Die Neuwerkkirche ist eine ehemalige Klosterkirche aus dem 12. Jahrhundert in Goslar. Heute dient sie als evangelische Pfarrkirche. Der Bauzustand der Entstehungszeit ist in allen Teilen erhalten. Sie bietet daher ein stilreines Beispiel der romanischen Bauweise.
Geschichte
Der kaiserliche Vogt Volkmar gründete im 12. Jahrhundert ein Nonnenkloster außerhalb der mittelalterlichen Stadtbefestigung von Goslar. Dazu gehörte auch die Stiftskirche „St. Maria in horto“ (Heilige Maria im (Rosen-)Garten), heute Neuwerkkirche genannt. Die erste Äbtissin kam mit zwölf Nonnen aus Ichtershausen in Thüringen.
Der Konvent lebte zunächst nach Zisterzienserregeln, obwohl er nicht dem Orden angehörte. 1199 wurde das Kloster als Benediktinerinnenkloster päpstlich bestätigt. Nach der Reformation wurde das Kloster bis in die 1960er Jahre als Damenstift und höhere Töchterschule fortgeführt. Seit 1964 ist die Kirche Pfarrkirche des ehemaligen evangelisch-lutherischen Kirchengemeindebezirks Markt-Georgenberg.
Die Kirche ist Start- bzw. Endstation des Harzer Klosterwanderwegs.
Äußerer Bau
Die Neuwerkkirche ist eine kreuzförmige gewölbte Basilika. Das Mauerwerk besteht aus Bruchstein, der verputzt wurde. Der Westbau hat zwei oktogonale Türme. Das Hauptportal an der Nordseite zeigt reiche Profilierung. Das dreijöchige Langhaus ist im gebundenen System ausgeführt, östlich schließen sich das Querhaus und der Chor an. Es sind drei Apsiden vorhanden, eine Hauptapsis, die an den Chor anschließt und zwei Querhausapsiden.
- Westseite
- Südostseite
- Reich gegliederte Hauptapsis
- Kapitell an der Hauptapsis
Apsiden
Die Querhausapsiden sind durch Lisenen und Gesimse nur einfach gegliedert. Die zweigeschossige Hauptapsis zeigt reichere Gliederung: Sie weist im unteren Bereich Halbsäulen und einen Rundbogenfries auf. Im oberen Bereich wird eine Blendarchitektur von freien Säulen gestützt. Kapitelle und Schäfte der Säulen sind äußerst vielgestaltig ausgeführt.
Innenraum
Das Innere der Kirche ist vom Übergang zwischen Romanik und Frühgotik geprägt. Rippen- und Gurtbögen bestimmen das Mittelschiffgewölbe. Die Dienste vor den Hauptpfeilern setzen sich in den Rippen und Gurtbögen des Gewölbes fort. Auffällig sind die unterschiedlichen Kämpferhöhen. Eine weitere Besonderheit zeigt sich bei den vier Hauptsäulen des Mitteljochs. Dort wölben sich im oberen Teil die Dienste plastisch ösenartig vor. Zwei tragen Ringe, von denen einer einen Ouroboros darstellt. Die kleineren Zwischenpfeiler, die das kreuzgratgewölbte Seitenschiff vom Mittelschiff abtrennen, sind an den Kanten mit Säulchen versehen.
Wandmalerei
Die Wandmalereien stammen aus dem 13. Jahrhundert. Sie wurden 1874/75 freigelegt und ergänzt. In der Wölbung der Hauptapsis ist der segnende Christus auf dem Schoß seiner Mutter dargestellt. Der Thron, auf dem beide sitzen, steht auf den sieben Stufen der Seligkeit. Zwölf Löwen befinden sich an den Stufenenden. Die beiden Löwen neben dem Thron stellen den Erzengel Gabriel und den Evangelisten Johannes dar. Über dem Kopf der Madonna schweben sieben Tauben, die die Gaben des Heiligen Geistes darstellen. Flankiert wird die Szene von Petrus und Paulus sowie zwei knienden Figuren, einem Erzengel und dem Protomärtyrer Stephanus.
- Das Innere nach Osten,
im Chorbogen das Triumphkreuz - Malerei in der Wölbung der Hauptapsis: Maria auf dem salomonischen Thron
- Das Innere nach Westen
Ausstattung
- Triumphkreuz (Anfang des 16. Jahrhunderts)
Es ist drei Meter hoch, Haare und Dornenkrone sind natürlich. - Sandsteinrelief (15. Jahrhundert)
an der Westseite des nördlichen Seitenschiffs. Es zeigt den Abschied Christi von seiner Mutter am Gründonnerstag. - Ehemalige Lettnerkanzel (13. Jahrhundert)
Sie enthält Stuckreliefs und ist jetzt in die Brüstung der Orgelempore eingelassen. - Segnender Christus im Gurtbogen (um 1240)
- Stiftergrab des Klosterstifters (Mitte 15. Jahrhundert)
Es zeigt den kaiserlichen Vogt Volkmar und seine Frau Helena. - Am südlichen Mittelpfeiler der Westjochbögen das Halbrelief eines Engels (um 1200); er hält ein Spruchband mit dem Leoninischen Hexameter:
- Miri facta vide
- laudando viri lapicide
- „Betrachte mit Loben die Werke des erstaunlichen Steinmetzen“;
- zu seinen Füßen auf der Konsole der Name des Künstlers (im Genitiv) Wilhelmi.
- Die Orgel wurde 1972 von Rudolf von Beckerath erbaut. Sie umfasst 26 Register. Sie wurde von Helmut Walcha eingeweiht.
Glocken
Im Turmbau der Neuwerkkirche hängen fünf sehr alte Glocken, die eines der bedeutendsten Geläute in Deutschland bilden.
Nr. | Nominal | Durchmesser | Gewicht | Gussjahr |
---|---|---|---|---|
1 | e'-10 | 1300 mm | 1.575 kg | ≈ 1300 |
2 | a'-5 | 1192 mm | 1.071 kg | ≈ 1314 |
3 | es''-1 | 640 mm | 210 kg | ≈ 13. Jh. |
4 | f''-3 | 695 mm | 323 kg | ≈ 1200 |
5 | as''-2 | 620 mm | 234 kg | ≈ 1200 |
Literatur
- Faltblatt der evangelischen Kirchengemeinde Neuwerk.
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bremen und Niedersachsen. Darmstadt 1977.
- Dieter Jungmann: Die Neuwerkkirche in Goslar. DKV-Kunstführer Nr. 618, München, Berlin, 2. überarbeitete Auflage 2013, ISBN 978-3-422-02384-0.
- Barbara Klössel-Luckhardt: Memento für die Nonnen. Vier alttestamentliche Wandbilder im Chor der Goslarer Neuwerkskirche. In: Niederdeutsche Breiträge zur Kunstgeschichte N.F. 4 (2019), S. 70–80.
Weblinks
Koordinaten: 51° 54′ 34,4″ N, 10° 25′ 31,9″ O
Einzelnachweise
- ↑ Orgel der Neuwerkkirche Kurzbeschreibung und Klangbeispiele, abgerufen am 5. Juni 2021
- ↑ Die Glocken der Neuwerkkirche zu Goslar. Abgerufen am 31. Mai 2019.