Nathaniel „Nat“ Shilkret (* 25. Dezember 1889 in New York City als Naftule Schüldkraut; † 18. Februar 1982 ebenda) war ein amerikanischer Musiker, Orchesterleiter, Komponist und Musikmanager.

Leben und Wirken

Shilkret entstammt einer aus Österreich zugewanderten musikalischen Familie: Sein Vater spielte zahlreiche Instrumente; seine Geschwister waren großteils ebenfalls als Musiker tätig. 1895 lernte er bereits Klarinette und Violine; zwei Jahre später erhielt er auch Klavierunterricht. 1896 ging er als Mitglied des New York Boys' Symphony Orchestra mit diesem auf landesweite Tournee; 1902 wurde er vom Orchester als neunjährig „Phänomen auf der Klarinette“ angekündigt. 1905 gehörte er zum Russian Symphony Orchestra und zum Orchester von Arnold Volpe, 1907 zum New York Philharmonic Orchestra (wo er unter Leitung von Wassili Safanow und Gustav Mahler auftrat). Innerhalb des folgenden Jahrzehnts gehörte er dem Orchester der Metropolitan Opera an, dem Orchester von Victor Herbert, der Grand Concert Band von John Philip Sousa und den Ensembles von Arthur Pryor und Edwin Franko Goldman. Er war auch für Walter Damrosch tätig und begleitete Isadora Duncan.

1915 arbeitete er als Arrangeur und Dirigent für die Auslandsabteilung von Victor Talking Machine Company (aus der später RCA Victor wurde) 1921 leitete er gemeinsam mit Eddie King das Shilking Orchestra, mit dem es auch zu Schallplattenaufnahmen kam. Seit 1923 dirigierte er das Orchester von John Philip Sousa bei Platteneinspielungen. 1924 formierte er sein Victor Salon Orchestra, das Popularmusik in neuartigen Arrangements einspielte. 1926 wurde er bei Victor der Leiter der Unterhaltungsmusik.

Mit seinem Orchester und anderen Klangkörpern spielte er mehrere tausend Aufnahmen ein und trat seit 1925 damit auch im Rundfunk auf, zunächst bei WEAF Radio, dann bei NBC in der Eveready Hour und zahlreichen durch Werbung gesponserten Sendungen. Zu den Mitgliedern seines Orchesters gehörten Jimmy Dorsey, Tommy Dorsey, Benny Goodman, Lionel Hampton, Glenn Miller, Artie Shaw, Mike Mosiello und Del Staigers.

Shilkret war an zahlreichen Innovationen im Bereich der Tonaufnahme beteiligt, insbesondere an der ersten „elektrischen Aufnahme“ 1925 und einer Einspielung 1932, bei der die früher (akustisch) aufgenommene Stimme von Enrico Caruso gemeinsam mit einem Orchester elektrisch aufgenommen wurde. Auch dirigierte er 1927 das Orchester von Paul Whiteman bei der „elektrischen“ Neu-Aufnahme von George Gershwins Rhapsody in Blue. Für seine Einspielung von Gershwins An American in Paris 1929 erhielt er posthum einen Grammy.

Shilkret arbeitete mit George Gershwin, Jascha Heifetz, Mischa Elman und Andrés Segovia ebenso wie mit Opernsängern wie Rose Bampton, Feodor Chaliapin, Miguel Fleta, Amelita Galli-Curci, Mary Garden, Beniamino Gigli, Maria Jeritza, Giovanni Martinelli, John McCormack, Grace Moore, Jan Peerce, Lily Pons, Rosa Ponselle, Elisabeth Rethberg, Tito Schipa oder Lawrence Tibbett.

Shilkret zog 1935 nach Los Angeles, um die Zusammenarbeit mit der Filmindustrie zu verstärken. Für RKO Pictures schrieb er die Musik für Filme wie That Girl from Paris (1936), Maria von Schottland (1936), Swing Time (1936, Oscar für den besten Song), Winterset (1936, Oscar-Nominierung) oder Hitting a New High (1937). Er war aber auch bei MGM an der Musikproduktion zu Dick & Doof-Filmen beteiligt: Bei The Bohemian Girl (1936) als Komponist, bei weiteren Filmen wie Way Out West (1937) und Swiss Miss (1938) als Dirigent. Auch war er für die Musik zu Trickfilmen von Walter Lantz wie The Mysterious Jug (1937) oder The Lamplighter (1938) verantwortlich.

In den 1940er Jahren gründete er seine Nathaniel Shilkret Music Company (1940), um die Musik für Filme von MGM und für RKO-Pathe zu produzieren. Daneben spielte er Plattenaufnahmen für Capitol Records ein. In den 1950er Jahren war er vor allem als Dirigent tätig. 1963 setzte er sich nach dem Tod seiner Frau zur Ruhe und zog nach New York zurück.

Kompositionen

Shilkret komponierte und arrangierte Tausende von populären Musikstücken. Er nahm auch Stücke des deutschen Komponisten Paul Preil in sein Repertoire auf. 1924 arrangierte er den damals populären The Prisoner’s Song. Sein bekanntestes Lied wurde The Lonesome Road (1927), das zunächst von seinem Koautoren Gene Austin gesungen wurde und 1929 in der Schlussszene von Show Boat Verwendung fand, bevor es zum Pop- und zum Jazzstandard wurde und etwa von Louis Armstrong, Bing Crosby, Frank Sinatra und Paul Robeson interpretiert wurde. Auch schrieb er den Titelsong Lady Divine für den mit einem Oscar ausgezeichneten Historienfilm Die ungekrönte Königin (The Divine Lady; 1929). Auch der Titelsong des Films Children of the Ritz (1929), Some Sweet Day, war sehr erfolgreich. Die Noten seiner Komposition Jeannine, I Dream of Lilac Time verkaufte sich fast zwei Millionen Mal; der Song wurde von so unterschiedlichen Interpreten wie Louis Armstrong, Skitch Henderson, Guy Lombardo, London Philharmonic Orchestra, John McCormack, Mitch Miller, Hugo Montenegro, The Platters so Lawrence Welk gecovert. Auch der gemeinsam mit Robert Lewis Shayon verfasste Song If I Should Send a Rose erwies sich als erfolgreich.

Bereits 1928 hatte Shilkret sein symphonisches Poem Skywards geschrieben. Ab den 1940er Jahren widmete er sich wieder der Komposition klassischer Werke. 1942 schrieb er sein Concerto for Trombone für Tommy Dorsey. Nach der Uraufführung mit Dorsey gingen die Noten verloren, so dass das Konzert erst 2003 (mit Jim Pugh als Solisten) wiederaufgeführt wurde. Mit Arnold Schoenberg, Darius Milhaud, Alexandre Tansman, Mario Castelnuovo-Tedesco, Ernst Toch und Igor Strawinsky schrieb er 1944 die Genesis Suite, die 1945 in Los Angeles uraufgeführt und 1945 und 2000 auf Platte eingespielt wurde. Weitere Aufführungen fanden 1947 und 2008 statt. Auch verfasste er die Southern Humoresque für Violine und Orchester.

Preise und Auszeichnungen

1934 wurde Shilkret die Ehrendoktorwürde in Musik vom Bethany College in Kansas verliehen. Er erhielt insgesamt fünf Grammys.

Filmografie (Auswahl)

Commons: Nat Shilkret – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Vgl. Nathaniel Shilkret (Niel Shell und Barbara Shilkret, Hrsg.): Nathaniel Shilkret: Sixty Years in the Music Business. Scarecrow Press, Lanham, Maryland, 2005, ISBN 0810851288
  2. Tatsächlich war er drei Jahre älter. Auch in seiner Autobiographie machte er sich drei Jahre jünger, wobei jedoch Widersprüche entstanden. Vgl. Jeff Hopkins Linernotes zu Nat Shilkret and the All Star Orchestra: More Than Satisfied
  3. Niel Shell: Nathaniel Shilkret. A Most Prolific and Diverse Creator of Recorded Sound. In: ARSC Journal. Band 39, 2008, S. 80–90.
  4. Vgl. Encyclopedic Discography of Victor Recordings (University of California, Santa Barbara)
  5. Tim Gracyk, Frank W. Hoffmann: Popular American recording pioneers, 1895–1925. London, New York 2000, S. 302
  6. Eintrag in der Victor-Library der Universitätsbibliothek der University of California, Santa Barbara, abgerufen am 5. September 2012
  7. Gracyk, Hoffmann: Popular American recording pioneers, 1895–1925. S. 302f.
  8. Seither wurde das Werk mehr als sechzig Mal gespielt.
  9. Vgl. auch Gracyk, Hoffmann: Popular American recording pioneers, 1895–1925. S. 303 und Genesis Suite (1944). Bei einem Brand in Shilkrets Haus gingen die Noten dann verloren; die Neuaufnahme durch Naxos basiert auf einer teilweise rekonstruierten Partitur.
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