Bei den XV. Olympischen Spielen 1952 in Helsinki nahm zum vierten Mal eine österreichische Olympia-Mannschaft am Fußball-Wettbewerb teil. Obwohl der Profifußball in Österreich seit der Wiedererstehung des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg noch nicht wieder eingeführt war und die Amateurdefinition damals weitgehend den nationalen Verbänden selbst überlassen war, beschloss der ÖFB, nicht wie andere Länder mit der Nationalmannschaft, sondern mit einem Amateurteam, das sich großteils aus Spielern der inzwischen in Österreich salonfähig gewordenen Provinzmannschaften zusammensetzte, teilzunehmen.

Österreichs Amateur-Team erreichte den respektablen 7. Platz unter den 25 Teilnehmern, schlug dabei den Gastgeber Finnland in einem spannenden Spiel mit 4:3. Obwohl Österreich noch mehrmals an der Qualifikation zu Fußball-Wettbewerben bei Olympischen Spielen antrat, war dies die letzte Endrundenteilnahme des Landes bei einem olympischen Fußballturnier.

Vorbereitung

Die österreichische Fußball-Nationalmannschaft der Amateure wurde nach ihrer Auflösung 1937 eigens für die Olympischen Spiele in Helsinki wieder ins Leben gerufen. Das einzige Vorbereitungsspiel fand am 8. Juni 1952 gegen das Amateurteam der BR Deutschland in München statt und endete mit einem 2:0-Sieg der Deutschen. Für ein Kuriosum in der Vorbereitung sorgte der Innsbrucker Spieler Finkbeiner. Dieser absolvierte alle Trainingskurse und auch das Vorbereitungsspiel gegen die Amateure Deutschlands, bevor sich herausstellte, dass er selbst deutscher Staatsbürger war. Seit Rudolf Wagner in der Anfangszeit des Fußballs hatte bis dahin kein Deutscher den Dress einer österreichischen Nationalvertretung getragen. Finkbeiner, der damit als erster Deutscher für Österreich gegen sein eigenes Heimatland antrat, war für die österreichische Auswahl beim olympischen Turnier natürlich nicht spielberechtigt und wurde umgehend aus dem Kader entlassen.

So kam es, insbesondere im österreichischen Sturm zu einigen Umstellung vor dem Antreten in Finnland. Die Betreuung des Amateur-Teams wurde dem ehemaligen Nationalspieler Viktor Hierländer übertragen.

Österreichisches Aufgebot

NameDamaliger VereinGeburtstagSp.TorRot
Tor
  Fritz Nikolai 1. SVg Guntramsdorf1.9.19252
  Rudolf Krammer Austria Salzburg7.3.1929
Abwehr
 Walter Kollmann SC Wacker Wien17.6.19322
 Anton Krammer Union FC Salzburg14.3.19212
 Ernst Kolar ASV Hohenau20.07.1929
Mittelfeld
 Joschi Walter First Vienna FC27.10.19252
 Anton Wolf SK Sturm Graz21.4.19332
 Robert Fendler Villacher SV26.2.192122
 Friedrich Csulem Heiligenstädter SV
Angriff
 Erich Stumpf SK Sturm Graz22.5.192721
 Hermann Hochleitner Salzburger AK 191417.10.19252
 Herbert Grohs Grazer SC4.5.193122
 Franz Feldinger Austria Salzburg22.8.19282
 Otto Gollnhuber Kapfenberger SV9.2.19242
 Harry Rauch SK Sturm Graz
 Hermann Sühs SV Gloggnitz
Trainer
 Viktor Hierländer 

Anmerkung: Der Spieler Harry Rauch stand zwar im Kader der österreichischen Olympia-Mannschaft, kam jedoch nie in seiner Laufbahn bei einem internationalen Fußballspiel für Österreich zum Einsatz. Geburtsdatum Ernst Kolar laut website des Kapfenberger SV in Sachen Ehrungen von verdienten Sportlern

Spiele

Vorrunde und Erste Runde

In der Vorrunde bekam Österreich ein Freilos und konnte so direkt in die Erste Runde, dem Sechzehntelfinale, aufsteigen. Die österreichische Amateur-Nationalmannschaft startete somit mit dem Schlagerspiel gegen den Gastgeber Finnland ins Turnier. Die Österreicher galten gegen Finnland, das mit seiner Nationalmannschaft antrat, als klarer Außenseiter. Dass selbst der ÖFB nicht an das Team glaubte, die man bestenfalls als „dritte Garnitur“ abtat, bewies die Tatsache, dass vom Verband bereits vor dem Anpfiff der Rückflug nach Wien gebucht wurde.

Die Heimmannschaft wurden von über 70.000 Fans schlagkräftig unterstützt und ging erwartungsgemäß mit einer 3:2-Führung in die Halbzeit. Die österreichische Olympiamannschaft bot in der zweiten Hälfte jedoch eine kämpferische Großleistung und vermochte das Spiel noch zu drehen und die Finnen im Finish mit 4:3 niederzuringen. Überragender Mann im rot-weiß-roten Team war Otto Gollnhuber, der zwei Treffer erzielte. Die weiteren Tore steuerten Stumpf und Grohs bei. Für die Finnen trafen Stolpe (2) und Rytkönen.

Österreich – Finnland 4:3 (2:3)
Daten 28. Amateur-Länderspiel am 19. Juli 1952 im Olympiastadion, Helsinki
Österreich Nikolai – Kollmann, Krammer – Walter, Wolf, Fendler – Stumpf, Hochleitner, Grohs, Feldinger, Gollnhuber
Finnland Laaksonen – Lindman, Myntti – Asikainen, Valkama, Beijar – Aihela, Rytkönen, Rikberg, Lehtovirta, Stolpe
Tore Gollnhuber (2), Grohs, Stumpf; Stolpe (2), Rytkönen

Viertelfinale

Im Viertelfinale traf Österreich auf Schweden, die sich zuvor gegen Norwegen mit 4:1 durchgesetzt hatten. Die Schweden, die ebenfalls mit ihrer Nationalmannschaft antraten, galten wiederum als hoher Favorit vor dem Spiel. Das rot-weiß-rote Team trat in derselben Aufstellung wie gegen Finnland auf und ging bereits in der ersten Halbzeit durch ein Tor des Grazer Stürmers „Tscharry“ Grohs sensationell mit 1:0 in Führung. In der zweiten Hälfte wurden die Schweden allerdings stärker und griffen fast pausenlos an. Bis zur 80. Minute hielten die Österreicher den knappen Vorsprung, mussten sich aber nach drei Toren durch Sandberg, Brodd und Rydell in den letzten zehn Spielminuten doch noch mit einer 1:3-Niederlage abfinden.

Während das österreichische Team, das sich schon auf das Zusammentreffen mit dem ungarischen „Wunderteam“ rund um Ferenc Puskás und Sándor Kocsis im Semifinale freute, damit nur den siebten Platz belegte, sicherten sich die Skandinavier im weiteren Turnierverlauf die Bronzemedaille.

Österreich – Schweden 1:3 (1:0)
Daten 29. Amateur-Länderspiel am 23. Juli 1952 im Pallokenttä, Helsinki
Österreich Nikolai – Kollmann, Krammer – Walter, Wolf, Fendler – Stumpf, Hochleitner, Grohs, Feldinger, Gollnhuber
Schweden Svensson – Samuelsson, Nilsson – Hansson, Gustavsson, Lindh – Bengtsson, Lofgren, Rydell, Brodd, Sandberg
Tore Grohs; Sandberg, Brodd, Rydell

Nachwirkungen

Von der österreichischen Olympia-Mannschaft schafften Walter Kollmann, Herbert Grohs und Otto Gollnhuber später den Sprung in die Profi-Nationalmannschaft. Kollmann nahm sogar an zwei Weltmeisterschaften für Österreich teil. „Joschi“ Walter machte sich später als Trainer sowie vor allem als Funktionär der Wiener Austria einen Namen. Einige Spieler kamen mit ihren Vereinen in die Nationalliga oder wurden von Vereinen aus dieser Liga verpflichtet, die anderen Fußballer verschwanden rasch wieder aus dem öffentlichen Interesse und sind heute in Österreich weitgehend unbekannt.

Literatur

  • Karl Kastler: Fußballsport in Österreich. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Trauner, Linz 1972, ISBN 3-85320-111-3.
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