Μαιευτικὴ τέχνη

Μαιευτικὴ τέχνη
Μaieutikē technē
„Hebammenkunst“

Als Mäeutik bezeichnete Sokrates in Anspielung auf den Beruf seiner Mutter seine Kunst der Gesprächsführung. Die Mäeutik beruht auf der Grundannahme, dass die Wahrheit in der angeborenen Vernunft jedes Menschen bereitliegt und nur ans Licht gebracht („entbunden“) werden muss.

Die sokratische Ironie besteht darin, dass Sokrates vorgibt, der Unwissende zu sein, aber Fragen stellt, in denen die Antwort schon verborgen liegt. Der Kern des sokratischen Gesprächs ist es, durch gezielte Fragen die Beteiligten in den Dialog einzubeziehen, so dass sie selbst zu Erkenntnissen gelangen.

Die Mäeutik verfährt in zwei Schritten:

  1. In der Elenktik („Kunst der Überführung“) erschüttert Sokrates den Standpunkt seines Gesprächspartners und überführt ihn in die Aporie, wodurch die Bereitschaft zur Suche nach der Erkenntnis geweckt werden soll.
  2. In der Protreptik („Kunst der Hinwendung“) führt Sokrates den Gesprächspartner dann durch weiteres Fragen zu einer richtigen Meinung.

Ziel der Mäeutik ist εὖ ζῆν (eu zēn) – „richtig/gut/wahr zu leben“.

Μακάριοι οἱ μὴ ἰδόντες καὶ πιστεύσαντες.

Μακάριοι οἱ μὴ ἰδόντες καὶ πιστεύσαντες.
Makarioi hoi mē idontes kai pisteusantes.
„Selig die nicht sehen und doch glauben.“

Der Begriff des ungläubigen Thomas ist aus dem Evangelium nach Johannes abgeleitet, wo der Apostel Thomas erst dann die Auferstehung Jesu glauben will, wenn er dessen Wundmale berührt hat. Thomas war nicht dabei, als Jesus kam. Als die anderen Jünger zu ihm sagten „Wir haben den Herrn gesehen“, entgegnete er skeptisch:

„Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“

Acht Tage später war Thomas dabei, als Jesus trotz verschlossener Türen in ihre Mitte trat. Dann sagte er zu Thomas:

„Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“

Thomas tat dies und sagte tief beeindruckt:

„Mein Herr und mein Gott!“

Jesus aber sagte zu ihm:

„Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“

Μακάριοι οἱ πτωχοὶ τῷ πνεύματι.

Μακάριοι οἱ πτωχοὶ τῷ πνεύματι, ὅτι αὐτῶν ἐστιν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν.
Makarioi hoi ptōchoi tō pneumati, hoti autōn estin hē basileia tōn ouranōn.
„Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich.“

Anfang der Seligpreisung im Matthäusevangelium Die Seligpreisungen (Makarismen von Μακάριοι …) sind eine Reihung von 8 + 1 Mal „Selig sind …“, mit denen Jesus seine Bergpredigt einleitet. Dabei wird verschiedenen Gruppen von Menschen, die vordergründig gesehen zu den Benachteiligten gehören, die Teilnahme an der Gottesherrschaft versprochen.

BildNr.deutsch/griechisch
1 Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.
Μακάριοι οἱ πτωχοὶ τῷ πνεύματι, ὅτι αὐτῶν ἐστιν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν.
Lukasevangelium: Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.
Jakobusbrief: »Hört, meine geliebten Brüder, hat nicht Gott die Armen in dieser Welt zu Reichen im Glauben und Losteilinhabern des Königreichs erwählt, das Er denen verheißen hat, die Ihn lieben?«
2 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
Μακάριοι οἱ πενθοῦντες, ὅτι αὐτοὶ παρακληθήσονται.
Jesaja: „In der Höhe und im Heiligen weile Ich und bei dem, der zerschlagenen und erniedrigten Geistes ist, zu beleben den Geist der Erniedrigten und zu beleben das Herz der Zerschlagnen.
3 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Μακάριοι οἱ πραεῖς, ὅτι αὐτοὶ κληρονομήσουσι τὴν γῆν.
Psalm 37: „Aber die Elenden werden das Land erben und Lust haben in großem Frieden.
4 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
Μακάριοι οἱ πεινῶντες καὶ διψῶντες τὴν δικαιοσύνην, ὅτι αὐτοὶ χορτασθήσονται.
Lukasevangelium: „Selig seid ihr, die ihr hier hungert; denn ihr sollt satt werden.
Offenbarung des Johannes: „Sie wird nicht mehr hungern noch dürsten; es wird auch nicht auf sie fallen die Sonne oder irgend eine Hitze;
5 Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Μακάριοι οἱ ἐλεήμονες, ὅτι αὐτοὶ ἐλεηθήσονται.
Jakobusbrief: „Es wird aber ein unbarmherziges Gericht über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit getan hat; und die Barmherzigkeit rühmt sich wider das Gericht.
6 Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
Μακάριοι οἱ καθαροὶ τῇ καρδίᾳ, ὅτι αὐτοὶ τὸν Θεὸν ὄψονται.
Psalm 51: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, gewissen Geist.
7 Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Μακάριοι οἱ εἰρηνοποιοί, ὅτι αὐτοὶ υἱοὶ Θεοῦ κληθήσονται.
Hebräerbrief: „Jaget nach dem Frieden gegen jedermann und der Heiligung, ohne welche wird niemand den HERRN sehen.
8 Selig sind, die um Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn das Himmelreich ist ihr.
Μακάριοι οἱ δεδιωγμένοι ἕνεκεν δικαιοσύνης, ὅτι αὐτῶν ἐστιν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν.
Hebräerbrief: „Und ob ihr auch leidet um Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch aber vor ihrem Trotzen nicht und erschrecket nicht;
9 Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, so sie daran lügen.
Μακάριοί ἐστε ὅταν ὀνειδίσωσιν ὑμᾶς καὶ διώξωσι καὶ εἴπωσι πᾶν πονηρὸν ῥῆμα καθ᾿ ὑμῶν ψευδόμενοι ἔνεκεν ἐμοῦ.
Lukasevangelium: „Selig seid ihr, so euch die Menschen hassen und euch absondern und schelten euch und verwerfen euren Namen als einen bösen um des Menschensohns willen.

Die Seligpreisungen beginnen neunmal mit „Selig (sind/seid) …“ (Μακάριοι). Die erste und die achte Seligpreisung schließen jeweils mit der Verheißung des Himmelreiches (βασιλεία τῶν οὐρανῶν basileia tōn ouranōn), für das Matthäusevangelium ein zentraler Begriff.

Auffallend ist auch, dass die ersten vier Seligpreisungen als π-Alliteration formuliert sind:

  • Arme: πτωχοί ptochoi
  • Trauernde: πενθοῦντες penthountes
  • Sanftmütige: πραεῖς praeis
  • Hungernde: πεινῶντες peinontes

Μακάρων νῆσοι

Μακάρων νῆσοι
Μakárōn nēsoi
„Inseln der Seligen“

Die „Inseln der Seligen“ liegen im äußersten Westen des Erdkreises, werden vom Okeanos umflossen und sind der Ort, auf den Helden entrückt werden, die von den Göttern geliebt wurden. Eine der Inseln ist das Elysion (Ἠλύσιον Πεδίον), nach späterer Ansicht war dieses jedoch Teil des Hades. In Meyers Konversations-Lexikon heißt es dazu:

„Elysĭum (griech. Elysion), bei Homer ein Gefilde am westlichen Erdrand beim Okeanos, wo ewiger Frühling herrscht und immer ein kühlender Zephyr weht; dorthin werden Zeus' Lieblinge, wie sein Sohn Rhadamanthys und sein Eidam Menelaos, ohne den Tod zu schauen, entrückt, um das glücklichste Dasein zu führen. Hesiod u.a. reden von Inseln der Seligen, wo von Zeus erlesene Heroen des vierten Menschengeschlechts unter Kronos' Herrschaft fortleben. […] Spätere, wie auch Vergil, verlegten das E.[lysium] in die Unterwelt als den Aufenthalt der von den Totenrichtern würdig Befundenen.“

In Pierer’s Universal-Lexikon heißt es ausführlicher:

„Eine Fortdauer sammt dem irdischen Leibe war nur wenigen Auserwählten u. Freunden der Götter gewährt, […]; sie waren lebend der Erde entnommen u. wohnten auf den Elysäischen Gefilden (Elysium), wo ein ewiger Frühling herrschte. Diese Gefilde suchte man […] zuletzt auf einer Insel des Oceans. Der Glaube an eine Vergeltung des Erdenlebens tritt erst bei Hesiodos deutlicher hervor, so daß alle Gute u. Edle nach dem Leben in die seligen Eilande (Μακάρων νῆσοι, Inseln der Seligen), kommen; […] Die seligen Eilande sind ein Ort, wo unter der Herrschaft des Kronos das Goldene Zeitalter wieder gelebt wird, wo man in seliger Sorgenlosigkeit am Gewoge des Oceans lebt, wo der fruchtbare Boden dreimal des Jahres die schönsten Früchte bietet. Erst die spätere Zeit vereinigte Unterwelt u. Todtenreich (Hades, Erebos), das man in die Mitte der Erde verlegte, u. schied zwischen Ort der Belohnung (Elysium) u. Bestrafung (Tartaros), […] Die dem Minos ihr Leben durch gute Thaten bewährt hatten, kamen in das Elysium, dessen Schilderung alle sinnlichen Freuden vereinigt darstellte. Um dasselbe herum strömte in Silberklarheit der Lethestrom, […] blumige Auen mit schattigen Hainen dehnten sich dort aus, heitere u. reine Lüfte umgaben den wolkenlosen u. ewig lichten Himmel. Was im Leben Einen angenehm beschäftigt hatte, das trieb er auch hier noch fort. Hier war ewiger Frühling, unbestellt brachte die Erde dreimal des Jahres ihre Gaben zum Unterhalt der Seligen, Alter, Schmerzen u. Krankheit waren hier nicht, sondern nur Freude u. Luft. […] Nach dem Leben in der Unterwelt kehrten nach gewisser Zeit die Seelen wieder auf die Oberwelt zurück; die aus dem Elysium zurückkehrenden Frommen tranken wieder aus Lethe, um die genossenen Freuden zu vergessen. Hatten sie so dreimal unsträflich auf der Erde gelebt, so wurden sie für immer auf die Inseln der Seligen versetzt, wo ihrer noch höhere Freuden als im Elysium warteten.“

Der römische Dichter Horaz fordert in einer Epode zur Auswanderung auf die lateinisch Divites Insulae (arva divites et insulas) genannten Inseln auf, die er mit folgenden Worten preist:

vos, quibus est virtus, muliebrem tollite luctum,
  Etrusca praeter et volate litora.
nos manet Oceanus circumvagus: arva beata
  petamus, arva divites et insulas,
reddit ubi cererem tellus inarata quotannis
  et inputata floret usque vinea,
germinat et numquam fallentis termes olivae
  suamque pulla ficus ornat arborem,
mella cava manant ex ilice, montibus altis
  levis crepante lympha desilit pede.
illic iniussae veniunt ad mulctra capellae
  refertque tenta grex amicus ubera,
nec vespertinus circumgemit ursus ovile
  nec intumescit alta viperis humus;
nulla nocent pecori contagia, nullius astri
  gregem aestuosa torret inpotentia.

Ihr, deren männlicher Mut noch grün, bannt weibisches Trauern
  Und segelt, dem tyrrhenischen Gestad vorbei,
Wo der Oceanus fließt um die seligen, unser gewärtig,
  Eilandsgefilde, reiche, kommt, wir suchen sie,
Länder ohne Pflug, da Ceres im Grund jahrjährlich bekleibet,
  Und unbeschnitten immerfort die Rebe blüht,
Land, da des Ölbaums Reis untrüglich sprosset und fruchtet,
  Schwarzfeige schmückt auf eigner Wurzel ihren Baum.
Honig aus hohlem Geschlüft des Eichbaums tränt, vom Gebirge
  Die blanke Flut geschwätzigen Traufes niederspringt.
Dort ruft nimmer ein Hirt die Geiß zum melken, gewillig
  Trägt seinen Euter prall daher das fromme Schaf.
Nicht tappt brummend zunacht der Bär um die Pferche der Lämmer,
  Noch bäumt am Boden giftgeschwollene Natterbrut.
Keinerlei Seuche befällt das Vieh. Kein glühes Gestirn plagt
  Mit Wut, unbändig tobender, die Herdentrift.

Die Kanarischen Inseln wurden unter dem Namen insulae fortunatae, der lateinischen Entsprechung zu μακάρων νῆσοι, bekannt – ein Begriff, den schon Plinius im sechsten Buch seiner Naturgeschichte erwähnt. Die Region der im östlichen Zentralatlantik liegenden Inselgruppen vulkanischen Ursprungs (einschließlich der Kanarischen Inseln) wird in der Biogeographie heutzutage unter dem Begriff Makaronesien zusammengefasst.

Μᾶτερ ὦ χρυσοστεφάνων ἀέθλων, Οὐλυμπία

Μᾶτερ ὦ χρυσοστεφάνων ἀέθλων, Οὐλυμπία
Mater ō chrysostephanōn aethlōn, Oulympia
„O Mutter der goldgekrönten Kampfspiele, Olympia!“

Anfang eines Lobpreises auf Olympia und die Olympischen Spiele durch den Dichter Pindar, der Oden auf Sieger der Olympischen, Pythischen, Nemeischen und Isthmischen Spiele schrieb.

Μᾶτερ ὦ χρυσοστεφάνων
ἀέθλων, Οὐλυμπία,
δέσποιν' ἀλαθείας, ἵνα μάντιες ἄνδρες
ἐμπύροις τεκμαιρόμενοι παραπειρῶν-
ται Διὸς ἀργικεραύνου,
εἴ τιν' ἔχει λόγον ἀνθρώπων πέρι
μαιομένων μεγάλαν
ἀρετὰν θυμῷ λαβεῖν,
τῶν δὲ μόχθων ἀμπνοάν.

O Mutter der goldgekrönten
Kampfspiele, Olympia,
Herrin der Wahrheit, wo wahrsagende Männer
brennende Opfer auslegend, befra-
gen Zeus, den hellblitzenden,
ob er etwas Acht hat auf die Menschen,
die im Herzen streben,
großen Heldenmut zu erlangen
und ein Aufatmen von den Mühen.

Der Anfang dieser Ode war 2004 bei den Olympischen Spielen in Athen auf der Rückseite der Olympiamedaillen in griechischer Schrift eingraviert.

Μέγα βιβλίον, μέγα κακόν.

Μέγα βιβλίον, μέγα κακόν.
Mega biblion, mega kakon.
„Großes Buch – großes Übel.“

Ausspruch des alexandrinischen Dichters Kallimachos, der Hofdichter Ptolemaios’ II. war und an der Bibliothek von Alexandria arbeitete.

Von ihm stammt der Bibliothekskatalog, der erste schriftliche Katalog der Bibliotheksgeschichte, der auf Tafeln an den Wänden angebracht war. Als Verfasserlexikon sämtlicher griechischer Autoren umfasste er 120 Buchrollen und war nicht für die Benutzer bestimmt, sondern konzentrierte sich auf eine Auswahl der griechischen Schriftsteller. Jede Rolle wurde mit einer Etikette mit Verfasser- und Titelangabe versehen, so dass man sie zu ihrer Identifizierung nicht zu entrollen brauchte.

Gleichsam als Gegengewicht zu seinen umfangreichen Arbeiten als Bibliothekar pflegte Kallimachos das kleine Gedicht. Umfangreiche Dichtungen wie etwa Epen in homerischer Tradition lehnte er ab.

Μεγάλη Ἑλλάς

Μεγάλη Ἑλλάς
Megalē Hellas
„Großgriechenland“

Lateinisch als Magna Graecia werden die Regionen im antiken Süditalien und Sizilien bezeichnet, die durch griechische Siedler ab dem 8. Jahrhundert v. Chr. kolonisiert wurden. Die Kolonien wurden als Magna Graecia bezeichnet, vermutlich, um ihre Größe gegenüber dem griechischen Mutterland zu betonen.

Die Abreise der Kolonisten aus Griechenland ging auf friedliche Weise vor, wenn die Bevölkerung in einer Stadt zu groß wurde, oder wenn Kämpfe zwischen Gruppen verschiedener Stadtbewohner mit dem Sieg einer Gruppe endeten, wurden die Besiegten zur Verbannung verurteilt.

Noch heute existiert in Kalabrien und in Apulien eine kleine Minderheit, die Griko spricht – eine Sprache mit altgriechischen und italienischen Elementen. Im Griechischen wird die Sprache oft Katoitaliótika (Κατωιταλιώτικα, „Nieder-/Unteritalienisch“) bezeichnet.

Das Vaterunser in Griko:

Patrimò pu stei stin ajèra,
pu n'ajasti o Nomà-su,
pu n'arti i Vasilìa-su,
Pu na jettì to telimà-su, pos stin ajèra, jùs stin ghì.
Dòstu es emà to fsomì simmerinò.
Fsexorisò-mma tes amartìe-mma,
pos emì efsexorùme us addù,
ce na mi mas fèri es ton àscimo,
ce vlèfse-ma es pa' kkakò.

Μεγάλη Θάλασσα

Μεγάλη Θάλασσα
Megalē Thalassa
„Großes Meer“

Dies ist die erste überlieferte griechische Bezeichnung für das Mittelmeer, das in Neugriechisch jetzt Μεσόγειος Θάλασσα Mesojios Thalassa (Mittelländisches Meer) heißt. Mit der Entdeckung des Atlantik im 4. Jahrhundert v. Chr. kam die Bezeichnung Ἐντός Θάλασσα Entos Thalassa (Inneres Meer) auf.

Das Schwarze Meer wurde euphemistisch Πόντος Εὔξεινος Pontos Euxeinos („gastliches Meer“) genannt. Vor dem Jahr 8. Jahrhundert v. Chr. war es auch als Πόντος Ἄξεινος Pontos Axeinos („ungastliches Meer“) bekannt. Der ursprünglich skythische Name lautete Aksaena („das Schwarze“). Im Lateinischen trat später auch das Wort Pontus (von Πόντος „Meer“) für das Schwarze Meer auf. Heute heißt es im Griechischen Μαύρη Θάλασσα Mavre Thalassa.

Das Rote Meer wurde als Teil des Erythraeischen Meers (Erythra Thalatta) angesehen. Herodot nannte es Arabios kolpos, Meerbusen Arabiens. Der Name leitet sich von den rötlichen Korallenbänken (ἐρυθρός erythros, deutsch rot) und vom Anblick der arabischen Wüstenlandschaft ab.

Der Persische Golf war den Griechen vor den Eroberungen Alexanders unbekannt und dessen Admiral Nearchos nahm an, es handle sich um das Erythra Thalatta.

Μεγάλη Ιδέα

Μεγάλη Ιδέα
Megali Idea
„große Idee“

Die Großgriechische Idee war vom späten 19. bis in das frühe 20. Jahrhundert Grundlage der griechischen Außenpolitik und schien sich 1920 für kurze Zeit zu verwirklichen, bevor schließlich die damals mehrheitlich griechischsprachigen Regionen des westlichen Kleinasien an die Türkei abgetreten wurden.

Die griechischen Revolutionäre nach 1821 sehnten das byzantinische Reich zurück und wollten ein hellenistisches Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel gründen.

Der Erste, der diese Idee propagierte, war der Revolutionär Rigas Ferreos oder Velestinlis. Er zeichnete 1791 die erste Landkarte darüber und verteilte sie später in den griechischsprachigen Gebieten des Osmanischen Reiches. Auf dieser Karte wurden der größte Teil der Balkanländer, Kreta, Rhodos, Thessaloniki, Zypern, die Ägäischen Inseln, Thrakien und Konstantinopel als zu befreiende Gebiete gekennzeichnet.

Die Niederlage Griechenlands im Griechisch-Türkischen Krieg (1919–1922) zerschlug diese Idee endgültig. Im Zuge eines „Bevölkerungsaustauschs“ verschwanden die fast drei Jahrtausende dort ansässigen Griechen aus Kleinasien.

Werner van Gent und Paul L. Walser schreiben in ihrem Griechenlandbuch Zimt in der Suppe:

„In fataler Selbstüberschätzung und völlig falscher Einschätzung sowohl des Gegners als auch der Absichten der Großmächte glaubten die Griechen, ihre ‘Große Idee’ nun doch noch verwirklichen und die ‘Schmach von 1453’ tilgen zu können: Sie landeten im Mai 1919 an der anatolischen Küste und errichteten in Smyrna (İzmir) einen Stützpunkt, von dem aus sie die bis dahin mehrheitlich von Griechen bewohnte Küste und die einstige Kaiserstadt Konstantinopel, die sie bis heute zärtlich einfach als ‘die Stadt’ (i Pólis) zu bezeichnen pflegen, ‘zurückerobern’ wollten.“

Doch die Invasoren hatten ihre Rechnung ohne Mustafa Kemal (Atatürk) gemacht. Eleftherios Venizelos wechselte sämtliche Offiziere der in Anatolien kämpfenden Armee aus, doch die Katastrophe war nicht mehr abzuwenden. Es folgte die Μικρασιατική καταστροφή, die kleinasiatische Katastrophe. Das irrwitzige Kleinasien-Abenteuer endete im August 1922 mit einer totalen Katastrophe. Smyrna wurde in Schutt und Asche gelegt; das, was vom griechischen Heer noch übrig war, flüchtete durch die anatolische Steppe. Konstantinopel hieß nun endgültig Istanbul, und die ethnische Koexistenz war durch den Nationalismus und drei unsinnige Kriegsjahre weggewischt.

Μεγαλύνει ἡ ψυχή μου τὸν Κύριον.

Μεγαλύνει ἡ ψυχή μου τὸν Κύριον.
Megalynei hē psychē mou ton Kyrion.
„Meine Seele preist den Herrn.“

Griechischer Originaltext des Magnificat.

Mit den lateinischen Worten Magnificat anima mea Dominum beginnt der psalmartige Lobgesang Marias, mit dem sie, nach der Ankündigung der Geburt Jesu durch den Erzengel Gabriel (Mariä Heimsuchung) zu Besuch bei ihrer Base Elisabeth, auf deren prophetischen Gruß antwortet.

Maria preist Gott als den, der sich ihr und allen Geringen, Machtlosen und Hungernden zuwendet, um sie aufzurichten, dagegen die Mächtigen, Reichen und Hochmütigen von ihren Thronen stürzt. Das Magnificat ist nur im Evangelium nach Lukas enthalten, das sich am meisten für die Ausgegrenzten interessiert, und propagiert gleich am Anfang die Wichtigkeit dieses Anliegens.

Die lateinische Vulgata-Übersetzung wird in der westlichen Liturgie verwendet und gab dem Magnificat seinen im Westen üblichen Namen.

Magnificat anima mea Dominum,
et exsultavit spiritus meus in Deo salutari meo.

In der deutschen Einheitsübersetzung heißt es:

Meine Seele preist die Größe des Herrn,
und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.

μεθ’ ἡμῶν ὁ Θεός

μεθ’ ἡμῶν ὁ Θεός
meth’ hēmōn ho theos
Gott mit uns

Gott mit uns war der Wahlspruch des preußischen Königshauses und der deutschen Kaiser und ein Teil der preußischen militärischen Hoheitszeichen, der auch nach dem Ende der Monarchie in Deutschland von der Reichswehr und Wehrmacht benutzt wurde.

Gott mit uns ist die deutsche Übersetzung von Immanu'el (עמנואל). Der Name Immanuel kommt nur vier Mal in der Bibel vor. Jesus bekommt diesen Namen, als seine Geburt angekündigt wird, sonst wird er aber zu keinem Zeitpunkt Immanuel genannt. Im Evangelium nach Matthäus heißt es:

ἰδοὺ ἡ παρθένος ἐν γαστρὶ ἕξει καὶ τέξεται υἱόν, καὶ καλέσουσι τὸ ὄνομα αὐτοῦ ᾿Εμμανουήλ, ὅ ἐστι μεθερμηνευόμενον μεθ᾿ ἡμῶν ὁ Θεός.
„Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott mit uns.“

μέλαν ἱμάτιον περιβάλλεσθαι

μέλαν ἱμάτιον περιβάλλεσθαι
melan himation periballesthai
„ein schwarzes Gewand anlegen“

Im antiken Athen wurde ein schwarzes Gewand bei Todesfällen und anderen traurigen Ereignissen angelegt. Diese Redewendung verwendet der Geschichtsschreiber Plutarch in seinem Bericht über den Tod des athenischen Staatsmannes Perikles.

Als dieser im Sterben lag, versammelten sich seine Freunde um sein Bett und sprachen über seine Leistungen, in der Meinung, Perikles würde dies nicht mehr wahrnehmen. Doch da meldete sich Perikles zu Wort und erinnerte alle daran, dass sie das Wichtigste vergessen hätten:

„‚Denn keiner von den lebenden Athenern‘, so sagte er, ‚hat um meinetwillen ein schwarzes Gewand angelegt.‘“

Μελέτη τὸ πᾶν.

Μελέτη τὸ πᾶν.
Meletē to pān.
„Bedachtsamkeit vermag alles.“

Dies war der Wahlspruch des Periander von Korinth, der als Prototyp des Tyrannen galt: hart, aber weitsichtig.

Dieser Spruch wurde im Prolog des Ludus Septem Sapientum (Das Spiel der Sieben Weisen) des römischen Dichters Ausonius von einem Ludius (eine „lustige Person“) zitiert, der die bekannten Sprüche der Sieben Weisen aufzählt:

Lateinisch: „μελέτη τὸ πᾶν, Periandri id est Corinthii, meditationem posse totum qui putat.
Deutsch: „Und μελέτη τὸ πᾶν <der Spruch> des Periander aus Korinth, der meint, dass Bedachtsamkeit alles vermöge.“

Weitere seiner Aussprüche sind:

  • Die Lüste sind vergänglich, die Tugenden unsterblich.
  • Schimpfe so, dass du schnell wieder Freund werden kannst.
  • Halte dich an alte Gesetze, aber an frische Speisen.

Μεταβολὴ πάντων γλυκύ.

Μεταβολὴ πάντων γλυκύ.
Metabolē pantōn glyky.
„Änderung von allem ist angenehm.“

Dieses Zitat aus Euripides, Orestes, 234 wurde zum beliebten Sprichwort, das auch Aristoteles mehrfach zitiert.

Die sprichwörtliche Wendung beginnt im Lateinischen in der Rhetorik an Herennius eines unbekannten Autors, mit Bezug auf das Heben und Senken der Stimme beim Reden:

Auditorem varietas maxime delectat.
„Den Hörer erfreut am meisten die Abwechslung.“
Meist wird dieser Satz mit Variatio delectat zitiert.

Μετανοεῖτε.

Μετανοεῖτε.
Metanoeite.
„Denkt um!“

Diese Aufforderung Jesu im Evangelium nach Matthäus wird nicht ganz korrekt mit „Tut Buße!“ oder „Kehrt um!“ übersetzt. Sie ist zusammengesetzt aus der Präposition μετά (meta, „um, nach“) νοεῖν (noein „denken“). Von Buße ist also nicht die Rede. Im Kontext heißt es, dass sich Jesus, als er hörte, dass Johannes der Täufer gefangen worden war, nach Galiläa zurückzog:

᾿Απὸ τότε ἤρξατο ὁ ᾿Ιησοῦς κηρύσσειν καὶ λέγειν· μετανοεῖτε· ἤγγικε γὰρ ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν.
„Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe!“

Mit den Angaben zum ersten öffentlichen Auftreten Jesu grenzt Matthäus die Perikope zu der vorangegangenen Taufe und Versuchung ab. Jesus tritt also erst dann an die Öffentlichkeit, als das Wirken Johannes’ gewaltsam beendet wird. Ob allerdings die Gefangennahme des Täufers nicht nur den Zeitpunkt, sondern auch den Anlass für Jesu Ortswechsel darstellt, wird nicht erklärt. Dass Jesus seine Tätigkeit gerade in Galiläa aufnimmt, ist ungewöhnlich, denn es liegt weit weg von Jerusalem, dem kulturellen und religiösen Zentrum Israels. Außerdem hatten Galiläa und Jesu Heimatort Nazareth keinen guten Ruf. Im Evangelium nach Johannes fragt sich Nathanael:

„Was kann von Nazareth Gutes kommen?“

Der hebräische Begriff schuv, der in der Septuaginta mit μετάνοια (metanoia) übersetzt wird, umfasst eine Umkehr zu Gott. Ins Lateinische wurde metanoia mit poenitentia („Reue“; von poena, „Strafe“) übersetzt. Im Deutschen wurde das Wort Buße verwendet, das die Genugtuung des Sünders gegenüber Gott bezeichnete. Martin Luther betonte damit wieder mehr den „Schrecken und gläubige Reue“.

Μετάφραση των Εβδομήκοντα

Μετάφραση των Εβδομήκοντα
Metáfrasi ton Evdomíkonda
„Übersetzung der Siebzig“

Neugriechische Bezeichnung für die Septuaginta, die altgriechische Übersetzung der hebräischen heiligen Schriften. Sie ist die älteste durchgehende Bibelübersetzung überhaupt und wurde von jüdischen Schriftgelehrten aus Alexandria im Umfeld des Hellenistischen Judentums angefertigt.

Der lateinische Name Septuaginta (= 70) leitet sich von der Aristeaslegende ab, nach der 72 jüdische Gelehrte die Fünf Bücher Mose in 72 Tagen aus dem Hebräischen ins Griechische übersetzt hätten. Die Zahl 72 wurde auf 70 abgerundet und wird oft in abkürzender Schreibweise als LXX notiert (LXX = 70 als römische Zahl).

Die Legende über die Entstehung geht auf den so genannten Aristeasbrief zurück, der als Entstehungszeit die Regierungszeit Ptolemaios II. (285–246 v. Chr.) angibt. Nachdem der Vorsteher der Bibliothek von Alexandria, die jüdische Tora in seine Bibliothek aufnehmen wollte, habe der jüdische Hohepriester Eleazar auf Bitten des Ptolemäerkönigs 72  Gelehrten (je 6 aus den 12 Stämmen Israels) nach Alexandria entsandt. Diese hätten die Übersetzung auf der Insel Pharos innerhalb von 72 Tagen vollendet. Bevor die Übersetzung dem König präsentiert wurde, sei sie der jüdischen Gemeinde vorgestellt und von dieser akzeptiert worden. Philo von Alexandria weitete die Legende dahin aus, dass alle 72 Gelehrten in unabhängiger Arbeit zu einer identischen Übersetzung gekommen seien.

Μέτρον ἄριστον.

Μέτρον ἄριστον.
Metron ariston.
„Maß (ist) das Beste.“

Der Ausspruch „Maßhalten ist das Beste“ wird Kleobulos, dem Tyrannen von Lindos auf der Insel Rhodos zugeschrieben, einem der Sieben Weisen.

Die lateinische Entsprechung ist Optimus cunctis modus.

Nach Platon ist Maßhalten eine der vier Kardinaltugenden:

  1. Weisheit (σοφία sophia)
  2. Tapferkeit (ανδρεία andreia)
  3. Maßhalten bzw. Besonnenheit (σωφροσύνη sōphrosynē)
  4. Gerechtigkeit (δικαιοσύνη dikaiosynē)

Platon zählt dann auch noch die Frömmigkeit (ὁσιότης hosiotēs) dazu.

Μὴ βλάπτειν

Μὴ βλάπτειν
Μē blaptein
„nicht schaden“

Grundsatz, den die hippokratische Tradition ins Zentrum des moralisch geforderten ärztlichen Handelns stellt. Der ganze Satz lautet auf Griechisch:

Άσκει̑ν περὶ τὰ νοσήματα δύο, ὠφελει̑ν ἢ μὴ βλάπτειν.
„Für die Behandlung der Krankheiten gilt zweierlei: nützen oder doch nicht schaden.“

Ins Lateinische geriet diese Weisheit in der Form primum non nocere („zuerst einmal nicht schaden“) oder nihil nocere (keineswegs schaden) um das Jahr 50 durch den Arzt Scribonius Largus am Hof des Kaisers Tiberius. Dazu schreibt Harro Albrecht in der Wochenzeitschrift Die Zeit:

„Die römische Schadensverhütungsregel ist nachvollziehbar. Ärzte standen schon immer im Ruf, sich mit allerlei giftigen Substanzen auszukennen, also gerieten sie bei mysteriösen oder prominenten Todesfällen in Verdacht – und wurden trotzdem nie dafür belangt. … Der Ruf als Auftragskiller aber war verheerend. Um das Image der römischen Mediziner aufzupolieren, empfahl Largus seinen Kollegen mit dem ‚Primum nil nocere‘ eine vertrauensbildende Parole.“

Μὴ γένοιτο.

Μὴ γένοιτο.
Mē genoito.
„Das geschehe nie!“

Im Brief des Paulus an die Römer, 6.2, heißt es:

μὴ ἄδικος ὁ Θεὸς ὁ ἐπιφέρων τὴν ὀργήν; κατὰ ἄνθρωπον λέγω. μὴ γένοιτο·
„Ist Gott etwa ungerecht, der Zorn auferlegt? (Ich rede nach Menschenweise.) Das sei ferne!“

„Was wollen wir hierzu sagen? Sollen wir denn in der Sünde beharren, auf daß die Gnade desto mächtiger werde? Ist's aber also, daß unsere Ungerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit preist, was wollen wir sagen? Ist denn Gott auch ungerecht, wenn er darüber zürnt? (Ich rede also auf Menschenweise.) Das sei ferne!“

Und bereits in Römer 3:

1 Was haben denn die Juden für Vorteil, oder was nützt die Beschneidung? 2 Fürwahr sehr viel. Zum ersten: ihnen ist vertraut, was Gott geredet hat. 3 Daß aber etliche nicht daran glauben, was liegt daran? Sollte ihr Unglaube Gottes Glauben aufheben? 4 Das sei ferne!“

Μὴ γνώτω ἡ ἀριστερά σου τί ποιεῖ ἡ δεξιά σου.

Μὴ γνώτω ἡ ἀριστερά σου τί ποιεῖ ἡ δεξιά σου.
Mē gnōtō hē aristera sou ti poiei hē dexia sou.
„Lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut!“

Stelle aus dem Evangelium nach Matthäus, wo Jesus vom Almosengeben spricht:

1 Hütet euch, eure Gerechtigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen; … 3 Wenn du aber Almosen gibst, so laß deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, 4 damit deine Gabe verborgen bleibe; und dein Vater, der in das verborgene sieht, wird dir’s vergelten.“

Μὴ κινεῖν τὰ ἀκίνητα

Μὴ κινεῖν τὰ ἀκίνητα
Μē kinein ta akinēta
„Ruhendes nicht bewegen“

Diese sprichwörtliche Mahnung wird zitiert in den Scholien zu Platon, bei Theognis und bei Sophokles. Die Mahnung begegnet auch in der Variante „Das Unbewegliche nicht bewegen“ bei Platon.

Dieser alte Spruch wurde in seiner lateinischen Form quieta non movere (übertragen: „keine schlafenden Hunde wecken“) vom deutschen Reichskanzler Otto von Bismarck im April 1891 in Friedrichsruh in einem Schreiben an den Vorstand der Konservativen Partei, deren Abgeordneter er war, zitiert:

„Es gibt ein altes, gutes politisches Sprichwort: Quieta non movere …“
„Ein Übel, das gut liegt, nicht bewegen“

Μὴ κρίνετε, ἵνα μὴ κριθῆτε·

Μὴ κρίνετε, ἵνα μὴ κριθῆτε·
Mē krinete hina mē krithēte.
„Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!“

Im Evangelium nach Matthäus ermahnt Jesus in der Bergpredigt, den Nächsten nicht ungerecht zu beurteilen. Weiter führt er aus:

„Denn nach welchem Recht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.“

Das unrechte Richten geschieht

  • aus Heuchlerei
  • aus Unbarmherzigkeit
  • nach dem Schein
  • in Anmaßung
  • als Ausdruck mangelnder Liebe
  • aus falschen Motiven

Siehe auch: Ὁ ἀναμάρτητος ὑμῶν πρῶτος ἐπ’ αὐτὴν βαλέτω λίθον. („Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie.“)

Μή μου ἅπτου.

Μή μου ἅπτου.
Mē mou haptou.
„Rühr mich nicht an!“

Die Wendung noli me tangere ist der ins Lateinische übersetzte Ausspruch Jesu zu der suchenden Maria Magdalena nach seiner Auferstehung am Ostermorgen im Evangelium nach Johannes (20,17):

15 Jesus spricht zu ihr: Weib, was weinst du? Wen suchst du? Sie, in der Meinung, es sei der Gärtner, spricht zu ihm: Herr, wenn du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast, und ich werde ihn wegholen. 16 Jesus spricht zu ihr: Maria! Sie wendet sich um und spricht zu ihm auf hebräisch: Rabbuni! das heißt Lehrer. 17 Jesus spricht zu ihr: Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zu [meinem] Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, und zu meinem Gott und eurem Gott.“

Jesus sagt nur den Namen, und zwar in der aramäischen Form „Mariám“. Als sie ihn nun erkennt, antwortet sie mit der aramäischen Anrede „Rabbuní“, und der Evangelist Johannes übersetzt das ins Griechische: ῥαββουνί, ὃ λέγεται, διδάσκαλε – „Rabbuní, das heisst Meister“.

In der Neuen Zürcher Zeitung schreibt Hans-Martin Gauger dazu:

«Danach war da wohl eine auf Jesus zustürzende Bewegung Magdalenas. Denn nun kommt das seltsame ‹Rühr mich nicht an!›. Oder, so kann man es auch übersetzen (und so überträgt es die hier zitierte ‹Einheitsübersetzung›): ‹Halte mich nicht fest!› Die Begründung, die Jesus gibt, ist rätselhaft: ‹Denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen.›»

Von dieser Bibelstelle abgeleitet ist der volkstümliche Name „Rühr-mich-nicht-an“ für das Große Springkraut, dessen auffälliges Merkmal es ist, dass die Fruchtkapseln unter so starkem Druck stehen, dass sie bei Berührung aufplatzen und die enthaltenen Samen herausgeschleudert werden.

Μή μου παρέλθῃς τοῦπίγραμμ’, ὁδοιπόρε.

Μή μου παρέλθῃς τοῦπίγραμμ’, ὁδοιπόρε.
Mē mou parelthēs toupigramm', hodoipore.
„Geh nicht an meiner Grabinschrift vorbei, Wanderer!“

Epitaph eines ungläubigen Epikureers, auf dessen Grabstein weiter steht:

Geh nicht an meiner Grabinschrift vorbei, Wanderer,
sondern bleib stehen und höre, und belehrt wirst du fortgehen.
Es gibt im Hades kein Schiff, keinen Fährmann Charon.
Keinen Schlüsselhalter Aiakos, keinen Kerberos.
Wir alle die Toten unten,
Knochen und Asche sind wir, sonst nichts.
Ich habe gesprochen. Geradewegs hebe dich nun hinweg, Wanderer,
Damit ich nicht noch tot als Schwätzer dir erscheine.

Nach der griechischen Mythologie fährt der Fährmann Charon die Seelen der Toten über den Totenfluss Acheron in den Hades. Der Zeus-Sohn Aiakos wurde wegen seiner Gerechtigkeit nach dem Tod zu einem der Richter in der Unterwelt berufen, während der Höllenhund Kerberos den Eingang zur Unterwelt bewacht.

Μή μου τοὺς κύκλους τάραττε.

Μή μου τοὺς κύκλους τάραττε.
Mē mou tous kyklous taratte.
„Störe meine Kreise nicht!“

Nach römischer Überlieferung die letzten Worte des Archimedes gegenüber einem römischen Soldaten, der bei der Eroberung von Syrakus während des Zweiten Punischen Kriegs im Garten über seine geometrischen Figuren trampelte, die er in den Sand gezeichnet hatte. Die Römer hatten von ihrem Feldherrn Marcellus den Auftrag, Archimedes festzunehmen, ihm aber nichts anzutun. Archimedes war jedoch so sehr in seine Aufgabe versunken, dass er barsch mit diesem Satz reagierte. Dies brachte angeblich einen der Soldaten so in Zorn, dass er den alten Mann erschlug.

Auch heute noch, wird dieser Ausspruch gelegentlich noch zitiert, wenn jemand sagen will, dass er nicht gestört werden möchte.

Nach Valerius Maximus, Denkwürdige Taten und Worte soll das letzte Wort des Archimedes gegenüber dem römischen Legionär so gelautet haben:

… protecto manibus pulvere: Noli, inquit, obsecro, istum disturbare
„… während er seine Hände schützend über den Sand hielt, rief er: Ich beschwöre dich: Verwische den (Sand) da nicht!“

Zitiert werden diese letzten Worte des Archimedes meist in der lateinischen Form Noli turbare circulos meos.. Sie stellen Archimedes als weltfremden Gelehrten dar, den selbst der Kriegslärm nicht von seinem geometrischen Problem ablenken konnte, was jedoch vermutlich nicht stimmt, denn Archimedes hat auch Kriegsmaschinen konstruiert. Diese letzten Worte sind wahrscheinlich erfunden, denn Plutarch zitiert diesen Ausruf in seiner Biografie des Marcellus nicht.

Μηδὲ δίκην δικάσῃς, πρὶν ἄμφω μῦθον ἀκούσῃς.

Μηδὲ δίκην δικάσῃς, πρὶν ἄμφω μῦθον ἀκούσῃς.
Mēde dikēn dikasēs, prin ampho mython akousēs.
„Sprich kein Urteil, bevor du nicht beider Parteien Reden gehört hast!“

Die geläufige latinische Fassung dieser Rechtsformel „Audiatur et altera pars“ scheint nicht antiken Ursprungs zu sein. Am nächsten kommen ihr Seneca der Ältere:

Qui statuit aliquid parte inaudita altera, haud aequus fuit.
„Wer einen Beschluss gefasst hat, ohne die andere Partei zu hören, … ist nicht gerecht gewesen.“

Der daraus abgeleitete Rechtsgrundsatz steht für den Anspruch auf rechtliches Gehör, der in allen modernen Rechtsordnungen ein zentrales Verfahrensgrundrecht ist. Er bedeutet, dass der Richter alle am Prozess beteiligten Personen zu hören hat, bevor er sein Urteil fällt.

Μηδὲν ἄγαν.

Μηδὲν ἄγαν.
Mēden agān.
„Nichts im Übermaß!“

Dies ist eine der drei apollonischen Weisheiten von Delphi, neben Εἶ. („du bist“) und Γνῶθι σεαυτόν („Erkenne dich selbst!“). Sie wird von einigen Historikern dem athenischen Staatsmann Solon, von anderen dem Verfassungsreformer Chilon von Sparta zugeschrieben. Beide werden den Sieben Weisen zugerechnet.

Die lateinische Fassung Ne quid nimis stammt vom römischen Komödiendichter Publius Terentius Afer:

Gaudebam. [Sosia Libertus] Non iniuria; nam id arbitror
adprime in vita esse utile, ut nequid nimis.

Das freute mich. [Sosia Libertus] Und mir scheint mit Recht: denn im Leben ist,
scheint mir, nichts nützlicher als: nie etwas zu viel!

μῆλον τῆς Ἔριδος

μῆλον τῆς Ἔριδος
mēlon tēs Eridos
„Apfel der Eris“ – Zankapfel

Der Zankapfel ist der Sage nach der goldene Apfel der Zwietracht. Bei der Hochzeit des Peleus und der Thetis (der späteren Eltern des Achilleus) soll die Göttin Eris einen goldenen Apfel mit der Aufschrift „Für die Schönste“ (καλλίστῃ, kallistē) zwischen die Göttinnen geworfen haben, und zwar aus Ärger darüber, dass sie nicht eingeladen war. Zeus weigerte sich, den sogleich entstandenen Streit zwischen Hera, Pallas Athene und Aphrodite zu schlichten, wem denn nun der Apfel gebühre. Auf seine Anweisung musste Paris dies entscheiden. Das Urteil des Paris löste wiederum den Trojanischen Krieg aus.

Der Begriff lässt sich zuerst nachweisen bei dem spätantiken Schriftsteller Junianus Justinus, der von einem malum Discordiae spricht, dem Apfel der Zwietracht; Discordia ist die lateinische Entsprechung der Eris.

Μῆνιν ἄειδε θεὰ Πηληιάδεω Ἀχιλῆος

Μῆνιν ἄειδε θεὰ Πηληιάδεω Ἀχιλῆος
Mẹ̄nin aeịde, theạ, Pēlẹ̄iadeọ̄ Achilẹ̄os
„Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus“

Anfang der Ilias, der vom Zorn des Achilleus spricht, dem stärksten Held der Griechen vor Troja, der mit Agamemnon über die Sklavin Briseis in Streit gerät und aus Verärgerung nicht mehr am Kampf teilnimmt. Die Trojaner unter ihrem Vorkämpfer Hektor nutzen diese Gelegenheit und bedrängen die Griechen schwer. Der Tod Hektors besiegelt das Schicksal Trojas; das Epos aber endet thematisch mit dem Ende des Grimms und dem einsetzenden Mitleid des Achilleus, der Hektors Vater Priamos den Leichnam seines Sohnes zur Bestattung zurückgibt.

Griechischer Originaltext:

Μῆνιν ἄειδε θεὰ Πηληιάδεω Ἀχιλῆος
οὐλομένην, ἥ μυρί’ Ἀχαιοῖς ἄλγε’ ἔθηκεν,

Übersetzung nach Johann Heinrich Voß:

Singe den Zorn, o Göttin, des Peleiaden Achilleus,
Ihn, der entbrannt den Achaiern unnennbaren Jammer erregte,

Achilleus ist ein Sohn des Peleus (daher der Beiname Peleiade). Die Achaier waren ein griechischer Stamm in der Landschaft Achaia im Nordwesten der Peloponnes. In Homers Epen steht die Bezeichnung neben Danaer und Argeier für die Griechen insgesamt.

Achilleus vollbrachte vor Troja zahlreiche Heldentaten, zog sich aber nach einem Streit um die schöne Sklavin Briseis vom Kampf zurück. Dies war der „Zorn des Achilleus“. Der Heerführer Agamemnon nahm Achilleus die Briseis weg, als er seine eigene Sklavin, Chryseis, wegen eines Orakels und zur Abwendung weiterer Pfeile des Apollo ihrem Vater zurückgeben musste.

Achilleus griff erst wieder ein, um seinen Cousin Patroklos zu rächen; dabei tötete er dessen Besieger Prinz Hektor und wurde erst durch einen Besuch von dessen Vater Priamos zum Mitleid bewogen, den Leichnam für eine ehrenvolle Bestattung zurückzugeben.

Μία χελιδὼν ἔαρ οὐ ποιεῖ.

Μία χελιδὼν ἔαρ οὐ ποιεῖ.
Mia chelidōn ear ou poiei.
„Eine Schwalbe macht keinen Frühling.“

Diese Wendung stammt aus Äsops Fabel Der verschwenderische Jüngling und die Schwalbe (Νέος ἄσωτος καὶ χελιδών). Dort verkauft ein verschwenderischer junger Mann sogar seinen Mantel, als er die erste Schwalbe im Frühjahr heimkehren sah. Als es aber dann noch einmal so kalt wurde, dass die Schwalbe erfror und er auch bald zu erfrieren drohte, schimpfte er über die Schwalbe:

Ὦ αὕτη, σὺ κἀμὲ καὶ σὲ ἀπώλεσας.
O hautē, sy kāme kai se apōlesas.
„Oh du dort! Du hast uns beide umgebracht!“

Dieser Satz wird auch von Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik zitiert:

Μία γὰρ χελιδὼν ἔαρ οὐ ποιεῖ, οὐδὲ μία ἡμέρα· οὕτω δὲ οὐδὲ μακάριον καὶ εὐδαίμονα μία ἡμέρα οὐδ᾽ ὀλίγος χρόνος·
„Denn eine Schwalbe macht noch keinen Frühling und auch nicht ein einziger Tag; ebenso macht auch ein einziger Tag oder eine kurze Zeit niemanden gesegnet oder glücklich.“

Im Deutschen wurde daraus die Redewendung „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, die auch in das Sprachgut anderer europäischer Völker eingegangen ist:

  • Lateinisch: Una hirundo non facit ver. (ver: „Frühling“)
  • Englisch: swallow does not make a summer.
  • Französisch: Une hirondelle ne fait pas le printemps. (printemps.: „Frühling“)
  • Neugriechisch: „Ένας κούκος δε φέρνει την Άνοιξη.“ („Ein Kuckuck bringt noch keinen Frühling.“)

μίαν, ἁγίαν, καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν Ἐκκλησίαν

μίαν, ἁγίαν, καθολικὴν καὶ ἀποστολικὴν Ἐκκλησίαν
mian, hagian, katholikēn kai apostolikēn Ekklesian
„der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche“

Das Glaubensbekenntnis von Nicäa und Konstantinopel nennt so die vier klassischen Wesensmerkmale (Notae ecclesiae) der christlichen Kirche:

„Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten, und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.“

  1. Einheit: Die römisch-katholische Kirche, sowohl des lateinischen wie der östlichen Riten, beansprucht für sich, die eine, heilige, apostolische und katholische Kirche zu sein. Dasselbe beanspruchen die 16 autokephalen orthodoxen Kirchen.
  2. Heiligkeit: Es besagt, dass die Kirche Gottes Zeichen in der Welt ist. Allen Konfessionen gemeinsam ist dabei das Problem, wie die Mängel und Verfehlungen von Christen mit der geglaubten Heiligkeit vereinbar sind.
  3. Universalität: Etymologisch leitet sich das Wort katholisch vom Adjektiv καθολικός ab. Die beste Umschreibung lautet daher Ganzheit. Die protestantischen Kirchen und Freikirchen verstehen katholisch im Sinne einer universellen Kirche.
  4. Apostolizität: Die römisch-katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen sowie einige anglikanische Kirchen haben kirchliche Tradition basierend auf der apostolischen Sukzession im Blick, die Kirche im Vollsinn nur dort zulässt, wo durch bischöfliche Weihe eine ununterbrochene Kontinuität vorhanden ist.

Μίδας ὄνου ὦτα.

Μίδας ὄνου ὦτα.
Midas onou ota.
„Midas (hat) Eselsohren.“

König Midas erkannte bei einem Wettstreit zwischen dem hässlichen Pan und dem wohlgestalteten Apollon, den Vertretern der Syrinx und der Kithara, dem Pan den Preis zu, wofür ihm Apoll die Ohren zu zwei Eselsohren lang zog. Midas verbarg diese Schmach unter einer Phrygischen Mütze. Nur sein Barbier entdeckte sie. Der wagte zwar nicht, das Geheimnis einem Menschen zu verraten, konnte aber dem Drang es weiterzusagen nicht widerstehen, grub am Flussufer ein Loch und rief dreimal hinein:

„König Midas hat Eselsohren!“

Dann warf er es wieder zu. Doch das Schilfrohr hatte mitgehört und flüsterte es anderen Binsen weiter, wenn der Wind rauschte, so dass am Ende alle Welt es wusste.

Johann Sebastian Bach komponierte nach diesem Motiv seine Kantate Geschwinde, ihr wirbelnden Winde. Im Autograph trägt sie den Titel Der Streit zwischen Phoebus und Pan. Bach bietet für die Probearie des Phoebus Mit Verlangen drück ich deine zarten Wangen seine ganze Kunst auf und beweist, dass ein vollendetes kontrapunktisches Geflecht (Solist, Streicher, Flöte, Oboe, Basso continuo – keine „Leier“) durchaus tiefstes Gefühl ausdrücken kann. Aber auch an den „populären“ Ton des Pan (Zu Tanze, zu Sprunge, so wackelt das Herz – mit Streichern, ohne Flöte!) wendet er außer Humor höchste Kunst und Sorgfalt – und als Midas sein Urteil abgibt: Pan ist Meister, stimmen die Violinen ein unverkennbares Eselsgeschrei an. In der Tadelarie des Mercurius (Aufgeblasne Hitze) ist die Schellenmütze vokal und instrumental abgebildet. Und vor dem mitreißenden Schlusshymnus des Chores auf die (wahre) Musik ist die Harmoniewendung des Rezitativs zu Bachs Selbstermutigung (Ergreife, Phoebus, nun die Leier wieder …).

Μικρασιατική καταστροφή

Μικρασιατική καταστροφή
Mikrasiatiki katastrophi
„Kleinasiatische Katastrophe“

Griechische Bezeichnung für den Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei im Jahr 1923.

Nach dem Vertrag von Lausanne wurden die in Kleinasien ansässigen türkischen Staatsangehörigen griechisch-orthodoxen Glaubens (etwa 1,25 Millionen) nach Griechenland ausgewiesen, die im griechischen Teil Makedoniens beheimateten griechischen Staatsangehörigen muslimischen Glaubens (ca. 0,5 Millionen) mussten in die Türkei auswandern. Ziel der Maßnahme des Bevölkerungsaustausches war es, die durch nationale Minderheiten ausgelösten Spannungen zu vermindern.

Werner van Gent und Paul L. Walser schreiben in ihrem Griechenlandbuch Zimt in der Suppe:

„Gegen eineinhalb Millionen Griechen mussten Kleinasien, das seit der frühen Antike Siedlungs- und Kulturgebiet der Hellenen gewesen war, definitiv verlassen und Zuflucht in einem armen kleinen Land namens Elláda suchen, das den meisten von ihnen unbekannt und vor allem gänzlich unvertraut war. Im Gegenzug mussten rund 400.000 Türken aus Griechenland in die neue Türkei emigrieren. Griechenland, das vor der Flüchtlingslawine etwa fünf Millionen Einwohner zählte, war kaum in der Lage, die neuen Einwohner zu integrieren. Heimisch wurden die neuen Griechen aus den alten Ländern lange nicht. Was von Experten des internationalen Rechtes als erster friedlicher Volksaustausch bezeichnet wurde, war in Wirklichkeit eine brutale ethnische Säuberung.“

Der britische Außenminister George Curzon bezeichnete diesen Vertrag als eine durch und durch schlechte und böse Lösung, „für welche die Welt während der nächsten hundert Jahren noch eine schwere Buße werde entrichten müssen.“

Die so genannte Kleinasiatische Katastrophe ist ein unbewältigtes Trauma der neueren griechischen Geschichte. Welche absurden Formen diese Übereinkunft annehmen, beschreibt Ekkehard Kraft in der Neuen Zürcher Zeitung vom 6. Oktober 2001:

«Vor etlichen Jahren machte der Schreibende auf zwei Reisen zwei ähnliche Beobachtungen. In dem Dorf Krinides nahe dem antiken Philippi im Norden Griechenlands war er von einer Bauernfamilie zum Kaffee eingeladen worden; der Grossvater, sein Enkelkind auf dem Schoss, sprach mit diesem auf Türkisch. Einige Jahre später war beim Geldwechseln auf einer Bank in Ayvalik an der türkischen Westküste zu hören, wie sich eine junge Bankangestellte mit einem Mädchen in griechischer Sprache unterhielt. In beiden Fällen handelte es sich um Menschen, die aus ihrer ursprünglichen Heimat vertrieben worden waren, bzw. deren Nachkommen. Der ältere Herr in Krinides war zu Beginn des Jahrhunderts mitten in Anatolien geboren worden, seine Muttersprache war Türkisch, aber als orthodoxer Christ galt er als Grieche und musste als solcher nach 1922 seine Heimat verlassen. Die griechischsprachige Familie der Bankangestellten in Ayvalik stammte aus Kreta; als Muslime mussten sie ebenfalls ihre Heimat verlassen. In ihrer neuen Heimat sprechen sie nun weiterhin die Sprache jener, an deren Stelle man sie angesiedelt hatte.»

Μικρὸν ἀπὸ τοῦ ἡλίου μετάστηθι.

Mikron apo tou hēliou metastēthi.
„Geh mir ein bisschen aus der Sonne.“

Angeblicher Ausspruch des Diogenes gegenüber Alexander dem Großen, der gerade zum obersten Feldherrn der Griechen gewählt worden war und von allen Seiten Gratulationen entgegennahm. Eigentlich hatte er auch mit Diogenes gerechnet. Als dieser aber nicht erschien, suchte ihn Alexander in Begleitung einiger Offiziere auf.

Nach anderen Quellen sagte er: Ἀποσκότησον μου – „Nimm deinen Schatten von mir!“

Der Historiker Plutarch erzählt, Diogenes habe gerade in der Sonne gelegen, als Alexander erschien und fragte, ob er eine Bitte an ihn habe. Daraufhin sprach Diogenes die obigen Worte. Alexander soll davon so beeindruckt gewesen sein, dass er sagte:

Εἰ μὴ Ἀλέξανδρος ἤμην, Διογένης ἂν ἤμην.
„Wenn ich nicht Alexander wäre, dann möchte ich Diogenes sein.“

(Es wird übrigens erzählt, dass Alexander und Diogenes am selben Tag, dem 10. oder 11. Juni 323 v. Chr., gestorben seien.)

Μολὼν λαβέ

Μολὼν λαβέ
Molōn labé
„Komm und nimm!“

Antwort des Königs Leonidas I. von Sparta auf das Angebot des persischen Königs Xerxes I., der mit 800.000 Mann vor den Thermopylen erschien, ihn und seine wenigen Männer zu verschonen, wenn sie die Waffen niederlegten. Leonidas antwortete lakonisch: „Molon labe!“, was so viel heißt wie: „Kommt und holt sie euch!“ Dann kämpften seine Soldaten bis zum letzten Mann.

Erst der Verrat durch einen gewissen Ἐφιάλτης Ephialtēs („Alptraum“) erlaubte es den Persern, die griechischen Truppen zu besiegen. Insgesamt blieben etwa 1.000 Griechen, um den Rückzug zu decken, die alle starben, allerdings nicht ohne den Persern schwere Verluste zuzufügen. Diese nicht kriegsentscheidende Niederlage begründete den späteren Ruhm Spartas.

„Molon labe“ ist heute das Motto des Ersten Griechischen Armeecorps und des United States Special Operations Command Central Command (SOCCENT).

„Molon labe“ ist auch das Motto US-amerikanischer Gruppierungen, die das Recht auf Waffenbesitz verteidigen wollen, und es erscheint seit den späten 1990er und frühen 2000er Jahren auf den Web-Sites von Waffenaktivisten.

Siehe auch: Ὑπὸ σκιῇ. („Dann werden wir eben im Schatten kämpfen.“)

Μουσάων Ἑλικωνιάδων ἀρχώμεθ’ ἀείδειν

Μουσάων Ἑλικωνιάδων ἀρχώμεθ’ ἀείδειν
Mousaōn Helikōniadōn archōmeth’ aeidein
„Helikonischen Musen geweiht, heb unser Gesang an“

Anfangsworte der Theogonie des Dichters Hesiod, die sich mit der Entstehung der Götter befasst:

Μουσάων Ἑλικωνιάδων ἀρχώμεθ᾽ ἀείδειν,
αἵ θ᾽ Ἑλικῶνος ἔχουσιν ὄρος μέγα τε ζάθεόν τε
καί τε περὶ κρήνην ἰοειδέα πόσσ᾽ ἁπαλοῖσιν
ὀρχεῦνται καὶ βωμὸν ἐρισθενέος Κρονίωνος·

In der deutschen Übersetzung von Johann Heinrich Voß klingt das so:

Helikonischen Musen geweiht, heb' unser Gesang an,
Die auf dem Helikonberge, dem großen und heiligen, walten:
Wo sie den dunkelen Quell mit geschmeidigen Füßen im Reihntanz
Und den Altar umschweben des allmachtfrohen Kronion.

Der Helikon ist ein Gebirge in der Landschaft Böotien, der als Sitz der Musen galt, bis sie von Apollon nach Delphi gebracht wurden. Kronion ist ein anderer Name für Zeus, dem Sohn des Titanen Kronos.

μουσικὴ τέχνη

μουσικὴ τέχνη
musikē technē
„musische Beschäftigung“

Das heißt Beschäftigung mit einem Bereich, für den eine der neun Musen zuständig war. Erst später verengte sich der Begriff über das lateinische ars musica zu „Tonkunst“.

Der Dichter Hesiod legt in seiner Theogonie die Zahl der Musen auf neun fest, auch die von ihm genannten Namen werden kanonisch und lassen sich anhand des folgenden Hilfsverses leicht merken: „KlioMeTerThal EuEr UrPoKal“.

Die neun Musen
Bild Name Anmerkungen
Klio
Κλειώ
(die Rühmende)
Muse der Geschichtsschreibung. Sie brachte das phönizische Alphabet nach Griechenland.
(Attribute: Schriftrolle und Schreibrohr oder Feder, cornettoartiges Instrument, Lorbeerkranz)
Melpomene
Μελπομένη
(die Singende)
Muse der tragischen Dichtung und des Trauergesangs. Sie ist zuständig für die Tragödie.
(Attribute: tragische Maske und Keule, sowie ein Kranz mit Weinlaub, Kothurne; manchmal Messer oder ähnliches in der einen und Maske in der anderen Hand)
Terpsichore
Τερψιχόρα
(die Reigenfrohe)
Muse der Chorlyrik und des Tanzes. Gemeinsam mit dem Flussgott Achelos ist sie die Ahnherrin der Sirenen.
(Attribute: Lyra und Plektron)
Thalia
Θάλια
(die Blühende)
Muse der komischen Dichtung und der Unterhaltung. Thalia ist auch eine der drei Grazien.
(Attribute: komische Maske, Efeukranz und Krummstab des Schäfers)
Euterpe
Εὐτέρπη
(die Erfreuende)
Muse der Tonkunst und der lyrischen Poesie. Sie gilt als Erfinderin der Flöte.
(Attribute: Flöte oder Aulos, Lorbeerkranz)
Erato
Έρατώ
(die Liebevolle)
Muse der Lyrik (insbesondere der Liebes- und Erotikpoesie), des Gesanges, des Tanzes und der Nachahmung.
(Attribut: Kithara)
Urania
Οὐρανία
(die Himmlische)
Muse der Sternkunde. Sie kleidete sich in einen Mantel, der mit Sternen bestickt war, und richtet ihren Blick meist zum Himmel.
(Attribute: Himmelsglobus und Zeigestab)
Polyhymnia
Πολυμνία
(die Hymnenreiche)
Muse der Hymnendichtung, des Tanzes, der Pantomime, und der Geometrie. Oft wird sie mit dem Ellbogen auf eine Säule gestützt und einen Finger an den Mund dargestellt.
(kein spezifisches Attribut, manchmal die Lyra; gern auch mit einem bauschigen Umhang, Schultertuch oder Schleier dargestellt)
Kalliope
Καλλιόπη
(die Schönstimmige)
Muse der epischen Dichtung, der Wissenschaft, der Philosophie und des Saitenspiels sowie des Epos und der Elegie. Mutter des Sängers Orpheus. Schlichtete einen Streit zwischen Persephone und Aphrodite.
(Attribute: Schreibtafel und Schreibgriffel oder Schriftrolle und Feder, Lyra)

Μυκονίων δίκην

Μυκονίων δίκην
Mykoniōn dikēn
„wie die Mykonier“
Lateinisch „Myconiorum more

Der Humanist Erasmus von Rotterdam schreibt in seiner Sprichwörtersammlung Adagia:

„Wie die Mykonier gellen sie zu einem Gelage: Das sagte man von denen, die uneingeladen, aus freien Stücken kamen. Mykonos ist eine Kykladeninsel; die Leute dort waren so arm, daß die Not sie zwang, bei Gesellschaften zu schmarotzen; daher die scherzhafte Redensart.“

Das deutsche Äquivalent für diese Redewendung ist Nassauer bzw. nassauern. Da das Herzogtum Nassau über keine eigene Universität verfügte, schloss Herzog Wilhelm von Nassau-Weilburg 1817 einen Staatsvertrag mit dem Königreich Hannover. Die Königlich-Hannoversche Georg-August-Universität zu Göttingen wurde dadurch zur Nassauischen Landesuniversität. Um den Studenten einen Anreiz zur Aufnahme des Studiums im über 300 Kilometer entfernten Göttingen zu bieten, gewährte der Herzog Stipendien in Form einer kostenlosen Verköstigung. Die Stipendiaten konnten also bei einem Göttinger Vertragswirt kostenlos essen. Nutzte ein Nassauer Student dieses Angebot nicht, nahm häufig ein Fremder, Unbefugter, der sich als Nassauer ausgab, dessen Platz und das freie Mahl ein. Dadurch sollen die studentischen Ausdrücke „nassauern“ und „Nassauer“ entstanden sein.

μυστήριον τῆς πίστεως

μυστήριον τῆς πίστεως
mystērion tēs písteōs
„Geheimnis des Glaubens“

Das Geheimnis des Glaubens (lateinisch: mysterium fidei) ist der Ausruf des Priesters während der katholischen Messfeier unmittelbar nach den Wandlungsworten. Die versammelte Gemeinde antwortet darauf mit der Akklamation:

„Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“

Einzelnachweise

  1. Vgl. Platon, Theaitetos 149
  2. Evangelium nach Johannes, 20,24–29
  3. Evangelium nach Matthäus, 5,3–11
  4. Archivierte Kopie (Memento vom 14. März 2008 im Internet Archive)
  5. Lukasevangelium, 6,20
  6. 1 2 Dieter Landersheim: Ausführungen zum Bericht des Matthäus (Memento vom 14. Oktober 2007 im Internet Archive)
  7. Psalm 37,9,11
  8. Lukasevangelium, 6,21
  9. Offenbarung des Johannes, 7,16
  10. Jakobusbrief, Jak 2,13 
  11. Psalm 51,12
  12. 1 2 Hebräerbrief, 12,14
  13. Lukasevangelium, 6,22
  14. Hesiod, Werke und Tage 171
  15. Elysĭum. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 5, Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1906, S. 741.
  16. Griechische Mythologie. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 7. Altenburg 1859, S. 638–643 (zeno.org siehe in Sektion IV, Zustand nach dem Tode).
  17. Horaz: Epode 16,42; zitiert nach Navicula Bacchi, Horaz, Epode 16,39ff.: An das römische Volk (Übersetzung: Rudolf Alexander Schröder)
  18. Wörtlicher übersetzt den Ausdruck Plautus, Trinummus 2,4,148: fortunatorum insulas
  19. Pindar: Olympische Ode 8, 1–9
  20. Navicula Bacchi, Olympia1
  21. Winner Medals Olympic Games 2004 Athens
  22. Patrimò pu stei stin ajèra (Memento vom 10. April 2001 im Internet Archive)
  23. 1 2 Werner van Gent, Paul L. Walser: Zimt in der Suppe. Überraschendes Griechenland. Zürich: Rotpunktverlag, 2004. ISBN 3-85869-283-2. S. 36f.
  24. Lukas 1,46–47 
  25. Evangelium nach Matthäus, Mt 1,23 
  26. Plutarch, Perikles 38,4
  27. Zitiert nach Bruno Snell (1952).
  28. Aristoteles: Nikomachische Ethik, 7, 1154b 29. und Aristoteles: Rhetorik, 1371a 28;
  29. Evangelium nach Matthäus 4,17 .
  30. Archivierte Kopie (Memento vom 19. April 2008 im Internet Archive)
  31. Stobaios: Anthologie 3, 1, 172
  32. Übersetzung von Walter Müri, in: Ders., Der Arzt im Altertum. Griechische und lateinische Quellenstücke mit der Übertragung ins Deutsche. München (Heimeran)
  33. Harro Albrecht: Medizin: Primum nil nocere. In: Die Zeit. Nr. 15/2005 (online).
  34. Archivierte Kopie (Memento vom 10. Februar 2008 im Internet Archive)
  35. Archivierte Kopie (Memento vom 14. März 2008 im Internet Archive)
  36. Evangelium nach Matthäus, 6,3
  37. Platon: Gesetze 913 B
  38. lateinisch bei Sallust
  39. Evangelium nach Matthäus, 7,1
  40. Evangelium nach Matthäus, 7,1–5
  41. Evangelium nach Lukas, 6,36
  42. Evangelium nach Johannes, 7,24
  43. Brief des Paulus an die Römer, 14,4
  44. Brief des Paulus an die Römer, 14,13
  45. Brief des Jakobus, 2,4
  46. Archivierte Kopie (Memento vom 19. Oktober 2008 im Internet Archive)
  47. Hans-Martin Gauger: Wer war Maria Magdalena? In: NZZ. 2. Juni 2006, abgerufen am 25. Dezember 2018.
  48. Hans Poeschel: Die griechische Sprache, S. 298
  49. Valerius Maximus, Denkwürdige Taten und Worte 8, 7, externi 7
  50. Seneca der Ältere: Medea, 2.2,199
  51. Publius Terentius Afer: Andria (Das Mädchen von Andros) 61, Akt I
  52. http://www.gottwein.de/Lat/ter/andr0001.php
  53. Nikomachische Ethik, I, Kap. 6, 19f, 1098a
  54. Bachwerkeverzeichnis 201
  55. http://www.geschichtsforum.de/f42/die-kleinasiatische-katastrophe-ein-unbewaeltigtes-trauma-16379/
  56. Plutarch, Alexander 14
  57. Wolfgang Hameter: Antike Redewendungen und ihre Geschichte, Teil 2. (mp3-Audio; 6,7 MB; 4:52 Minuten) In: Ö1 Betrifft: Geschichte. 29. August 2023, archiviert vom Original am 1. September 2023; abgerufen am 2. September 2023.
  58. Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen 6, 38.
  59. Plutarch, Ἀποφθέγματα Λακωνικά (Lakonische Denksprüche) 225 C
  60. Historien des Herodot, VII, 213f.
  61. Vergleiche el:Μολών λαβέ
  62. Vergleiche en:Special Operations Command Central
  63. Erasmus von Rotterdam: Ausgewählte Schriften. Band 7. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 1972
  64. vgl. 1. Brief an die Korinther, 11, 23–26
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