Polymernetzwerke sind dreidimensional miteinander verknüpfte Polymerketten. Die Ketten sind über Vernetzungspunkte miteinander verknüpft.

Unterscheidung nach Typen der chemischen Bindung

Dabei lassen sich je nach chemischer Bindung drei verschiedene Grundtypen unterscheiden:

  • permanente Netzwerke: Die Ketten sind über chemische Vernetzungspunkte verbunden, meist Sigma-Bindungen. Ein Lösen und Wiederbilden von Vernetzungsstellen ist hier nicht möglich. Der Begriff Polymernetzwerk bezeichnet strenggenommen nur diesen Typ;
  • temporäre chemische Netzwerke: Die Ketten sind über schwächere chemische Bindungen miteinander verbunden, die nicht permanent sind, weil die Bindung relativ schwach ist. Typische Beispiele hierfür sind Wasserstoffbrückenbindungen und Interaktionen zwischen Kationen und polaren organischen Gruppen. Diese unterscheiden sich von Ersteren durch die Tatsache, dass die Verbindungsstellen sich dynamisch trennen und wieder verbinden können. Dadurch sind die Materialien im Gegensatz zu Ersteren plastisch verformbar und haben häufig Selbstheilungseigenschaften. Technisch werden diese Materialien als Ionomere angewendet.
  • temporäre physikalische Netzwerke: Die Ketten sind nicht chemisch, sondern nur physikalisch miteinander verbunden. Das geschieht durch Verschlaufung, wobei 2 oder mehr Ketten an einem Punkt miteinander überkreuzt sind und dadurch deren Beweglichkeit einschränkt. Bei dieser Bindungsart werden die Verschlaufungen oberhalb der Glasübergangstemperatur kontinuierlich gebildet und gehen wieder verloren. Unterhalb der Glasübergangstemperatur ist die molekulare Beweglichkeit so gering, dass das Verschlaufungsnetzwerk als permanent angesehen werden kann.

Gelegentlich werden temporäre chemische Netzwerke als physikalische Netzwerke bezeichnet und die temporären physikalischen Netzwerke als Verschlaufungsnetzwerke, so dass hier Verwechslungsgefahr besteht.

Möglichkeiten der chemischen Vernetzung

Chemische Vernetzungen sind im Prinzip eine Polymerisationsreaktion, so dass sich Netzwerke durch Verwendung von trifunktionalen Monomeren bei Polyadditions- und Polykondensationsreaktionen erzeugen lassen. Dies wird zum Beispiel bei Polyurethanschäumen (Bauschaum, Schaumgummi) verwendet, wobei Wasser als Treibmittel dient (Wasser spaltet Teile der Isocyanatgruppen vom Polyurethan ab, was zur Gasentwicklung führt).

Alternativ können auch (meist relativ kurze) Polymerketten durch Vernetzer miteinander verknüpft werden. Dieses Prinzip wird beispielsweise beim Vulkanisieren, der chemischen Reaktion von Schwefel mit Naturkautschuk angewendet, wobei die Ketten mittels kurzer Sulfidbrücken miteinander verbunden werden.

Eine weitere Möglichkeit ist es durch Einbringung von Radikalen, z. B. durch Bestrahlung mit ionisierenden Strahlen, Peroxiden oder großer Hitze, statistische Vernetzungen hervorzubringen. Diese führen dann zu einer Vernetzung des Materials. Ein Beispiel hierfür ist strahlenvernetzes Polyethylen (XPE).

Unterscheidung nach Vernetzungsgrad

  • stark vernetzte Polymere, sog. Duroplast oder Duromere, haben eine sehr hohe Dichte an Vernetzungspunkten, die zu einer hohen Steifigkeit führt. Bei diesen Materialien ist die Glasübergangstemperatur relativ unwichtig, da die Materialien bei dieser nur einen geringen Abfall der Steifigkeit aufweisen. Typische Beispiele sind Kunstharze, z. B. Epoxidharz, Phenolharz, ungesättigtes Polyesterharz. Das Anwendungsgebiet liegt hier bei Strukturbauteilen und Klebstoffen. Vorteile dieser Materialgruppe gegenüber normalen Thermoplasten ist primär die besseren mechanische Festigkeit und die höhere maximale Einsatztemperatur, nachteilig ist die langsamere Verarbeitung sowie die schlechte Rezyklierbarkeit.
  • leicht vernetzte Polymere, die Elastomere, sind gegenüber Duroplasten wesentlich weniger steif und werden in aller Regel weit oberhalb der Glasübergangstemperatur technisch eingesetzt. Diese Gruppe ist umgangssprachlich als Gummi bekannt. Chemisch gesehen sind dies vor allem Naturkautschuk, Styrol-Butadien-Kautschuk, aber auch etliche Fluor- und Chlor-Kautschuke sowie Silikone.
  • unvernetzte Polymere (in der technischen Anwendung werden fast nur verschlaufte Typen verwendet, ansonsten sind die mechanischen Eigenschaften zu schlecht), weisen anders als die beiden vorher genannten Gruppen keine chemischen Bindungen, sondern nur Verschlaufungen auf, so dass sie oberhalb der Glasübergangstemperatur und ggf. der Schmelztemperatur eine stark ausgeprägte Kriechneigung haben und somit in diesem Temperaturbereich nicht technisch verwendbar sind.

Bestimmung der Vernetzungsdichte

In vielen Fällen ist die Frage wie stark ein Material vernetzt ist von großer technischer Bedeutung. Um den Vernetzungsgrad zu bestimmen gibt es eine Methode, die allerdings nur bei Materialien ohne Füllstoffe funktioniert, da diese die Steifigkeit deutlich beeinflussen. Dazu muss die Steifigkeit in Scherung oder Dehnung gemessen werden und aus dem gewonnenen Messwert lässt sich mittels

in die Verschlaufungsdichte n umrechnen, wobei EElastizitätsmodul, GSchubmodul, kBoltzmann-Konstante, 1,38·10−23 J/K, T – Temperatur in Kelvin und n – Verschlaufungsdichte pro Volumeneinheit [1/m³].

Literatur

  • J. D. Ferry, Viscoelastic Properties of Polymers. John Wiley and Sons: New York, 1980.
  • M. R. Tant, K. A. Mauritz, G. L. Wilkes, Ionomers – synthesis, structure, properties and applications. Blackie Academics & Professional: London, 1997.
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