Makarios, genannt der Große oder der Ägypter, (* um 300 in der Thebaïs in Oberägypten; † um 390 in der Sketischen Wüste in Ägypten) soll ein Schüler von Antonius dem Großen gewesen sein und 60 Jahre als Einsiedler in der Wüste gelebt haben.
Unter seinem Namen sind fälschlicherweise 50 Homilien überliefert, die seit 1595 bekannt sind und einen großen Einfluss auf die abendländische Mystik hatten. Er ist außerdem zu unterscheiden von dem Apologeten Makarios Magnes.
Legenden und Aussprüche
Der „Knabengreis“
Schon als Knabe soll er eine reife, greisenartige Gesinnung gehabt haben; die hagiographische Tradition sah in ihm einen „Knabengreis“ (paidariogeron). Im Zuge der Arianischen Streitigkeiten ließ ihn der Kaiser Valens zusammen mit anderen auf eine heidnische Insel deportieren. Nachdem er die Inselbewohner zum christlichen Glauben bekehrt hatte (Sozomenos, Historia ecclesiastica VI. 20 u. a.), floh er im Jahre 341 in die Sketische Wüste.
Askese
Zusammen mit Makarios wohnten dort zwei Gefährten, von denen der eine sein Diener war und der andere eine nahe gelegene Zelle bewohnte. Makarios wirkte als Priester, kämpfte gegen die Dämonen und besaß die Gabe der Krankenheilung und der Prophetie. Er hatte es sich zum Grundsatz gemacht, in der Gesellschaft seiner Brüder Wein zu trinken, danach aber für jeden Becher heimlich einen Tag lang kein Wasser zu sich zu nehmen. Als die Brüder dies erfuhren, gaben sie ihm keinen Wein mehr zu trinken.
Demut
Einst soll ihm der Teufel gestanden haben, dass er von ihm durch seine Demut besiegt worden ist. In der Tat schien Makarios nur seine eigenen Fehler zu sehen, die Fehler anderer sah er, als sehe er sie nicht, hörte sie, als hörte er sie nicht. Er sagte zu seinen Schülern: Wenn wir um das Böse kreisen, das uns die Menschen antun, so berauben wir uns der Fähigkeit, an Gott zu denken. Wenn wir uns aber bewusst machen, dass der Teufel dieses Böse erregt, so werden wir unbesiegbar sein.
Achtsamkeit
Seinen Schülern gab er die folgenden Ermahnungen:
Denkt immer an die Gegenwart des Allmächtigen, der die Gedanken aller Menschen durchschaut und die Herzen durchforscht.
Wir sollen zu uns selber sagen: Wenn du dich vor Menschen, welche doch Sünder sind, zu sündigen fürchtest, warum solltest du nicht die Majestät des Allmächtigen, vor dessen Augen alles offen und aufgedeckt da liegt, noch viel mehr fürchten!
Letzte Worte
Nach dem Zeugnis des Sokrates Scholasticus (h.e. IV. 18) begegnete Makarios allen, die zu ihm kamen, mit Ehrfurcht und mit Ernst. Vor seinem Ende wünschten ihn die Väter der Wüste noch einmal zu sehen. Er ließ sie zu sich kommen und sprach: Weinet, weinet o Brüder, bevor wir hingehen, wo unsere Tränen unsern Leib durchbrennen! Und alle weinten und fielen auf ihr Angesicht und sprachen: Vater, bitte für uns! Er starb im 90. Lebensjahr.
Heiligenverehrung
Der Leib von Makarios wird im Dom von Amalfi (Cattedrale di Sant'Andres) verehrt. Ikonographisch wird er als Einsiedler abgebildet, auf einem Betschemel in einer Felsenzelle kniend, in der Linken ein Buch, in der Rechten ein Kreuz haltend, unbeirrt durch die dämonischen Gestalten, die ihn umschwirren, dem Gebete obliegend. Das geschichtlich ihm zugehörige Attribut ist ein mit geradem Handgriff versehener Stab. Ein Bild von Pietro Laurati zeigt den Tod des Heiligen, der von seinen Mönchen umgeben ist.
Makarios-Klöster
In der „Wüste des heiligen Makarios“ traf Konstantin von Tischendorf im 19. Jahrhundert noch vier Klöster an, die seinen Namen trugen. Über die Lebensweise der Mönche schrieb er: Wir trafen fünfzehn Brüder. Ihre Gesichter waren alle bleich, mehrere krankhaft gelblich. An den Augen litten die meisten; der Vorsteher war gänzlich blind. Die Zellen sind finstere, fast wie in Stein gehauene Kammern oder Kämmerchen zur ebenen Erde, ohne Fenster; nur durch die Türe fällt das Licht herein. Die Klosterkost ist mehr als mager. Fleisch isst man an sehr wenigen Tagen des Jahres; den größten Teil des Jahres genießt man nichts als Brot, getaucht in eine Brühe von sehr üblem Geschmack, Linsen, Zwiebeln und Leinöl. Während des Gottesdienstes führen sie alle einen hölzernen Stab mit sich. Man nennt diesen Stab den Makariosstab. Ich sah auch immer den hl. Makarios mit diesem Stabe bildlich dargestellt. Und von dem Vorsteher eines zweiten Kloster erzählte er: Der Klosterälteste war ein Greis von hundertzwanzig Jahren. Erblindet ist er seit längerer Zeit. In seiner engen, dunklen Kammer hält er sich an einem Querbalken, und singt oder betet laut Tag und Nacht; nur eine Stunde schläft er. Dieser Lebensabend hat einen schönen Zug. So tief hängt also diesem Greise, der vier Menschenalter gesehen haben muss, ins enge Tal der Erde herein der Himmel mit seinen heiligen Ampeln, dass sein von der Welt schon geschiedenes Auge nur noch Gott sieht, dass seine Lippe nur noch betet!
Siehe auch: Wüstenväter
Literatur
- Ernst Benz: Die protestantische Thebais. Zur Nachwirkung Makarios des Ägypters im Protestantismus des 17. und 18. Jahrhunderts in Europa und Amerika (= Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Jahrgang 1963, Nr. 1).
- Derwas J. Chitty: The desert a city. An introduction to the study of egyptian and palestinian monaticism under the christian empire, Oxford 1966.
- Karl Mühlek: Makarios der Ägypter. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3, Sp. 596–597.
- Joseph Stoffels: Die Mystische Theologie Makarius des Ägypters und die ältesten Ansätze Christlicher Mystik, Bonn: P. Hanstein 1908. Digitalisat