Moeritherium | ||||||||||||
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Skelettrekonstruktion von Moeritherium | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Eozän (Bartonium und Priabonium) bis Oligozän (Rupelium) | ||||||||||||
40 bis 30 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Familie | ||||||||||||
Moeritheriidae | ||||||||||||
Andrews, 1906 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Moeritherium | ||||||||||||
Andrews, 1901 |
Moeritherium gehört neben Eritherium, Numidotherium und Phosphatherium zu den ältesten bekannten Gattungen der Rüsseltiere (Proboscidea) und ist damit einer der ältesten Vorfahren der heutigen Elefanten. Es war hauptsächlich im nördlichen Afrika verbreitet.
Merkmale
Moeritherium, zu Deutsch Tier des Moeri-Sees, lebte vor etwa 40 bis 30 Millionen Jahren im Oberen Eozän (Bartonium und Priabonium) und unteren Oligozän (Rupelium). Es erreichte etwa die Ausmaße eines heute lebenden Tapirs und besaß eine Schulterhöhe von 60, im Extremfall bis 100 cm. Der Körper war allerdings sehr langgestreckt und erreichte Rekonstruktionen zufolge bei größeren Exemplaren bis 350 cm Kopf-Rumpf-Länge. Die Gliedmaßen waren sehr kräftig und kurz, teilweise aber auch seitlich verkürzt. Das Tier dürfte an die 200 kg gewogen haben.
Der Schädel hatte eine deutlich gestreckte Form mit weit ausladenden Jochbeinen. Das Hinterhauptsbein war breit und besaß einen deutlichen Wulst als Ansatzstelle für eine massive Nackenmuskulatur. Die Stirn wies nur eine leichte Wölbung auf, im Oberschädel befanden sich aber kleine, luftgefüllte Hohlräume zur Gewichtsreduzierung des Schädels, womit Moeritherium die Entwicklung der späteren Rüsseltiere vorwegnahm. Das Nasenbein endete knapp vor dem Oberkiefer, die Nasenlöcher lagen sehr hoch am Schädel und waren nicht seitlich erhöht wie bei den späteren Rüsseltieren, was gegen die Existenz eines Rüssels spricht, möglicherweise war aber eine mobilere Oberlippe ausgebildet. Die Augenhöhlen befanden sich sehr weit vorn im Schädel, etwa auf der Höhe der vorderen Prämolaren. Die Ohrregion war wesentlich weiter entwickelt als bei früheren Rüsseltieren und entsprach jener der heutigen Elefanten.
Der Unterkiefer hatte einen sehr kräftigen und hohen Bau mit einer massiven, aber kurzen Symphyse. Das Gebiss von Moeritherium war gegenüber dem seiner Vorfahren durch den Verlust eines unteren Schneidezahn-, des unteren Eckzahnpaars sowie des oberen und unteren vorderen Paars der Prämolaren stärker reduziert und dadurch wesentlich moderner als das Gebiss älterer Rüsseltiere. Die Zahnformel lautet: . Jeweils das zweite Paar der Schneidezähne (I2) im Ober- und im Unterkiefer war verlängert, bildete aber noch keine echten Stoßzähne. Im Falle des Unterkiefers ist die Verlängerung des zweiten Schneidezahns ein singuläres Merkmal bei Moeritherium, da bei allen anderen Rüsseltieren die Stoßzähne immer aus dem ersten (I1) gebildet werden. Die Backenzähne hatten allgemein einen bunodonten Aufbau, besaßen aber zwischen den charakteristischen Zahnschmelzhöckern kleine Leisten (bunolophodont). Dabei wiesen der letzte Prämolar und die ersten beiden Molaren jeweils zwei dieser Leisten auf (bilophodont), während sich am hintersten Molar zusätzlich noch der Ansatz einer dritten Leiste befand. Frühe Vertreter von Moeritherium hatten aber einen deutlich lophodonteren Zahnbau.
Paläobiologie
Forschungsgeschichtlich wurde schon früh diskutiert, ob Moeritherium amphibisch in Seen und Flüssen lebte und sich vornehmlich von Wasserpflanzen ernährte. Gründe dafür waren anatomisch bedingt, wie die sehr kurzen Gliedmaßen, der langgestreckte Körper und die deutlich im vorderen Schädelbereich liegenden Augen. Isotopenuntersuchungen an Zähnen von neu aufgefundenem Skelettmaterial aus Ägypten, die zusammen mit Resten von Barytherium erfolgten, bestätigten diese Annahme. Dabei konnte im Zahnschmelz ein gegenüber terrestrisch lebenden Säugetieren relativ konstanter Anteil des schweren Sauerstoffisotops 18O nachgewiesen werden, der aber noch immer deutlicher schwankte als bei rein aquatischen Säugern. Dies lässt annehmen, das Moeritherium wie Barytherium im damaligen Tropischen Regenwald die Uferbereiche von Gewässern bewohnte und einen großen Teil des Tages im Wasser verbrachte, um Nahrung aufzunehmen. Allerdings kann bei ihm auch ein geringer Verzehr von terrestrischen Pflanzen nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der stark abweichenden Werte des ebenfalls untersuchten Kohlenstoffisotops 13C von Moeritherium im Vergleich zu Barytherium haben sich beide Rüsseltiere aber von unterschiedlichen Pflanzen ernährt.
Forschungsgeschichte
Im Jahr 1901 wurden im Fayyum in Ägypten Fossilreste in der Qasr-el-Sagha-Formation entdeckt, die von Charles William Andrews als Moeritherium lyonsi erstmals beschrieben wurden. Bereits ein Jahr später wurde nahebei ein weiteres, etwas kleineres Exemplar in einer fluvio-marinen Formation aufgefunden und von Andrews dem Taxon Moeritherium gracile zugewiesen. 1904 fand Andrews die ersten Moeritherium trigodon-Fossilien in den Sedimenten des Fayyum. Max Schlosser aus München teilte 1911 von Moeritherium lyonsi ein weiteres Taxon ab, welches er als Moeritherium andrewsi bezeichnete. Letzteres Taxon war ebenfalls recht groß und stammte aus einer fluvio-marinen Formation. Vor noch nicht allzu langer Zeit (2006) kamen in Bir El Ater in Algerien erstmals Überreste des Taxons Moeritherium chehbeurameuri zum Vorschein.
Systematik
Verkürzte innere Systematik der frühen Rüsseltiere nach Hautier et al. 2021
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Moeritherium ist eine Gattung aus der Ordnung der Rüsseltiere (Proboscidea). Innerhalb dieser gehört sie zu den sehr frühen Rüsseltieren, welche erstmals im Oberen Paläozän Nordafrikas auftraten. Möglicherweise ist die Gattung Teil der Unterordnung der Plesielephantiformes, die durch zwei Leisten auf den Molaren charakterisiert sind. Die gleichzeitige Nutzung aller Zähne im Gebiss (vertikaler Zahnwechsel) verweist ebenfalls auf die frühen Rüsseltiere, die noch nicht den für die späten Formen und die heutigen Elefanten charakteristischen horizontalen Zahnwechsel ausgebildet hatten.
Weitere Merkmale, die die Stellung innerhalb der Rüsseltiere stützen, sind vor allem die luftgefüllten Schädelknochen und die massiv ausgebildete Unterkiefersymphyse aber auch die Stellung der Orbita weit vorne im Schädel oberhalb der vorderen Prämolaren. Aufgrund des stärkeren bunodonten Baus der Molaren steht Moeritherium zusammen mit Arcanotherium den späteren Rüsseltieren deutlich näher als den gleichzeitig auftretenden frühen Rüsseltieren wie Barytherium und Numidotherium, welche deutlich lophodontere Molaren besaßen. Als Bindeglied zu diesen Rüsseltieren werden aber die frühesten Moeritherium-Vertreter mit ihren ebenfalls stärker lophodonten Zähnen gesehen, die sie aber im Laufe ihrer stammesgeschichtlichen Entwicklung zu eher bunodonten umbauten.
Die Diskussion um die Stellung von Moeritherium innerhalb der Rüsseltiere wurde lange geführt. Einige Forscher sahen ihn nur als Verwandten der Rüsseltiere an, mit einer näheren taxonomischen Stellung zu Anthracobune aus Südasien. Heute wird Moeritherium als eindeutiges Mitglied der Rüsseltiere gewertet, das allerdings ein hoch spezialisierter Seitenzweig war, der im frühen Oligozän ohne weitere Nachfahren erlosch. Unter den auf Moeritherium folgenden Rüsseltieren finden sich die Deinotherien (Hauerelefanten), Palaeomastodon und über Phiomia auch die Gomphotherien und später die Elefanten mit den Mammuts und den heute lebenden Elefantenarten.
Im Laufe der Forschungsgeschichte wurden insgesamt acht Arten beschrieben, von denen aber nur drei heute anerkannt sind:
- Moeritherium chehbeurameuri Delmer, Mahboubi, Tabuce & Tassy, 2006
- Moeritherium lyonsi Andrews, 1901 (Synonyme: M. gracile, M. ancestrale, M. latidens, M. pharaoensis)
- Moeritherium trigodon Andrews, 1904 (Synonym: M. andrewsi)
Fundorte
Funde von Moeritherium sind bisher weitgehend auf das nördliche Afrika beschränkt. Außerhalb Afrikas kommt die Gattung nicht vor, da damals der Kontinent durch den Tethys-Ozean vom damaligen Eurasien getrennt war und entsprechende Landbrücken erst im frühen Miozän vor rund 22 Millionen Jahren entstanden waren. Zu den bedeutendsten Fundorten zählen:
Einzelnachweise
- ↑ Jeheskel Shoshani: Skeletal and basic anatomical features of elephants. In: Jeheskel Shoshani, Pascal Tassy (Hrsg.): The Proboscidea. Evolution and Palaeoecology of the Elephants and their Relatives. Oxford, New York, Tokyo, 1996, S. 9–20
- 1 2 3 4 5 6 7 Jeheskel Shoshani, Robert M. West, Nicholas Court, Robert J. G. Savage, John M. Harris: The earliest proboscideans: general plan, taxonomy, and palaeoecology. In: Jeheskel Shoshani und Pascal Tassy (Hrsg.): The Proboscidea. Evolution and Palaeoecology of the Elephants and their Relatives. Oxford, New York, Tokyo, 1996, S. 57–75.
- 1 2 3 Jan van der Made: The evolution of the elephants and their relatives in the context of a changing climate and geography. In: Harald Meller (Hrsg.): Elefantenreich - Eine Fossilwelt in Europa. Halle/Saale, 2010, S. 340–360.
- 1 2 Alexander G. S. C. Liu, Erik R. Seiffert, Elwyn L. Simons: Stable isotope evidence for an amphibious phase in early proboscidean evolution. PNAS 105, 2008, S. 5786–5791 (PDF).
- 1 2 3 4 5 Cyrille Delmer, Mohamed Mahiboubi, Rudolphe Tabuce, Pascal Tassy: A new species of Moeritherium (Proboscidea, Mammalia) from the Eocene of Algeria: New perspectives on the ancestral morphotype of the genus. Palaeontology 49 (2), 2006, S. 421–434.
- 1 2 3 Cyrille Delmer: Reassessment of the generic attribution of Numidotherium savagei and the homologies of lower incisors in proboscideans. Acta Palaeontologica Polonica 54 (4), 2009, S. 561–580.
- ↑ Charles William Andrews: Über das Vorkommen von Proboscidiern in untertertiären Ablagerungen Ägyptens. Tageblatt des V Internationalen Zoologischen Kongresses, Berlin 6, 1901, S. 4–5
- ↑ Charles William Andrews: Preliminary note on some recently discovered extinct vertebrates from Egypt. Geological Magazine 4, 1901, S. 400–409 ()
- ↑ Charles William Andrews: Über das Vorkommen von Proboscidiern in untertertiären Ablagerungen Ägyptens. Verhandlungen des V. Internationalen Zoologen-Congresses zu Berlin, 12.–16. August 1901, 1902, S. 528 ()
- ↑ Lionel Hautier, Rodolphe Tabuce, Mickaël J. Mourlam, Koffi Evenyon Kassegne, Yawovi Zikpi Amoudji, Maëva Orliac, Frédéric Quillévéré, Anne-Lise Charruault, Ampah Kodjo Christophe Johnson und Guillaume Guinot: New Middle Eocene proboscidean from Togo illuminates the early evolution of the elephantiform-like dental pattern. Proceedings of th Royal Society of London B Biological Sciences 288 (1960), 2021, S. 20211439, doi:10.1098/rspb.2021.1439
- 1 2 Emmanuel Gheerbrant: Paleocene emergence of elephant relatives and the rapid radiation of African ungulates. PNAS. 106 (6), 2009, S. 10717–10721
- ↑ Jeheskel Shoshani, W. J. Sanders und Pascal Tassy: Elephants and other Proboscideans: a summary of recent findings and new taxonomic suggestions. In: G. Cavarretta et al. (Eds.): The World of Elephants - International Congress. Consiglio Nazionale delle Ricerche. Rom, 2001, S. 676–679
- ↑ Daryl P. Domning, Clayton E. Ray und Malcolm C. McKenna: Two New Oligocene Desmostylians anci a Discussion of Tethytherian Systematics. Smithsonian Contribution to Palaeobiology 59, Washington, 1983 (PDF)
- ↑ Charles William Andrews: A Descriptive Catalogue of the Tertiary Vertebrata of the Fayum, Egypt; Based on the Collection of the Egyptian Government in the Geological Museum, Cairo, and on the Collection in the British Museum (Natural History). London, 324 Seiten, 26 Tafeln, 101 Abbildungen, 1906
- ↑ P. E. Coiffait, B. Coiffait, J. J. Jaeger und Mohamed Mahboubi: Un nouveau gisement a Mammiferes fossiles d'age Eocene superieure sur le versant sud des Nementcha (Algerie orientale): decouverte des plus anciens Rongeurs d'Afrique. Comptes Rendus de l’Academie des Sciences series 2, 299 (13), 1984, S. 893–898
- ↑ G. Schlesinger: Studien über die Stammesgeschichte der Proboscidier. Jahrbuch der Kaiserlich-Königlichen Geologischen Reichsanstalt 62 (1), 1912, S. 87–182
- ↑ C. Arambourg und P. Magnier: Gisements de Vertebres dans le bassin tertiaire de Syrte (Libye). Comptes Rendus Hebdomadaires des Seances de l’Academie des Sciences 252 (8), 1961, S. 1181–1183
- ↑ H. Tobien: The Structure of the Mastodont Molar (Proboscidea, Mammalia), Part 3: The Oligocene Mastodont Genera Palaeomastodon, Phiomia and the Eo/Oligocene Paenungulate Moeritherium. Mainzer Geowissenschaftliche Mitteilungen 6, 1978, S. 177–208
Weblinks
- Beitrag von Domning et al. (1986) (PDF; 3,4 MB)