Mathilde Sara Wurm (geborene Adler; * 30. September 1874 in Frankfurt am Main; † 1. April 1935 in London, England) war eine deutsche Sozialarbeiterin und Politikerin (SPD, USPD).
Leben und Wirken
Herkunft und Sozialtätigkeiten
Mathilde Adler stammte aus einer religiösen jüdischen Familie. In ihrer Jugend besuchte sie eine Höhere Mädchenschule in Frankfurt am Main. Seit 1896 arbeitete sie als Sozialfürsorgerin in Berlin.
Dort schloss sie sich der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) an. Dabei lernte sie den sozialdemokratischen Journalisten Emanuel Wurm kennen, der später ihr Ehemann wurde. Mathilde Wurm unterhielt enge Kontakte zu Rosa Luxemburg und Clara Zetkin und wurde dem linken Flügel der Partei zugerechnet, sie trat radikaler als ihr Gatte auf.
Als Sozialarbeiterin galt ihre besondere Anstrengung der Lehrstellenvermittlung und Berufsberatung von jungen Mädchen. In dieser Eigenschaft war sie Mitbegründerin der ersten Lehrstellenvermittlung und Beratung für schulentlassene junge Mädchen. Von 1903 bis 1904 war sie Leiterin der weiblichen Abteilung des Zentralvereins für Arbeitsnachweis zu Berlin.
Abgeordnete 1917–1933
Um 1916 schloss sich Mathilde Wurm der neuen Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) an. Für diese war sie agitatorisch und schriftstellerisch tätig. 1917 wurde sie Bürgerdeputierte in Berlin und von 1919 bis 1921 Stadtverordnete für die USPD. 1920 wurde sie außerdem Mitglied des Reichstags für den Wahlkreis 13 (Thüringen).
1922 kehrte Mathilde Wurm nach der Auflösung der USPD zur SPD zurück und gehörte seitdem zu deren Reichstagsfraktion. Dort trat sie vor allem als Expertin für Ernährungsfragen auf. Mathilde Wurm blieb auch nach den nächsten Wahlen im Reichstag. Seit 1928 war sie dort als konfessionslos eingetragen. Im März 1933 stimmte sie gegen das neue nationalsozialistische Ermächtigungsgesetz.
Mathilde Wurm schrieb auch für die sozialdemokratischen Zeitschriften Die Kämpferin und Die Gleichheit (1922–1923).
Exil und Tod
Ende 1933 zog Mathilde Wurm ins Exil nach England.
Am 1. April 1935 starb sie dort auf ungeklärte Weise mit ihrer Parteifreundin Dora Fabian. Angeblich handelte es sich um einen doppelten Suizid. Ihre Biographin Charmian Brinson stellte jedoch später fest, dass es „keinerlei Anzeichen [gibt], die auf einen möglichen Selbstmord hindeuten“.
Ehrungen
In Bad Salzungen in Thüringen gibt es eine Mathilde-Wurm-Straße. Früher gab es auch eine solche in Gera.
In der Genthiner Straße 41 in Berlin-Tiergarten wurde ein Stolperstein zu ihrem Gedenken verlegt.
Schriften
- Welchen Beruf Soll Ich Wählen? 1902.
- Die Frauen und der Preußische Landtag. 1913.
- Frauenwerksarbeit. 1919.
- Reichstag und Frauenrechte. 1924.
Literatur
Sachbuch
- Marta Globig: Wurm, Mathilde. In: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Biographisches Lexikon. Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 493–494.
- Ludger Heid: Wurm, Mathilde. In; Jutta Dick, Marina Sassenberg (Hrsg.): Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk. Reinbek 1993, ISBN 3-499-16344-6, S. 408–409.
- Marina Sassenberg: Wurm, Mathilde. In: Manfred Asendorf, Rolf von Bokel (Hrsg.): Demokratische Wege. Deutsche Lebensläufe aus fünf Jahrhunderten. J. B. Metzler, Stuttgart, Weimar 1997, ISBN 3-476-01244-1, S. 697–698.
- Charmian Brinson: The Strange Case of Dora Fabian and Mathilde Wurm. A Study of German Political Exiles in London during the 1930s. Publications of the Institute of Germanic Studies, 1997, ISBN 0-85457-181-7.
Belletristik
- Anna Funder: All that I am. Penguin Books Australia, 2011, ISBN 978-0-670-92039-6
- dt. Alles was ich bin. Roman. Aus dem Englischen von Reinhild Böhnke. Fischer, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-596-19328-8
Weblinks
- Literatur von und über Mathilde Wurm im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Mathilde Wurm in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Biografie von Mathilde Wurm. In: Wilhelm H. Schröder: Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1876–1933 (BIOSOP)
- Biografie von Mathilde Wurm. In: Heinrich Best, Wilhelm H. Schröder: Datenbank der Abgeordneten in der Nationalversammlung und den deutschen Reichstagen 1919–1933 (Biorab–Weimar).