (bis 1945) bis Kriegsende das Hessische Staatsarchiv Darmstadt, anschließend das Landeshauptarchiv Koblenz zuständig waren.

Das heutige Landesarchiv wurde zum 1. Januar 1817 in Speyer, dem Sitz der Bayerischen Kreisregierung, als Königlich bayerisches Kreisarchiv eingerichtet. Bis 1902 war das Archiv in der späteren Staatserziehungsanstalt (Ludwigstraße 13) untergebracht. 1902 wurde ein neu errichteter Archivzweckbau am Domplatz bezogen, worin heute das Zentralarchiv der Evangelischen Kirche der Pfalz untergebracht ist. Nach mehrfacher Umbenennung (1921–1938: „Bayerisches Staatsarchiv Speyer“, 1938–1974: „Staatsarchiv Speyer“) lautet die Bezeichnung seit dem 1. Januar 1975 „Landesarchiv Speyer“.

Aufgrund der zunehmenden räumlichen Enge zog das Landesarchiv 1987 in einen Neubau, in dem sich seit 1990 auch die Pfälzische Landesbibliothek befindet.

Bestände

Bestände nach Epochen

EpocheBestandsgruppeBestandsbeschreibung
Altes ReichA-FTerritorien, adlige und geistliche Herrschaften, Selektbestände
Französische ZeitGVerwaltungen des Departements Donnersberg
Bayerische und hessen-darmstädtische ZeitH-RKreis- und Bezirksregierung der Pfalz, Bezirks- bzw. ab (1939) Landratsämter

Provinzialregierung Rheinhessen, Kreis- bzw. (ab 1939) Landratsämter, Fachbehörden

Rheinland-PfalzH-RBezirksregierungen Pfalz und Rheinhessen (ab 1968; Rheinhessen-Pfalz) Landratsämter, Fachbehörden

Bestände epochenübergreifend

BestandsgruppeBestandsbeschreibung
TVereine, Körperschaften, Kammern, Verbände, Firmen, Parteien und Gewerkschaften
UStadt- und Gemeindearchive
VNachlässe und Familienarchive
W-YKarten und Pläne, Bild- und Tonträger, Siegel, Handschriften und Drucksachen

Aktuell umfassen die Bestände des Landesarchivs ca. 23.000 Regalmeter Archivgut, darunter etwa 25.000 Urkunden und rund 33.000 Karten. Das älteste Stück ist ein Kopiar des Klosters Weißenburg aus der Mitte des 9. Jahrhunderts. Unter den Beständen aus der Epoche des Heiligen Römischen Reiches sind die Bestandsgruppen A (Kurfürstentum Pfalz) und B (Herzogtum Pfalz-Zweibrücken) sowie der Gatterer-Apparat mit über 4.000 Archivalien hervorzuheben. Diese im Jahre 1996 vom Staatsarchiv Luzern angekaufte Sammlung mit überwiegend pfälzischem und rheinhessischem Bezug ersetzt jedoch nicht das Fehlen der älteren Urkunden aus der Zeit vor 1400, die im 19. Jahrhundert aufgrund der damals üblichen archivischen Zentralisierung in das Bayerische Hauptstaatsarchiv München verbracht wurden. Eine von Familienforschern stark nachgefragte Quellengruppe stellen die über 400 Kirchenbücher des Landesarchivs dar (Bestand F 6), die zusammen mit den übrigen für die Pfalz und Rheinhessen erhaltenen Kirchenbüchern anderer Archive über das Kirchenbuchverzeichnis der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz recherchierbar sind. Aus dem 19./20. Jahrhundert gehören zu den bedeutendsten Beständen die Akten der Regierung der Pfalz, aus der Zeit des Nationalsozialismus die Akten der Geheimen Staatspolizeistelle Neustadt (Bestände H 90 und H 91 mit über 12.000 Akten und über 60.000 Karteikarten) und die Unterlagen zur Entnazifizierung der Pfalz (Bestand R 18 mit ca. 60.000 Akten). Bedeutende Bestände aus dem Bereich der Wirtschaft sind das Firmenarchiv Gienanth und das Familienarchiv Bassermann-Jordan.

Literatur

  • Martin Armgart (Bearb.): Inventar der pfälzischen Reichskammergerichtsakten. Landesarchiv Speyer Best. E 6. 5 Bände, (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 111), Koblenz 2009.
  • Karl Heinz Debus (Hrsg.): Das Landesarchiv Speyer. Festschrift zur Übergabe des Neubaus. (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 40), Koblenz 1987, ISBN 3-922018-54-8.
  • Karl Heinz Debus u. a.: Der Gatterer-Apparat, hrsg. von der Kulturstiftung der Länder/Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur, Heidelberg 1998.
  • Paul Warmbrunn (Bearb.): Findbuch des Bestandes Familien- und Werksarchiv Gebr. Gienanth-Eisenberg (Landesarchiv Speyer, Bestand T 89). (Veröffentlichungen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 86), Koblenz 2000.
  • Paul Warmbrunn: „...war dieses Wiedersehen nach über 10 Jahren traurig und niederschmetternd“. Zur Kriegsauslagerung der Archivalien des Landesarchivs Speyer im Zweiten Weltkrieg. In: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 103 (2005), S. 399–423.
  • Andrea Kraft: Genealogische Quellen zur Auswanderung im Landesarchiv Speyer. In: Pfälzisch-Rheinische Familienkunde 57/58 (2008/2009), S. 532–536.
  • Andrea Kraft: Notariatsakten im Landesarchiv Speyer. In: Pfälzisch-Rheinische Familienkunde 56 (2007), S. 284–287.
  • Andrea Kraft: Vom Besitz zur Familie: Urkataster im Landesarchiv Speyer und ihre genealogischen Informationen. In: Pfälzisch-Rheinische Familienkunde 56 (2007), S. 216–220.
  • Andrea Kraft: „Dieses tote Papier ist ein Lebenszeichen von der vormaligen Gemeinde dahier...“ Kirchenbücher in Archiven der Pfalz und Rheinhessens. In: Pfälzisch-Rheinische Familienkunde 56 (2007), S. 173–177.
  • Andrea Kraft: Herrschaften im Bereich der Pfalz, Rheinhessens und der angrenzenden Territorien im Jahr 1789 (Historische Karte). 2. Auflage, Koblenz 2008.
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