Radio-paging code No. 1 (umgangssprachlich und im Folgenden POCSAG genannt) bezeichnet ein Protokoll für Funkrufdienste, entwickelt von der britischen Post Office Code Standard Advisory Group, deren Kurzwort die umgangssprachliche Bezeichnung des Protokolls ist. Aufbau und Funktionsweise gehen aus der Empfehlung Rec. ITU-R M.584-2 der Internationalen Fernmeldeunion hervor.
Funktionsweise
Ein Funkruf setzt sich immer mindestens aus einer Präambel, einem Synchronwort und einem Batch zusammen. Ein Batch besteht dabei aus acht Frames, und jedes Frame enthält zwei Codewörter.
Die Präambel besteht aus einer 576 Bit langen 1-0 Folge, was der Länge eines Batches + eines Frames (also insgesamt 9 Frames) entspricht. Sie dient dazu, den Empfänger mit dem Funkruf zu synchronisieren.
Ein Synchronwort ist stets 32 Bit lang und dient zur Trennung der Präambel und des ersten Batches bzw. der Batches untereinander. Es ist stets wie folgt zusammengesetzt: 01111100 11010010 00010101 11011000.
Ein Codewort ist ebenfalls 32 Bit lang. Es werden Adress- und Nachrichtenwörter unterschieden, welche sich wie folgt zusammensetzen:
Bit(s) | 1 | 2 bis 19 | 20 bis 21 | 22 bis 31 | 32 |
---|---|---|---|---|---|
Adresswort | Codewortbeschreibung (0 für eine Adresse und 1 für eine Nachricht) | 18 höchstwertige Bits der Adresse | Funktionsbits | Prüfsumme | Paritätsbit |
Nachrichtenwort | Nachricht |
Die Adresse ist 21 Bit lang. Diese wird in einen höchstwertigen Teil (18 Bit) und einen niedrigstwertigen Teil (3 Bit) unterteilt.
Die 18 höchstwertigen Bit werden innerhalb des Adresscodewortes übertragen.
Die drei niedrigstwertigen Bit werden nicht innerhalb der Codewörter übertragen, sondern ergeben sich aus der Position des Adresscodewortes. Zu diesem Zweck sind die acht Frames eines Batches nummeriert (0-7). Diese Nummerierung ergibt genau 3 Bit (23=8).
- Beispiel:
- 18 höchstwertige Bit innerhalb des Adresscodewortes: 100101101001011001.
- Das Adresscodewort ist Teil des Frames Nr. 3. Daraus ergeben sich folgende drei niedrigstwertigen Bit: 011.
- Die 18 höchstwertigen und drei niedrigstwertigen Bit müssen jetzt nur noch zusammengeführt werden, und ergeben folgende Adresse: 100101101001011001011 (1 233 611).
Empfang
Ein Funkmeldeempfänger (kurz: Pager) ist ein kleines Gerät mit einem HF-Empfänger und einem Dekodierer für POCSAG-Signale. Eine andere Möglichkeit POCSAG-Nachrichten anzuzeigen besteht darin, einen Empfänger (z. B. Funkscanner oder Funkgerät) an einen Computer anzuschließen und die Dekodierung mittels Software ausführen zu lassen. Jeder Funkrufdienst hat seine eigene Frequenz und jeder Pager hat seine eigene Adresse, wobei auch eine Gruppenbildung möglich ist.
Nutzung in Deutschland
Im Bereich des BOS-Funk wird POCSAG zur digitalen Alarmierung genutzt. Feuerwehren und Rettungsdienste bekommen hierbei ihre Einsatzaufträge in Textform, mit Angabe des Einsatzortes und -anlass (teilweise mit Geo-Koordinaten) auf den Melder geschickt.
Mit POCSAG ist aber keine bidirektionale Kommunikation mit Rückmeldefunktion wie mit TETRA möglich, die im Bereich Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in den nächsten Jahren angestrebt werden soll. Das bedeutet, dass die Übermittlung nur in eine Richtung erfolgt, also vom Alarmgeber zum Empfänger (Simplex).
Frequenzen
Zur Übermittlung von POCSAG-Nachrichten im BOS-Funk dienen in Deutschland das 2-Meter- und das 70-Zentimeter-Band, wobei die Alarmierung im 2-m-Band auf den entsprechend ausgestatteten Landkreis oder die jeweilige Kreisfreie Stadt begrenzt ist, während die Alarmierung im 70-cm-Band deutschlandweit erfolgt (über rund 800 Sendestationen). Die 2-m-Variante ist die offizielle Variante, welche von Landkreisen und Kreisfreien Städten getragen wird, dort liegt die Verantwortung für das System in einer Hand. Die 70-cm-Variante ist dagegen ein kommerzielles Angebot, so liegt die Verantwortung beim Netzbetreiber.
Die Frequenzen werden von der Bundesnetzagentur vergeben und lauten:
Organisation(en) | Nutzung | Frequenzbereich |
---|---|---|
2-Meter-Band | ||
Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben | In Betrieb | verschiedene Frequenzen im Bereich von 163–174 MHz |
70-Zentimeter-Band | ||
Amateurfunk-Funkrufdienst | In Betrieb | 439,9875 MHz |
Funkrufnetz#TeLMI | 1995–2002 | 448,425 MHz |
e*message/ e*Bos (läuft auf der alten Telmi-Frequenz) | In Betrieb | 448,425 MHz |
Quix | 1995–2000 | 448,475 MHz |
Skyper | 1996–2013 | 465,970 MHz |
Cityruf/Euromessage | keine Angabe | 460,000 MHz |
Scall | Offiziell von 1994 bis 2002, tatsächlich bis 2010 | 466,230 MHz |
Nutzung in Luxemburg
Als Träger der Zivilen Sicherheit ist in Luxemburg das Großherzogliche Korps für Feuerwehr und Rettungsdienst hauptsächlicher Nutzer des von seinem Vorgänger aufgebauten, mittlerweile allerdings an einen privaten Betreiber ausgelagerten Alarmierungsnetzes, welches ebenfalls durch die Polizei zur Alarmierung ihrer eigenen Einheiten als auch des diensthabenden Untersuchungsrichters genutzt wird.
Nutzung in Österreich
In Österreich unterscheidet sich die Art der Alarmierung der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben je nach Bundesland.
Wien und Niederösterreich
Für die Bundeshauptstadt Wien und Niederösterreich ist seit dem Jahr 2004 neben dem ebenfalls parallel eingesetzten TETRA-Funk ein flächendeckendes Pagernetz mit POCSAG-Protokoll aufgebaut und wird von 144 Notruf Niederösterreich unter dem Namen pagernetz.at als Alarmierungsmittel für die Rettungsmittel inklusive der Hubschrauber oder First Responder sowie der Feuerwehren betrieben.
Vorarlberg
Im Bundesland Vorarlberg wird von der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle (RFL) ein Pagernetz betrieben, mit dem alle Organisationen und Behörden mit Sicherheitsaufgaben flächendeckend alarmiert und informiert werden können.
Salzburg
Im Bundesland Salzburg wird seit 2002 vom Roten Kreuz Salzburg ein Pagernetz für die Alarmierung verwendet.
Software zum Dekodieren von POCSAG-Nachrichten
Programm | Grundlage | Lizenz |
---|---|---|
BosMon | Windows | kostenlos & kommerziell |
BOS2Web | Apache / MYSQL | kommerziell |
FMS32/FMS32pro | Windows | kommerziell |
FMS Crusader | Java Runtime Environment | kommerziell |
monitor | Linux | Vorgänger von monitord |
monitord | Windows / Linux | Open Source unter GPL (v3) |
MultimonNG | Multiplattform (Windows, Linux, Mac, u. A.) | Open Source unter GPL (v2) |
OpenPoc | Windows/Linux | GNU General Public License (GPL) |
PDW | Windows | Open Source unter GPL (v3) |
Poc32 | Windows | Open Source unter GPL (v3) |
Radio Operator | Windows | kommerziell (GPL-Verletzung) |
soRFmon | Windows | Freeware |
pocsag-mrt | GNU Radio | Open Source unter GPL |
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ RECOMMENDATION ITU-R M.584-2 CODES AND FORMATS FOR RADIO PAGING. (PDF; 140 kB) (Question ITU-R 12/8). In: www.itu.int. International Telecommunication Union (ITU), 1997, abgerufen am 13. April 2023.
- ↑ Unübertroffene Erreichbarkeit. Abgerufen am 12. Juni 2021.
- ↑ Réponse de Monsieur le Ministre de l'Intérieur et de l'Aménagement du Territoire à la question parlementaire No 2327 de Monsieur le Député Marc Spautz concernant le système d'alerte de l'Administration des services de secours. Abgerufen am 10. Oktober 2022 (Antwort des Herrn Ministers des Innern und für Raumplanung auf die parlamentarische Anfrage No 2327 des Herrn Abgeordneten Marc Spautz betreffend das Alarmierungssystem der Verwaltung der Rettungsdienste).
- ↑ Corps Grand-Ducal d'Incendie et de Secours – Règlement opérationnel arrêté par le conseil d'administration du 28 juin 2018 comme prévu par la loi du 27 mars 2018 portant organisation de la sécurité civile. Abgerufen am 2. Februar 2021 (Großherzogliches Korps für Feuerwehr und Rettungsdienst – Einsatzordnung, erlassen duerch den Verwaltungsrat des 28. Juni 2018 in Anwendung des Gesetzes vom 27. März 2018 über die Zivile Sicherheit).
- ↑ Das Alarmierungsnetz für Niederösterreich. In: pagernetz.at. NOTRUF NÖ GMBH, abgerufen am 13. April 2023.
- ↑ pagernetz.at abgerufen am 8. November 2010
- ↑ Alarmierung quo vadis (Memento vom 10. November 2013 im Internet Archive) (PDF; 108 kB) pagernetz.at; abgerufen am 27. April 2013
- ↑ Funk- und Alarmierungsnetz im LFV Vorarlberg abgerufen am 6. Mai 2019