Das Lotharii Regnum (lateinisch für „Reich Lothars“), auch Mittelreich genannt, war der mittlere Teil des Fränkischen Reichs, der nach der Reichsteilung vom 10. August 843 im Vertrag von Verdun Kaiser Lothar I. als unmittelbarer königlicher Herrschaftsbereich zufiel. Dieses langgestreckte Mittelstück des Reiches, das Lothar als ältestem Sohn des 840 verstorbenen Kaisers Ludwigs des Frommen nach dem verlorenen Machtkampf gegen seinen Bruder Ludwig den Deutschen und seinen Halbbruder Karl den Kahlen verblieben war, reichte von der Nordsee bis ans Mittelmeer, von Friesland über die Niederlande, Aachen, das Rheinland, Burgund, die Provence und Oberitalien bis zur Kaiserstadt Rom in Italien.

Umstrittener Niederrhein

Im Bereich des rechten Niederrheins war die Isselniederung im heutigen Hamminkeln seit alters her eigentlich die Grenze zwischen den Bistümern Köln und Münster. Damit wurde sie zugleich zur Grenze zwischen Lothringen und dem Ostreich erklärt. Doch wurde weiterhin durch Kämpfe versucht, stattdessen den etwas weiter westlich gelegenen Rhein als Grenze festzulegen.

Teilung von Prüm

Noch zu Lebzeiten teilte Lothar sein Reich im September 855 in der Teilung von Prüm unter seinen drei Söhnen Lothar II., Karl und Ludwig II. auf: Lotharingien (Friesland, Niederlande und Rheinland) im Norden, Burgund und Provence im Südwesten und Italien im Südosten.

Italien

Italien (und damit die Römische Kaiserwürde) erbte Ludwig II.

Nach Ludwigs Tod im Jahre 875 fielen Italien und der Kaisertitel an das Westfrankenreich Karls des Kahlen, Italien später an das Ostfrankenreich Karlmanns; schließlich errang es 961 Otto der Große.

Provence und Burgund

Die Provence und der zum Mittelreich gehörende, größere Teil Burgunds (der kleinere Teil, die heutzutage „Burgund“ („Bourgogne“) genannte Region im Zentrum des heutigen Frankreichs, war bereits seit 843 Teil des Westfrankenreiches) fielen an Karl von der Provence.

Nachdem Karl von der Provence im Jahre 863 kinderlos verstorben war, wurde sein Erbe zwischen seinen älteren Brüdern aufgeteilt. Der nördliche, kleinere Teil Burgunds fiel an das Reich Lothars II., der südliche, größere Teil Burgunds und die Provence an das Italien Ludwigs II. und nach dessen Tod 875 an das Westfrankenreich Karls des Kahlen.

Nach Karls des Kahlen Tod im Jahre 877 begründete im Süden Boso von Vienne 879 das Königreich Niederburgund; nach Karls des Dicken Tod im Jahre 888 rief im Norden der Welfe Rudolf I. das Königreich Hochburgund aus.

Unter Otto dem Großen wieder vereinigt, wurde das Königreich Burgund 1033 unter Kaiser Konrad II. Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches.

Lotharingien

Nachfolger Lothars I. als König im Norden des Reiches (jedoch ohne die Kaiserwürde) wurde Lothar II. Nach ihm wurde das Gebiet „Lotharingien“ („dasjenige, was Lothar zugehört“) genannt.

Nach Lothars II. Tod im Jahr 869 wurde das Gebiet 870 im Vertrag von Meerssen zwischen Lothars Onkeln aufgeteilt: Der ostfränkische König Ludwig der Deutsche, mittlerer Bruder Lothars I., erhielt den Ostteil Lotharingiens, der westfränkische König Karl der Kahle, jüngerer Halbbruder Lothars I., den Westteil.

879 gaben die Enkel Karls des Kahlen, schriftlich fixiert 880 im Vertrag von Ribemont, auch diesen Westteil Lotharingiens an den ostfränkischen König Ludwig III.; damit gehörte Lotharingien von nun an (mit einer Unterbrechung von 911 bis 923) in seiner Gesamtheit zum Ostfrankenreich und bildete darin das Herzogtum Lothringen.

959 wurde das Herzogtum in die Herzogtümer Oberlothringen und Niederlothringen geteilt.

Herrscher von Lotharingien

Könige von Lotharingien
Ab 923 blieb Lotharingien Bestandteil des Ostfrankenreichs und wurde im Auftrag des Königs von Herzögen regiert:
Herzöge von Lotharingien

Literatur

  • Jens Schneider: Auf der Suche nach dem verlorenen Reich. Lotharingien im 9. und 10. Jahrhundert. Böhlau Verlag, Köln 2010, ISBN 978-3-412-20401-3.
  • Thomas Bauer: Lotharingien als historischer Raum. Raumbildung und Raumbewußtsein im Mittelalter, Köln, Weimar, Wien 1997, ISBN 3-412-13696-4.
  • Rüdiger E. Barth: Lotharingien 10. – 12. Jahrhundert. Gelenkte Teilung oder innere Aufspaltung?, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Wien 1996, ISBN 3-631-30347-5.
  • Rüdiger E. Barth: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert, Sigmaringen 1990, ISBN 3-7995-4128-4.
  • Eduard Hlawitschka: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte, Stuttgart 1968.

Einzelnachweise

  1. Rudolf Schieffer: Die Zeit des karolingischen Grossreichs, 714–887 in: Bruno Gebhardt: Handbuch der deutschen Geschichte Band 2. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, 10. völlig neu bearbeitete Auflage, ISBN 3-608-60002-7, S. 144 (books.google.de)
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