Bei der Neuropädiatrie (auch Kinderneurologie genannt) handelt es sich um das medizinische Fachgebiet, das sich mit den Nervenkrankheiten der Kinder beschäftigt.

Besonderheiten

Während sich die Erwachsenenneurologie mit Erkrankungen des anatomisch und funktionell ausgereiften Nervensystems beschäftigt, umfasst das Spektrum der Neuropädiatrie die Erkrankungen von Menschen, deren Nervensystem sich je nach Altersstufe in ganz unterschiedlichen Entwicklungs- bzw. Reifestadien befindet. Je nach Reifezustand des Gehirns kann dieselbe Schädigung unterschiedlich ausgeprägte Folgen haben. Kontaktaufnahme des Arztes mit dem Patienten und die angewendeten Untersuchungstechniken müssen den verschiedenen Alters- und Entwicklungsstufen angepasst sein. Die für die verschiedenen Altersgruppen (Früh- und Neugeborene, Säuglinge, Kleinkinder, Schulkinder, Jugendliche) geltenden Normbereiche müssen bei Untersuchung und Diagnosestellung berücksichtigt werden. Ein abnormer neurologischer Befund kann von einer Entwicklungsverzögerung begleitet sein, muss es aber nicht. Andererseits zeigen zahlreiche Kinder Entwicklungsverzögerungen ohne gleichzeitig neurologisch auffällige Befunde zu zeigen.

Der Neuropädiater ist bewandert in der Klinik der neurometabolischen Störungen (z. B. Refsum-Syndrom), der heredodegenerativen Störungen des neuromuskulären Apparates (z. B. Spinale Muskelatrophie Werdnig-Hoffmann), der Missbildungen des Nervensystems (z. B. Chiari-Malformation), der Epilepsie des Kindes- und Jugendalters (z. B. BNS-Anfälle) sowie der Tumoren und vaskulären, entzündlichen und traumatischen Schäden des Nervensystems.

Er wird etwa zu Rate gezogen bei Kindern mit fehlendem Neuralrohrverschluss, Bewegungsstörungen oder geistigen Behinderungen.

Institutionen

Stationäre Abteilungen für Neuropädiatrie gibt es an den meisten Universitäts-Kinderkliniken in Deutschland und der Schweiz sowie teilweise an großen nicht-universitären Kinderkliniken, in Deutschland auch an einzelnen Sozialpädiatrischen Zentren. In Österreich bestehen derzeit an keiner der drei öffentlichen Universitätskliniken für Kinder- und Jugendheilkunde entsprechend genehmigte stationäre Bereiche. Ambulante neuropädiatrische Versorgung erfolgt durch die neuropädiatrischen Ambulanzen der genannten Kliniken, in Deutschland außerdem durch die Sozialpädiatrischen Zentren und niedergelassene Kinderärzte mit der Schwerpunktbezeichnung Neuropädiatrie. Diese Zusatzbezeichnung kann in Deutschland im Anschluss an den Erwerb des Facharzttitels in Kinder- und Jugendmedizin durch eine zweijährige Weiterbildung mit abschließender Prüfung erworben werden.

Literatur

Monografien
  • Florian Heinen u. a. (Hrsg.): Pädiatrische Neurologie: Diagnose und Therapie. Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-019468-7.
  • Richard Michaelis, Gerhard Niemann (Hrsg.): Entwicklungsneurologie und Neuropädiatrie. Grundlagen, diagnostische Strategien, Entwicklungstherapien und Entwicklungsförderungen. 5. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-13-118535-8.
  • Rudolf Korinthenberg, Christos P. Panteliadis, Christian Hagel (Hrsg.): Neuropädiatrie: Evidenzbasierte Therapie. 2. Auflage, Urban & Fischer, 2014, ISBN 978-3-437-23076-9 (3. Aufl. 2020).
  • J. Eric Piña-Garza, Kaitlin C. James: Fenichel’s Clinical Pediatric Neurology: A Signs and Symptoms Approach. 8. Auflage, Elsevier, 2019, ISBN 978-0-323-48528-9.
  • Joseph J. Volpe u. a. (Hrsg.): Volpe’s Neurology of the Newborn. 6. Auflage, Elsevier, 2017, ISBN 978-0-323-42876-7.
  • Kenneth F. Swaiman u. a. (Hrsg.): Swaiman’s Pediatric Neurology: Principles and Practice. 6. Auflage, Elsevier, 2017, ISBN 978-0-323-37101-8.
Zeitschriften

Einzelnachweise

  1. K.F.Swaiman: 'Pediatric Neurology. Principles and Practice', C.V.Mosby, Baltimore 1989, S. 3–114; Franco Vasella: Besonderheiten des Fachgebietes Neuropädiatrie in: Fuat Aksu: Neuropädiatrie 2008, S. 40–43.
  2. In Österreich ist die Neuropädiatrie seit 2007 als Additivfach mit dreijähriger Weiterbildung anerkannt. (Muster-)Weiterbildungsordnung vom Mai 2003 (PDF; 64 kB) in der Fassung vom 28. März 2008 der Bundesärztekammer, S. 89.
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