Nabû (akkadisch Na-bi-um, aramäisch Nebu = nbw, Nebui = nbwy) leitet sich von der semitischen Wurzel nb' (Nebo) ab und ist eine babylonisch-assyrische Gottheit. Sein Name bedeutet Ankündiger, Berufener.

Nabu war der Gott der Schreibkunst und der Weisheit. In der babylonischen Überlieferung wurde er auch als „Nachtsonne der Unterwelt“ und „Träger der Krone“ in Borsippa bezeichnet. Als Gott der Macht gab er das Zepter an die Könige. Er war Sohn des Marduk und der Ṣarpanitu. Im 1. Jahrtausend v. Chr. hieß seine Gattin in Assyrien Tašmetu und in Babylonien Nanaja, manchmal auch Nisaba. Nabus Attribut war der Schreibgriffel.

Kult

Sein erster und lange Zeit einziger Kultort war die babylonische Stadt Borsippa. Dort stand sein Heiligtum Ezida und die ihm zu Ehren errichtete Zikkurat. Er ersetzte in Borsippa den früheren Stadtgott Tutu, der in Nabus Vater Marduk aufgegangen war. In Assyrien waren Nimrud und Ninive seine Kultzentren. Unter den neubabylonischen Herrschern löste Nabu Marduk als kosmische und zum Teil sogar als oberste Gottheit ab. In Babylon fand die Krönung im Nabutempel Nabû ša H̆arê statt, der daher den Namen e-nig.gidrukalam.ma-sum.ma (E-ningidru-kalamma-summtah, Haus, das dem Land das Szepter verleiht) trug. Der Tempel wurde durch Assurhaddon erneuert, wie ein Gründungszylinder belegt.

Syrien

Nabu gehörte in der Schreibweise Nebo zu den orientalischen Gottheiten von Palmyra. Auf einigen Tesserae, die in der syrischen Oasenstadt in der griechisch-römischen Zeit benutzt wurden, sind Nebo und der oberste Himmelsgott Bel, die syrische Entsprechung von Marduk, zusammen abgebildet. Die Verbindung zwischen den beiden Gottheiten ist in Palmyra auch wegen der Nähe beider Tempel zueinander wahrscheinlich. Der Nebo-Tempel in Palmyra wurde 1963/64 ausgegraben. Die dort gefundenen Inschriften datieren zwischen 99 und 258/259 n. Chr., enthalten aber nur wenige Informationen über die Gottheit. Eine Statuette aus Dura Europos zeigt Nebo mit einer Leier oder Schreibtafel und mit einem Stilus in der Hand. Mit einer Leier in der linken und einem Plektrum in der rechten Hand, wie er auf einem Relief von Dura Europos, das den Namen Nabus trägt, dargestellt ist, gleicht er sich dem griechischen Apollon an.

Namenforschung

Als theophorer Wortbestandteil kommt Nabu bei Personennamen vor. So heißt Barnabu „Sohn des Nabu“ und Nabugaddi „Nabu ist mein Glück“. Die weite Verbreitung des Nabu-Kults zeigt sich ferner in der Verwendung des Gottesnamens für geografische Bezeichnungen. Kafr Nabu hieß ein römisch-frühbyzantinischer Ort auf der Höhe des Dschebel Siman im Norden des nordsyrischen Kalksteinmassivs. Noch im 13. Jahrhundert erwähnt der arabische Geograph Yaqut eine Tempelruine an dem verlassenen antiken Ort und bezeichnet den gesamten Berg mit seinem alten Namen als Dschebel Nabu.

Bibel

Nabu findet unter der Bezeichnung Nebo in Jesaja 46,1 ; Jeremia 39,3 ; Erwähnung im Alten Testament der Bibel.

Literatur

  • Helmut Freydank u. a.: Lexikon Alter Orient. Ägypten * Indien * China * Vorderasien. VMA-Verlag, Wiesbaden 1997, ISBN 3-928127-40-3
  • Brigitte Groneberg: Die Götter des Zweistromlandes. Kulte, Mythen, Epen. Artemis & Winkler, Stuttgart 2004, ISBN 3-7608-2306-8
  • Johannes Pinckert: Hymnen und Gebete an Nebo (= Leipziger Semitistische Studien. Band 3, Heft 4). Hinrichs, Leipzig 1920. (zugleich Dissertation, Universität Leipzig, 1907); Unveränderter Nachdruck der Ausgabe, Zentralantiquariat der DDR, Leipzig 1968.
  • F. A. M. Wiggermann: Nin-gišzida. In: Dietz-Otto Edzard u. a. (Hrsg.): Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie. Band 9: Nab – Nuzi. de Gruyter, Berlin 1998–2001, ISBN 3-11-017296-8, S. 368–373.

Einzelnachweise

  1. Nawala Al-Mutawalli, A New Foundation Cylinder from the Temple of Nabû ša H̆arê. Iraq 61, 1999, 191–194
  2. Javier Teixidor: The Pantheon of Palmyra. Études préliminaires aux religions orientales dans l'Émpire romain 79. Leiden 1979, S. 106–110
  3. Otto Eißfeldt: Tempel und Kulte syrischer Städte in hellenistisch-römischer Zeit. J. C. Hinrichs Verlag, Leipzig 1941, S. 97, 127
  4. Teixidor, S. 110
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