Wappen Deutschlandkarte

Koordinaten: 49° 10′ N,  25′ O

Basisdaten
Bundesland:Baden-Württemberg
Regierungsbezirk: Karlsruhe
Landkreis: Karlsruhe
Höhe: 98 m ü. NHN
Fläche: 30,89 km2
Einwohner: 6818 (31. Dez. 2022)
Bevölkerungsdichte: 221 Einwohner je km2
Postleitzahl: 76706
Vorwahlen: 07247, 07255
Kfz-Kennzeichen: KA
Gemeindeschlüssel: 08 2 15 111
Adresse der
Gemeindeverwaltung:
Bächlestraße 33
76706 Dettenheim
Website: www.dettenheim.de
Bürgermeister: Frank Bolz (CDU)
Lage der Gemeinde Dettenheim im Landkreis Karlsruhe

Dettenheim ist eine Gemeinde im Landkreis Karlsruhe in Baden-Württemberg.

Geographie

Gemeindegliederung

Die Gemeinde Dettenheim besteht aus den ehemaligen Gemeinden Liedolsheim und Rußheim. Zu Liedolsheim gehören das Dorf Liedolsheim und Wirtshaus und Gehöft Dettenheim. Zu Rußheim gehören das Dorf Rußheim, der Ort Siedlung (früheres RAD-Lager) und die Häuser Schleifmühle, Völkersches Anwesen und Waldmühle.
Im Gebiet von Liedolsheim liegen die Wüstungen Nackheim und Schure.

Im Gebiet von Rußheim ist eine Ortschaft im Sinne der baden-württembergischen Gemeindeordnung mit eigenem Ortschaftsrat und Ortsvorsteher als dessen Vorsitzender eingerichtet.

Geschichte

Bis zum 19. Jahrhundert

Das Dorf Rußheim wird erstmals im Jahr 784 anlässlich einer Schenkung an das Kloster Lorsch in einer Urkunde des Lorscher Codex als Ruchesheim erwähnt.

Der Name Dettenheim geht auf ein Dorf auf der heutigen Gemarkung der Gemeinde zurück, das sich unmittelbar am Rhein befand. Alle ehemaligen Dorfbewohner wanderten aufgrund der Hochwassergefahr (der Ort war zuletzt nur wenige hundert Meter vom Rhein entfernt) aus und gründeten anschließend 1813 auf der Gemarkung des damaligen „Altenbürg“ die Gemeinde Karlsdorf, heute Teil der Gemeinde Karlsdorf-Neuthard. Heute stehen im alten Dettenheim nur noch einige Häuser, darunter ein Gasthaus („Löwen“), Restgebäude einer ehemaligen Ziegelei sowie ein Gedenkstein. Man spricht dabei von Alt-Dettenheim.

20. Jahrhundert

In der Zeit der Weimarer Republik war Liedolsheim eine frühe Hochburg der Nationalsozialisten. Mitte der 1920er Jahre dominierte in Liedolsheim die Landwirtschaft; etwa 3 % der Erwerbstätigen waren Industriearbeiter, die in Karlsruhe, Hochstetten oder einer örtlichen Ziegelei beschäftigt waren. Rund 84 % der Landwirte bewirtschafteten eine Fläche unter zwei Hektar und waren damit auf Zuerwerb als Tagelöhner oder im örtlichen Gewerbe angewiesen. Dem Historiker Kurt Hochstuhl zufolge waren Landwirtschaft und Handwerk einem besonderen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt, so dass die „Angst vor der Proletarisierung“ zu einer „kollektiven Befindlichkeit“ führte, „die leicht politisch instrumentalisiert werden konnte“.

Die als älteste Ortsgruppe in Baden geltende Liedolsheimer NSDAP-Ortsgruppe entstand aus einem völkischen „Leseverein für Rasse und deutsches Volkstum“, der sich 1920 dem Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund anschloss. Nach dessen Verbot im Juli 1922 konstituierte sich der Verein als Ortsgruppe der NSDAP, die in Baden wenig später ebenfalls verboten wurde. Im Juli 1923 fuhren 24 Liedolsheimer – darunter der Landwirt Emil Albert Roth und der Zimmermeister Robert Roth sowie der im Ort als Lehrer tätige August Kramer – nach München, offiziell, um an einem Turnfest teilzunehmen. In München kam es zu einem Treffen mit Hitler, bei dem die formale Aufnahme der Liedolsheimer Gruppe in die NSDAP verabredet wurde. Ein als „Schlageter-Feier“ deklariertes Treffen von Nationalsozialisten in Liedolsheim im gleichen Monat hatte einen Polizeieinsatz zur Folge, bei dem die Verhaftung von Emil Albert und Robert Roth angesichts deren Rückhalt in der Bevölkerung misslang. Bei der Reichstagswahl im Mai 1924 erzielte der als Ersatzorganisation der NSDAP angetretene Völkisch-Soziale Block 51,9 % der Stimmen in Liedolsheim bei 6,5 % reichsweit. Im Dezember 1924 votierten 35,9 % der Wähler für die Deutschvölkische Reichspartei, für die Robert Roth kandidierte. Bei allen weiteren Wahlen bis 1933 entschieden sich mindestens ein Drittel der Stimmberechtigten für die Nationalsozialisten. Bei der Bürgermeisterwahl 1925 kam es zu von Nationalsozialisten provozierten Ausschreitungen, bei denen das NSDAP-Mitglied Gustav Kammerer erschossen wurde. Nach einem Großbrand, bei dem im August 1927 mehrere Wohnhäuser und etliche Scheunen zerstört wurden, besuchte Hitler Liedolsheim.

Am 1. Januar 1975 wurden die damals eigenständigen Gemeinden Liedolsheim und Rußheim im Zuge der Gemeindereform zur Gemeinde Liedolsheim-Rußheim zusammengelegt. Aus Vereinfachungsgründen wurde die neue Gemeinde am 1. Januar 1978 in Dettenheim umbenannt, da sich der Name Liedolsheim-Rußheim durch seine Länge als wenig vorteilhaft herausgestellt hat und der historische Name Dettenheim vor Kunstnamen den Vorzug erhielt.

Die frühere Trennung des Ortes ist neben der getrennten Lage der Ortsteile noch an den unterschiedlichen Ortsvorwahlen erkennbar.

Wappen der Ortsteile

Religionen

In beiden Ortsteilen gibt es je eine evangelische Kirchengemeinde. Die katholischen Kirchen St. Pankratius in Liedolsheim und St. Michael in Russheim gehören zur römisch-katholischen Seelsorgeeinheit Graben-Neudorf-Linkenheim.

Einwohnerentwicklung

Datum Einwohner
31. Dezember 19654993
31. Dezember 19705313
31. Dezember 19755609
31. Dezember 19805721
31. Dezember 19855740
31. Dezember 19906126
31. Dezember 19956660
31. Dezember 20006743
31. Dezember 20056746
31. Dezember 20106496
31. Dezember 20156494
31. Dezember 20206643

Politik

Gemeinderat

Der Gemeinderat hat 18 ehrenamtliche Mitglieder, die für fünf Jahre gewählt werden. Hinzu kommt der Bürgermeister als stimmberechtigter Vorsitzender des Gemeinderats.

Die Kommunalwahl 2019 führte zu folgendem Ergebnis (in Klammern: Unterschied zu 2014):

Gemeinderat 2019
Partei / ListeStimmenanteilSitze
FWV39,4 % (−1,7)7 (±0)
CDU29,7 % (−2,0)5 (−1)
SPD22,4 % (−4,8)4 (−1)
Grüne8,5 % (+8,5)2 (+2)
Wahlbeteiligung: 63,2 % (+14,7)

Bürgermeister

Seit dem 14. April 2023 ist Frank Bolz (CDU) Bürgermeister von Dettenheim. Er wurde am 12. Februar 2023 im zweiten Wahlgang mit 58 Prozent der Stimmen gewählt. Die bisherige Bürgermeisterin Ute Göbelbecker (Freie Wähler), die ab 2015 amtierte, erhielt 41,8 Prozent der Stimmen.

Wappen

Blasonierung: „In Blau unter erhöhtem silbernem Wellenbalken ein silbernes Hufeisen.“

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Die Privatbrauerei Hoepfner wurde 1798 im Ortsteil Liedolsheim gegründet.

Verkehr

Es existiert eine Busanbindung an die Hardtbahn in Hochstetten. Zudem bestehen Planungen, die Hardtbahn (Karlsruhe – Hochstetten) bis nach Philippsburg zu verlängern; dabei würden auch Haltepunkte in Dettenheim eingerichtet, so dass der Ort erstmals ans Schienennetz angeschlossen wäre. Allerdings gibt es auch Widerstand gegen die Anbindung, so dass die Bedingungen für die Verlängerung der Hardtbahn derzeit nicht erfüllt sind.

Eine testweise Busanbindung an das ebenso benachbarte Graben-Neudorf und dessen Bahnhof wurde aus finanziellen Gründen zunächst wieder eingestellt, aber ab Dezember 2008 zum Fahrplanwechsel wieder dauerhaft eingeführt.

Bildung

In der Gemeinde gibt es zwei Grundschulen, die Pestalozzischule im Ortsteil Liedolsheim und die Tullaschule in Rußheim. Außerdem gibt es in der Gemeinde fünf Kindergärten.

Die Volkshochschule in Dettenheim ist eine öffentliche Einrichtung der Weiterbildung. Sie steht als Außenstelle unter der Rechtsträgerschaft des gemeinnützigen Vereins Volkshochschule im Landkreis Karlsruhe. Nach ihrem satzungsgemäßen Auftrag widmet sie sich neben der Erwachsenenbildung auch den Aufgaben der Jugendbildung.

Freizeiteinrichtungen

Im Ortsteil Liedolsheim existiert eine bekannte Kartbahn. Im Sommer ist der Baggersee auf der Gemarkung Giesen ein beliebtes Ausflugsziel für Badegäste und Wassersportler. Weiter gibt es noch das Jugendzentrum, das jährlich den "Rockfasching" veranstaltet.

Museum

Im Ortsteil Rußheim befindet sich der "Museumsbunker R32", ein Bunker des Zweiten Weltkriegs der seltenen Gattung "Sanitätsbunker". Der Bunker wurde 1938/39 erbaut. Er verfügt über acht Räume und einen Vorraum.

Söhne und Töchter der Gemeinde

Besonderheiten

Auf der Kartbahn im Ortsteil Liedolsheim fand im September 1984 die Kartweltmeisterschaft (CIK-FIA World Karting Championship) statt.

Ebenfalls im Ortsteil Liedolsheim fand die Sportkegel-Weltmeisterschaft 2009 und die Sportkegel-Weltmeisterschaft 2017 statt.

Literatur

  • Monika Rummel, Uwe Rummel: Dettenheim: Wendepunkte in der Geschichte von Liedolsheim und Rußheim. Gemeinde Dettenheim, Altlußheim 1998, ISBN 3-00-003405-6.
  • Wilhelm Lang: Liedolsheimer Familien. Ortssippenbuch 1734 bis 1920. Dettenheim: Gemeinde 2012 (= Badische Ortssippenbücher 123)
Commons: Dettenheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg – Bevölkerung nach Nationalität und Geschlecht am 31. Dezember 2022 (CSV-Datei) (Hilfe dazu).
  2. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden. Band V: Regierungsbezirk Karlsruhe Kohlhammer, Stuttgart 1976, ISBN 3-17-002542-2, S. 91–92.
  3. Minst, Karl Josef [Übers.]: Lorscher Codex (Band 3), Urkunde 1880, 1. Juli 784 – Reg. 1926. In: Heidelberger historische Bestände – digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, S. 332, abgerufen am 5. Mai 2018.
  4. Kurt Hochstuhl: Kampfzeit auf dem Lande. Zur Frühgeschichte der NSDAP in Baden: Das Beispiel Liedolsheim. In: Christof Müller-Wirth (Red): Dem Ideal der Freiheit dienen – ihrer Vorkämpfer gedenken. Festgabe für Wolfgang Michalka. Förderverein Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte, Rastatt 2003, ISBN 3-00-011738-5, S. 81–88, hier S. 83.
  5. Hochstuhl, Kampfzeit, S. 84–86.
  6. Hochstuhl, Kampfzeit, S. 86 f.
  7. Rummel, Dettenheim, S. 49, 110–112.
  8. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 482.
  9. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 483.
  10. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg: Gemeinderatswahlen 2019, Dettenheim; Gemeinde Dettenheim: Gemeinderatswahl 2019 und Gemeinderatswahl 2014 (PDF); abgerufen 10. Juli 2019.
  11. Dettenheims Bürgermeister Frank Bolz feierlich in Amt eingeführt. In: bnn.de. 23. April 2023, abgerufen am 24. April 2023.
  12. Bürgermeisterwahl Dettenheim 2023. In: staatsanzeiger.de. Abgerufen am 14. Februar 2023.
  13. Amtseinführung von Ute Göbelbecker als Bürgermeisterin der Gemeinde Dettenheim am 17. April 2015, Gemeinde Dettenheim, 27. April 2015; abgerufen 10. Juli 2019.
  14. Archivlink (Memento vom 4. April 2005 im Internet Archive)
  15. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  16. Oliver Arnhold: „Entjudung“ – Kirche im Abgrund, Band 2. Das "Institut zur Erforschung und Beseitigung des Jüdischen Einflusses auf das Deutsche Kirchliche Leben" 1939–1945 (= Studien zu Kirche und Israel. Band 25/ 2). Berlin 2010, S. 796f., 854.
  17. Über uns - TC Liedolsheim. Abgerufen am 21. November 2022.
  18. Kegelverein Liedolsheim
  19. Sportkegel Weltmeisterschaft 2017 in Dettenheim. Abgerufen am 21. November 2022 (deutsch).
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