In der Theorie der gewöhnlichen Differentialgleichungen erhält man aus dem Satz von Peano und dem Satz von Picard-Lindelöf die Existenz einer lokalen Lösung eines gegebenen Anfangswertproblems. Man ist vor allem daran interessiert, ob man diese Lösung immer weiter fortsetzen kann, bis man zu einer nicht-fortsetzbaren Lösung (gelegentlich auch maximale Lösung genannt) gelangt. In einem zweiten Schritt ist man an dem Grund für die Nicht-Fortsetzbarkeit interessiert. Dies wird durch den Satz vom maximalen Existenzintervall geklärt.
Typischerweise werden die Ergebnisse in folgender Reihenfolge angewandt:
- Zunächst zeigt man mit dem Satz von Peano oder dem Satz von Picard-Lindelöf die Existenz einer (ggf. eindeutigen) lokalen Lösung des Anfangswertproblems.
- Daraus folgt mit dem unten angegebenen Satz die Existenz einer nicht-fortsetzbaren Lösung des Anfangswertproblems. Deren Eindeutigkeit bekommt man als Anwendung der gronwallschen Ungleichung.
- Mit Hilfe des Satzes vom maximalen Existenzintervall kann man durch Ausschluss der übrigen Alternativen (beispielsweise mit Vergleichsargumenten) folgern, dass diese nicht-fortsetzbare Lösung global ist.
Im Folgenden sei stets .
Existenz einer nicht-fortsetzbaren Lösung
Sei und stetig. Weiter sei eine Lösung von
auf . Dann gibt es ein und eine Lösung obiger Differentialgleichung auf mit den Eigenschaften:
- auf .
- Es gibt kein , so dass zu einer Lösung auf fortgesetzt werden kann.
Dieser Satz wird bewiesen, indem man eine partielle Ordnung auf der Menge aller Lösungen derart einführt, dass maximale Elemente stets nicht-fortsetzbare Lösungen sind. Deren Existenz wird mit dem Lemma von Kuratowski-Zorn bewiesen. Details sind im Beweisarchiv zu finden. Auf Grund dieses Beweises wird die nicht-fortsetzbare Lösung gelegentlich auch als maximale Lösung bezeichnet. Man verwechsle dies aber nicht mit dem Begriff der maximalen Lösung eines nicht-eindeutig lösbaren Anfangswertproblems (für stetiges ).
Der Satz vom maximalen Existenzintervall
Hat man eine nicht-fortsetzbare Lösung vorliegen, möchte man wissen, was am Rand ihres Definitionsbereichs passiert. Das Ausschließen dieses Phänomens würde dann nämlich Globalität dieser Lösung nach sich ziehen.
Formulierung
Sei und stetig; dabei sei explizit zugelassen. Betrachte die Differentialgleichung
Dann gilt für jede nicht-fortsetzbare Lösung
- (Globalität) oder
Hierin sei vereinbart.
Variante für lokal Lipschitz-stetige Differentialgleichung
Seien , stetig sowie lokal Lipschitz-stetig in der zweiten Variablen und eine nicht-fortsetzbare Lösung von . Dann gilt
- (Globalität) oder
- oder
- es gibt eine Folge , so dass der Grenzwert existiert mit .
Literatur
- Herbert Amann: Gewöhnliche Differentialgleichungen. 2. Auflage. Gruyter – de Gruyter Lehrbücher, Berlin / New York 1995, ISBN 3-11-014582-0.
- Wolfgang Walter: Gewöhnliche Differentialgleichungen. 6. Auflage. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 1996, ISBN 3-540-59038-2.