Der Begriff Nikolaiten bezeichnete ursprünglich die Anhänger einer als häretisch beurteilten Gruppierung des frühen Christentums, die im Ruf stand, sexuelle Freizügigkeit zu fördern und die Teilnahme an Götzenopfern und am Kaiserkult zu dulden. In der Zeit des mittelalterlichen Investiturstreits wurde davon abgeleitet ein Kleriker, der den Zölibat nicht hielt, abwertend als Nikolait bezeichnet.

Neues Testament

Im Neuen Testament sind die Nikolaiten in Offb 2,6  und Offb 2,15  erwähnt. Als Urheber der Bewegung wird ein Nikolaus angenommen, bei dem es sich nach Ansicht einiger Autoren um einen Proselyten aus Antiochien handelte, der einer der in Apostelgeschichte 6,5  erwähnten ersten sieben Diakone war. Der französische Autor Emmanuel Carrère vermutet, dass mit den Nikolaiten die Anhänger des Apostels Paulus gemeint sind, die aus Sicht des Autors der Johannes-Offenbarung mit ihren Lehren die im Entstehen begriffene christliche Glaubensbewegung ins Verderben stürzen.

Kirchenschriftsteller

Einige der frühen Kirchenschriftsteller, darunter der Kirchenvater Irenäus und Theodoret, erwähnen die Nikolaiten. Irenäus beschreibt kurz, dass sie ein zügelloses Leben führten und ihnen der Ehebruch und die Teilnahme an heidnischen Opfern nichts bedeute. Auch Victorinus von Poetovio, der Verfasser eines der ältesten Kommentare der Offenbarung des Johannes (um 260 n. Chr.) berichtet, dass sie Fleisch von Götzenopfern äßen, nachdem dieses durch einen Exorzismus gereinigt worden war und Unzucht nach einem 8-tägigen Ausschluss aus der Gemeinschaft gesühnt wird. Die Irrlehre bestand demnach in der Einführung menschlicher Riten um eine gesellschaftliche Praxis wie Verehrung anderer Gottheiten und sexuelle Freizügigkeit für Christen akzeptabel zu machen. Damit wird der im Neuen Testament gelehrte Umgang mit diesen Sünden, nämlich persönliche Buße und die Inanspruchnahme des ein für allemal geschehenen Opfers Jesus Christi außer Kraft gesetzt.

Hippolyt von Rom, der sich auf Irenäus stütze, glaubte, dass der in der Apostelgeschichte erwähnte Diakon Nikolaus Urheber der Häresie gewesen sei. Clemens von Alexandria entlastet den Diakon Nikolaus von der Anschuldigung, Verfechter der Promiskuität zu sein, welche die Gruppe angeblich als Ideal von ihm übernommen haben soll, und stellte die Behauptung als eine böswillige Verzerrung dar. Eusebius schrieb, die Sekte habe nur kurze Zeit bestanden. Der Kirchenlehrer Thomas von Aquin führte später aus, die Nikolaiten hätten entweder die Polygamie oder das Konkubinat unterstützt.

Nikolaitismus

Im Mittelalter wurden nichtzölibatär lebende Priester Nikolaiten genannt. Humbert von Silva Candida setzte diese polemische Bezeichnung für verheiratete Kleriker durch. Den Kampf gegen Nikolaitismus führten insbesondere Papst Leo IX. und Papst Alexander II.

Siehe auch

Literatur

  • H. Kraft: Die Offenbarung des Johannes; Handbuch zum Neuen Testament, Bd. 16a; Tübingen: Mohr (Siebeck), 1974; dort: Exkurs: Nikolaos und die Nikolaiten, S. 72 ff.
Wiktionary: Nikolait – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Carrère, Emmanuel.: Das Reich Gottes. Matthes & Seitz, Berlin 2016, ISBN 978-3-95757-226-4, S. 413.
  2. Gegen die Häresien, 26. Kapitel: Cerinth, die Ebioniten und Nikolaiten
  3. St. Victorinus von Pettau, Kommentar zur Apokalypse 2. I.
  4. Die „Lehre der Nikolaiten“ – was versteht man darunter? | Bibelbund. Abgerufen am 31. Juli 2023.
  5. 1.Johannes 1,9 | Lutherbibel 2017 :: ERF Bibleserver. Abgerufen am 31. Juli 2023.
  6. Hebräer 10,10 | Lutherbibel 2017 :: ERF Bibleserver. Abgerufen am 31. Juli 2023.
  7. Refutation of All Heresies or Philosophumena VII, xxvi.
  8. Stromata, III, iv.
  9. H. E., III, xxix.
  10. SCG III.124
  11. Meyers Enz. Lexikon, Bd. 17 S. 273, 1976
  12. "Junge Ehemänner, soeben von fleischlicher Lust erschöpft, dienen am Altar. Und unmittelbar danach umarmen sie mit ihren vom unbefleckten Leib geheiligten Händen wieder ihre Frauen. Das ist ... eine Erfindung des Satans." Humbert von Silva Candida im Jahr 1054, zitiert nach K. Jäckel, S. 95, s. u.
  13. Herders Lexikon der Päpste, S. 24 u. 121, Herder, Freiburg im Breisgau 2010, ISBN 978-3-451-06200-1
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