Als Notitia bezeichnet die Diplomatik die frühmittelalterlichen Urkunden, die in der dritten Person und in der Vergangenheit abgefasst, als Beweis für ein vollzogenes Rechtsgeschäft dienen. Die Rechtsgültigkeit der Notitia entsteht insbesondere durch den Hinweis auf die Öffentlichkeit des Rechtsgeschäfts (notum sit omnibus) und die Zeugenliste (testes huius rei sunt: …). Die Mehrzahl solcher Urkunden ist nicht im Original, sondern als Abschrift in einem Traditionsbuch überliefert. Sie ist insbesondere zwischen dem 8. und 13. Jahrhundert in Gebrauch gewesen.
Die Diplomatiker streiten darüber, ob eine solche Notiz nur als Erinnerungsstütze (Oswald Redlich) oder als selbständige Urkunde (Heinrich Brunner, Heinrich Fichtenau, Joachim Wild) angesehen werden kann.
Literatur
- Heinrich Brunner: Carta und Notitia. In: Heinrich Brunner: Abhandlungen zur Rechtsgeschichte. Band 1. Böhlau, Weimar 1931, (Auch Nachdruck: Zentral-Antiquariat der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1965), S. 458ff.
- Heinrich Brunner: Zur Rechtsgeschichte der römischen und germanischen Urkunde. Weidmann, Berlin 1880, (Auch Nachdruck: Scientia, Aalen 1961).
- Heinrich Fichtenau: „Carta“ et „Notitia“ en Bavière du VIIIe au Xe siècle. In: Le Moyen Âge 69, 1963, ISSN 0027-2841, S. 105–120.
- Joachim Wild: „Carta“ und „Notitia“ im Herzogtum Bayern. In: Theo Kölzer u. a. (Hrsg.): De litteris, manuscriptis, inscriptionibus .... Festschrift zum 65. Geburtstag von Walter Koch. Böhlau, Wien u. a. 2007, ISBN 978-3-205-77615-4, S. 27–38.
- Oswald Redlich: Geschäftsurkunde und Beweisurkunde. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Ergänzungsband 6, 1901, ZDB-ID 206069-3, S. 1–16.
- Herbert Zielinski: Notitia. In: Lexikon des Mittelalters Band VI, Sp. 1286.