Das Amt des Landvogts der Oberlausitz war in Mittelalter und Früher Neuzeit das höchste landesherrliche Amt des Markgraftums Oberlausitz. Der Landvogt war Stellvertreter des Landesherren. Er entschied in Lehenssachen, hegte das Landgericht und führte das Landesaufgebot. Insbesondere stand ihm die Obergerichtsbarkeit zu. Durch Brakteaten aus der Münzstätte Bautzen ist der Nachweis erbracht, dass der Landvogt das Münzregal ausübte. Die grundlegenden Befugnisse der Landvögte blieben bis nach dem Dreißigjährigen Krieg erhalten, wobei eine Stärkung des Amtsapparates mit einem Zuwachs verbriefter ständischer Mitbestimmungsrechte einherging. Sitz des Oberlausitzer Landvogtes war die Ortenburg in Bautzen. Mehrere der Amtsinhaber waren auch Landvogt der Niederlausitz.

Entwicklung der Landvogtei

Das Amt des Landvogts entstand in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts während der Herrschaft der brandenburgischen Askanier durch die Vereinigung der Ämter des Burggrafen von Bautzen und des Landrichters, die während der böhmischen Herrschaft über die Oberlausitz nebeneinander bestanden. Durch die Herausbildung der Oberlausitzer Herrschaften und später auch durch die Autonomiebestrebungen der königlichen Städte verlor das vom Landvogt gehegte Landgericht oder Vogtsding im 13. Jahrhundert das Monopol auf die hohe Gerichtsbarkeit.

Die Einsetzung der Landvögte erfolgte durch die jeweiligen Landesherren, die dazu in der Regel Personen aus dem engeren Kreis ihres Hofes bestimmten. Etwa ab 1400 hatten daneben auch die Stände – in der Oberlausitz die sechs königlichen Städte, der Adel und die zwei Klöster Marienstern und Marienthal – wachsende Mitwirkungsrechte. Insbesondere besetzten sie seit dieser Zeit beim Abgang eines Landvogts die Ortenburg und ließen sich von den neuen Landvögten die Garantierung ihrer Rechte schriftlich bestätigen, bevor sie ihm huldigten.

Wegen der gelegentlichen Teilungen der Oberlausitz in die Länder Budissin (Bautzen) und Görlitz, von 1268 bis 1329 und durch die Einrichtung des Herzogtums Görlitz 1377 bis 1396 gab es in der Oberlausitz zeitweise Landvögte in beiden Landeshälften. Zittau bildete eine eigene, ursprünglich zu Böhmen gehörige Landvogtei und wurde erst 1412 mit der Landvogtei Bautzen vereinigt.

Als 1635 die Oberlausitz an das Kurfürstentum Sachsen kam, verhinderten die im sogenannten Traditionsrezess garantierten ständischen Freiheiten die Entwicklung eines zentralisierten fürstlichen Beamtenstaates in der Oberlausitz, so dass das Amt des Landvogts zunehmend an Bedeutung verlor und zeitweise bloßes Titularamt war. Gelegentlich erhielt diesen Titel der jeweilige Kurprinz (Thronfolger). Formal bestand das Amt des Landvogts bis zur Errichtung des Königreichs Sachsen, allerdings wurden seit 1777 keine Landvögte mehr berufen.

Landvögte von Bautzen

Folgende Liste führt die Landvögte von Bautzen auf:

Landvögte von Görlitz

Folgende Liste führt die Landvögte von Görlitz auf:

Landvögte von Zittau

Folgende Liste führt die Landvögte von Zittau auf:

  • 1303 Lutold v. Pribetitz (=v. Pretetz)
  • 1303 Thazo
  • 1318–1330 Günther Runge
  • 1328/38 Peter [von Uechtritz]
  • 1350 Heinrich v. Haftenberg
  • 1358 Bartholomäus
  • 1364–1388 Zittau
  • 1388–1395 Anshelm von Rohnau
  • 1395/6 Botho von Czastolowitz
  • 1396–1412 Zittau
1396–1404 Peter Petzold
1407 Nikolaus Grünwald
1308 Paul Häßler
1410 Nitsche Hildebrand

Literatur

  • Tino Fröde: Collectanea Lusatica. Sammlung Lausitzer Schriften und Akten. Findbuch, Olbersdorf 1997.
  • Hermann Knothe: Urkundliche Grundlagen zu einer Rechtsgeschichte der Oberlausitz. In: Neues Lausitzisches Magazin. Band 53, 1877, S. 158–421. Digitalisat, Digitalisat
  • Gerhard Seifert: Die staatsrechtliche Stellung der Landvögte im ehemaligen Markgrafentume Oberlausitz und ihre Obliegenheiten. Dissertation, Leipzig 1926.

Einzelnachweise

  1. Für die Landvögte bis 1549 vgl. Hermann Knothe: Urkundliche Grundlagen zu einer Rechtsgeschichte der Oberlausitz. In: Neues Lausitzisches Magazin. Band 53, 1877, S. 184ff, 229f, 264ff, 366ff.
  2. Walter von Boetticher: Geschichte des Oberlausitzischen Adels und seiner Güter 1635–1815. Band 1. Görlitz 1912, S. 239 (Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf).
  3. Michael Sachs: Die Flucht der evangelischen Frau Anna Magdalena von Reibnitz (1664–~1745) mit ihren von der Zwangskatholisierung bedrohten fünf Kindern aus Schlesien im Jahre 1703 – ein Stimmungsbild aus dem Zeitalter der Gegenreformation und des Pietismus. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 34, 2015 (2016), S. 221–263, hier: S. 227.
  4. Hermann Knothe: Urkundliche Grundlagen zu einer Rechtsgeschichte der Oberlausitz. In: Neues Lausitzisches Magazin. Band 53, 1877, S. 229f, 264ff.
  5. Hermann Knothe: Urkundliche Grundlagen zu einer Rechtsgeschichte der Oberlausitz. In: Neues Lausitzisches Magazin. Band 53, 1877, S. 239f.
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