Plattfische

Steinbutt (Scophthalmus maximus)

Systematik
Acanthomorphata
Stachelflosser (Acanthopterygii)
Barschverwandte (Percomorphaceae)
Carangaria
Ordnung: Carangiformes
Teilordnung: Plattfische
Wissenschaftlicher Name
Pleuronectoideo
Bleeker, 1859

Die Plattfische (Pleuronectoideo) sind eine Gruppe der Echten Knochenfische (Teleostei), die durch ihren besonderen, an eine benthische Lebensweise auf dem Gewässergrund angepassten Körperbau auffällt. Ausgewachsene Plattfische sind seitlich stark abgeflacht und, da beide Augen auf derselben Körperseite liegen, asymmetrisch gebaut. Zu den Plattfischen zählen zahlreiche Speisefische wie Scholle, Steinbutt, Heilbutt, Flunder und Seezunge.

Verbreitung

Plattfische kommen in allen Meeren vor, sowohl in den Tropen als auch in gemäßigten Zonen. Viele Arten sind auch in kalten Gewässern, selbst in den Polarmeeren, vertreten. Die meisten Arten leben im Pazifik. Lebensraum sind vor allem Sand-, Kies- und Steingründe an den Kontinentalabhängen in flachem Wasser, einige Arten kommen aber auch in der Tiefsee vor. Einige Plattfischarten leben auch im Süßwasser. Süßwasserarten gibt es unter den Amerikanischen Seezungen (Achiridae), den Hundszungen (Cynoglossidae), den Scheinbutten (Paralichthyidae), den Schollen (Pleuronectidae), den Südpazifischen Flundern (Rhombosoleidae), den Steinbutten (Scophthalmidae) und den Seezungen (Soleidae). Einige Süßwasserarten sind hauptsächlich im Süßwasser beheimatet, haben aber auch die Fähigkeit, im Brackwasser und im Meer zu leben. Weitere zwanzig in erster Linie marine Arten suchen auch Süßgewässer auf.

Merkmale

Der Körper der Plattfische ist bei den erwachsenen Tieren scheiben- oder rautenförmig und seitlich stark abgeplattet. Die Oberseite ist pigmentiert und kann an den Untergrund farblich angepasst werden. Sie ist mit kleinen Kammschuppen, seltener mit Rundschuppen oder tuberkelförmigen Schuppen bedeckt. Die Unterseite (Blindseite) ist meist weißlich und in den meisten Fällen mit schwachen Rundschuppen bedeckt. Plattfische erreichen Längen von wenigen Zentimetern bis über drei Meter. Die Anzahl ihrer Wirbel liegt bei 27 bis 70.

Beide Augen befinden sich auf der gefärbten Oberseite. Als Larven haben Plattfische noch eine bilateral-symmetrische Körperform und schwimmen aufrecht im offenen Wasser. Im Laufe des Wachstums, meist bei einer Länge zwischen 10 und 25 mm, wandert ein Auge vor der Rückenflosse vorbei oder durch deren Basis hindurch auf die spätere obere Körperseite und kommt dann in einer Knochenhöhle zwischen Frontalia und Präfrontalia zum Stillstand. Die Schädelknochen sowie die äußeren Nasenöffnungen verschieben sich in dieselbe Richtung. Auch Muskeln und Nerven, das protraktile (vorstülpbare) Maul, die Bezahnung und die paarigen Flossen sind an dieser Metamorphose beteiligt. Der Oberkieferrand wird nur vom Prämaxillare gebildet, Basisphenoid und Supramaxillare sind nicht vorhanden.

Das Gehirn bleibt in der ursprünglichen Symmetrieebene. Die Oberseite beginnt eine dunklere Färbung anzunehmen. Das Auge der Butte wandert fast immer auf die linke Seite, bei Schollen und Seezungen meist auf die rechte. Es gibt jedoch auch Arten, bei denen beide Seiten zur Oberseite werden können. Währenddessen flacht auch der Körper ab, und bei den meisten Arten bildet sich die Schwimmblase zurück. Die Augen können hoch über die Körperoberfläche hervorragen und ermöglichen so den in den Bodengrund eingegrabenen Fischen, die Umgebung nach Feinden oder Nahrung abzusuchen. Die Kiemenkammern sind miteinander verbunden, so dass auch das Atemwasser, das über die Kiemen der Blindseite geströmt ist, über die Kiemenöffnung der Oberseite ausgestoßen werden kann. Die Anzahl der Branchiostegalstrahlen liegt normalerweise bei sechs oder sieben, selten auch bei acht.

Rücken- und Afterflosse sind saumartig und langgestreckt und werden, abgesehen von den Hartstrahlenflundern, nur von segmentierten Weichstrahlen gestützt. Sie können auch mit der Schwanzflosse zu einem durchgehenden Flossensaum verbunden sein, z. B. bei den Hundszungen. Die Rückenflosse beginnt, außer bei Psettodes, über dem Neurocranium. Die Bauchflossen sind kehlständig und in vielen Fällen, wie auch die Brustflossen, unterschiedlich groß. Die Anzahl der Flossenstrahlen in den Bauchflossen liegt meist bei weniger als sieben. Der Schultergürtel bleibt normalerweise symmetrisch, der Beckengürtel wird reduziert. Das Ende der Schwanzflosse ist meist abgerundet, seltener zugespitzt. Ausgewachsene Plattfische haben, mit Ausnahme der Seezungengattung Monochirus, keine Schwimmblase. Sie schwimmen mit der Blindseite nach unten und bewegen sich mit wellenförmigen Bewegungen des ganzen Körpers fort. Zahlreiche Plattfischarten sind in der Lage mit Hilfe der Flossenstrahlen von Rücken- und Afterflosse über den Untergrund zu laufen.

Lebensweise

Plattfische leben auf dem Gewässergrund und ernähren sich karnivor, meist von bodenlebenden, wirbellosen Tieren. Große Arten wie der Heilbutt und die Psettodes-Arten sind Raubfische, die anderen Fischen nachstellen. Arten mit symmetrischer Maulöffnung und gleichmäßiger Bezahnung jagen eher im freien Wasser, während Arten mit asymmetrischer Mundöffnung und stärkerer Bezahnung auf der Unterseite eher vom Meeresboden fressen.

Plattfische sind ovipar und werden im Alter zwischen einem und 15 Jahren geschlechtsreif. Eier und Larven sind planktonisch. Viele Arten unternehmen zur Nahrungssuche, oder um zum Laichplatz zu gelangen, weite Wanderungen.

Äußere Systematik

Plattfische sind Echte Knochenfische (Teleostei) und gehören innerhalb der Stachelflosser (Acanthopterygii) zu den Barschverwandten (Percomorphaceae). Als taxonomische Gruppe wurden sie im Jahr 1859 durch den niederländischer Ichthyologen Pieter Bleeker eingeführt. Traditionell wurden sie mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Pleuronectiformes im Ordnungsrang geführt. Molekularbiologische Untersuchungen ergaben, dass sie mit den Stachelmakrelenverwandten (Carangoidei), den Riesenbarschen (Latidae), den Schwertfischartigen (Xiphioidea), den Barrakudas (Sphyraenidae), den Schützenfischen (Toxotidae) und anderen früher zu den Barschartigen gezählten Taxa verwandt sind. In einer im Mai 2020 veröffentlichten Revision dieser Gruppe wurden alle Verwandten der Stachelmakrelenverwandten in die Ordnung Carangiformes vereint. Die Revision wurde von der monatlich aktualisierten systematischen Fischdatenbank „Eschmeyer’s Catalog of Fishes“ schon Anfang Juni 2020 so übernommen. Die Plattfische haben jetzt nur noch den Rang einer Teilordnung mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Pleuronectoideo. Zusammen mit ihrer Schwestergruppe, den Fadenflossern (Polynemidae) bilden sie die Unterordnung Polynemoidei innerhalb der Carangiformes.

Innere Systematik

Es gibt über 675 Arten, in 134 Gattungen, 16 Familien und drei Überfamilien. Die Psettodidae sind die ursprünglichste Familie und die Schwestergruppe aller anderen, als Pleuronectoidei bezeichneten Plattfische.

Die vermuteten Verwandtschaftsverhältnisse nach Atta et al. zeigt folgendes Kladogramm:

 Plattfische 
 Psettodoidei 

Hartstrahlenflundern (Psettodidae)


 Pleuronectoidei 
 Citharoidea 

Leierplattfische (Citharidae)


   
 Soleoidea 

Amerikanische Seezungen (Achiridae)


   

Kamm-Flundern (Samaridae)


   

Poecilopsettidae


   

Hundszungen (Cynoglossidae)


   

Seezungen (Soleidae)






 Pleuronectoidea 

Steinbutte (Scophthalmidae)


   


Paralichthodidae


   

Oncopteridae


   

Südflundern (Achiropsettidae)


   

Südpazifische Flundern (Rhombosoleidae)





   


Cyclopsettidae


   

Butte (Bothidae)



   

Scheinbutte (Paralichthyidae)


   

Schollen (Pleuronectidae)









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Stammesgeschichte

Plattfische sind spätestens aus der erdgeschichtlichen Periode des Eozän bekannt, die vor etwa 55 Millionen Jahren begann. Die fossilen Gattungen Amphistium und Heteronectes aus dem Eozän Europas gelten als Mosaikformen, bei der sich die Augen der erwachsenen Tiere noch dauerhaft auf beiden Körperseiten befanden, eines jedoch bereits sehr weit oben nahe der Rückenmitte. Eine weitere Gattung aus dem Eozän ist Eobothus, die unter anderem in der norditalienischen Monte-Bolca-Formation gefunden wurde und die bereits der Familie der Butte zugeordnet wird. Aus dem Miozän stammt Scophthalmus heckeli aus der Familie der Steinbutte und die in Unterkirchberg gefundene Seezunge Solea kirchbergeana. Die Schollen sind fossil mit der Gattung Liopsetta aus dem Pliozän von Sachalin bekannt.

Literatur

  • Kurt Fiedler: Fische (= Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Bd. 2: Wirbeltiere. Tl. 2). Gustav Fischer, Jena 1991, ISBN 3-334-00338-8.
  • Arno Hermann Müller: Lehrbuch der Paläozoologie. Band 3: Vertebraten. Teil 1: Fische im weiteren Sinne und Amphibien. 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Gustav Fischer, Jena u. a. 1985, ISBN 3-334-00222-5.
  • Joseph S. Nelson: Fishes of the World. 4th edition. John Wiley & Sons, Hoboken NJ u. a. 2006, ISBN 0-471-25031-7.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 Matthew A. Campbell, Bruno Chanet, Jhen‐Nien Chen, Mao‐Ying Lee, Wei‐Jen Chen (2019): Origins and relationships of the Pleuronectoidei: Molecular and morphological analysis of living and fossil taxa. Zoologica Scripta, 48: 640–656. doi: 10.1111/zsc.12372
  2. Peter Wirtz, John Davenport Bruna & Chanet: Further investigations on fincrawling in flatfishes (Teleostei: Pleuronectiformes): phylogenetic implications. Cah. Biol. Mar. (2023) 64 : 219 - 227 DOI: 10.21411/CBM.A.3CA87B1E
  3. Ricardo Betancur-R, Edward O. Wiley, Gloria Arratia, Arturo Acero, Nicolas Bailly, Masaki Miya, Guillaume Lecointre und Guillermo Ortí: Phylogenetic classification of bony fishes. BMC Evolutionary Biology, BMC series – Juli 2017, DOI: 10.1186/s12862-017-0958-3
  4. 1 2 Matthew G. Girard, Matthew P. Davis, W. Leo Smith: The Phylogeny of Carangiform Fishes: Morphological and Genomic Investigations of a New Fish Clade. Copeia, 108(2):265-298 (2020). doi: 10.1643/CI-19-320
  5. Eschmeyer’s Catalog of Fishes: Species by Family/Subfamily
  6. 1 2 Calder J. Atta, Hao Yuan, Chenhong Li, Dahiana Arcila, Ricardo Betancur-R, Lily C. Hughes. Guillermo Ortí, Luke Tornabene: Exon-capture data and locus screening provide new insights into the phylogeny of flatfishes (Pleuronectoidei). Molecular Phylogenetics and Evolution, September 2021, 107315, doi: 10.1016/j.ympev.2021.107315
  7. Matt Friedmann: The evolutionary origin of flatfish asymmetry. In: Nature. Bd. 454, Nr. 7201, 2008, S. 209–212, doi:10.1038/nature07108.
  8. Karl Albert Frickhinger: Fossilien-Atlas Fische. Mergus – Verlag für Natur- und Heimtierkunde Baensch, Melle 1991, ISBN 3-88244-018-X.
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