Als Non-finito (aus dem Italienischen, so viel wie „unvollendet“) wird in der Kunst beziehungsweise Bildhauerei eine nicht fertiggestellte Skulptur bezeichnet.

Der Unterschied zwischen einem Torso und dem Non-finito besteht darin, dass der Künstler mehr Material verwendet hat, als notwendig ist, und dass die Plastik noch unbearbeitete Partien besitzt, wohingegen ein Torso „abgeschnittene“ Partien hat, deren gedankliche Fortsetzungen (oft Arme oder Beine) niemals Teil der fertigen Skulptur sein sollten.

Beispiele von Non-finitos:

„Non finito“ wurde ab 1435 in Verbindung mit den ersten Handzeichnungen verwendet, die ab diesem Zeitpunkt als eigenständige Kunstform galten. Die Tatsache, dass es in der Natur „nulla linea“ („keine Linie“) gibt, führte bei den Künstlern dieser Generation dazu, darin die höchste Form der Abstraktion zu erkennen. Gleichzeitig wurde von den Künstlern dieser Epoche „vorausgesetzt“, dass der Rezipient etwas, was nicht vollständig zeichnerisch formuliert wurde (Zeichnungen können per se nicht naturalistisch sein, aber die Aquarellmalerei und das Pastell), zu Ende sehen kann. Leonardo da Vinci hat in seinen Traktaten darauf hingewiesen, dass das Non-finito eine hohe künstlerische und intellektuelle Leistung bedeutet. In der Neurologie ist diese Tatsache ca. 550 Jahre später als erwiesen angesehen worden, das perzeptuelle Ergänzen (Filling-in) ist ein Begriff, der für diese Leistung des Gehirns steht.

Literatur

  • Hans Belting: Das unsichtbare Meisterwerk: Die modernen Mythen der Kunst. Verlag C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-48177-9, S. 233 ff.
  • Christiane Wohlrab: Non-finito als Topos der Moderne: Die Marmorskulpturen von Auguste Rodin. Wilhelm Fink Verlag, Paderborn 2016, ISBN 978-3-7705-5985-5, vor allem S. 9–47 und 219–241.
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