Die St.-Georg[s]-Kapelle (tschechisch: Rotunda svatého Jiří a svatého Vojtěcha, auch Rotunda na Řípu) ist eine romanische Kapelle aus dem 12. Jahrhundert auf dem Berg Říp (Georgsberg) bei Roudnice nad Labem (Raudnitz) im Okres Litoměřice in Tschechien. Das Gotteshaus ist mit dem Doppelpatrozinium des heiligen Georg (eines der 14 Nothelfer) und des heiligen Adalbert von Prag versehen.

Architektur

Die architektonische Gestaltung der Kapelle ist einfach und klar. Auch wenn in der tschechischen Bezeichnung von einer Rotunde die Rede ist, so handelt es sich doch um drei zylindrische Strukturen, die in einer Achse nebeneinander angeordnet sind und das Gebäude funktional gliedern: Glockenturm, Hauptraum und Altarraum. Die letztgenannten beiden Rotunden überschneiden sich. Der Kirchenraum wurde früher durch ein im Glockenturm befindliches, inzwischen jedoch nicht mehr vorhandenes Portal betreten. Es wurde durch ein Portal an der Südseite des Hauptraumes ersetzt.

Geschichte

Im Jahr 1039 gelangte ein Teil der als Reliquien verehrten Gebeine des hl. Adalbert nach Prag. Vermutlich in Zusammenhang wurde eine erste, wohl hölzerne, Kapelle auf dem heutigen Georgsberg errichtet, wobei der Grundriss im Wesentlichen dem des heutigen Baues entsprach. Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Kapelle 1126, als Herzog Soběslav I. nach der siegreichen Zweiten Schlacht bei Chlumec den Glockenturm vergrößern und das bereits verfallene Gebäude insgesamt neu errichten ließ. Der Neubau wurde durch den Olmützer Bischof Heinrich Zdik geweiht. 1143 übereignete Herzog Vladislav II. den Berg dem neu gegründeten Kloster Strahov. Während der Hussitenkriege gelangte der Berg mit der Kapelle in den Besitz der Vladiken von Cziněves (Tschinowes), die der Kapelle die noch heute vorhandenen zwei Glocken spendeten.

Das Kloster Strahov (Strahow), das seit 1515 wieder Besitzer des Berges war, verkaufte ihn 1577 an Wilhelm von Rosenberg. Als dieser 1592 starb, gelangte die nunmehr dem hl. Georg gewidmete Kapelle mitsamt dem Berg Říp und der umliegenden Herrschaft Raudnitz über Wilhelms Witwe Polyxena durch Heirat an Zdeněk Vojtěch Popel von Lobkowitz. In der Folge wurde das Gotteshaus zu einem beliebten Wallfahrtsort.

1826 wurde die Kapelle anlässlich der 700-Jahr-Feier der Zweiten Schlacht bei Chlumec umgebaut. Weitere Umbauten erfolgten zwischen 1869 und 1881, wobei das Gotteshaus weitgehend sein heutiges Aussehen erhielt. Das auf der (westlich gelegenen) Stirnseite des Glockenturms gelegene ursprüngliche Portal wurde zugemauert und stattdessen ein neues an der Südseite der großen Rotunde eingebaut, die außerdem größere Fenster erhielt. Zugleich erhielt das Gebäude einen glatten Außenputz, und das steinerne Dach wurde durch eine Zementeindeckung ersetzt. Im Innern des Bauwerkes wurde 1870 eine von dem Prager Bildhauer Bernhard Otto Seeling (1850–1895) geschaffene Skulptur aufgestellt, die den Kampf des hl. Georg mit dem Drachen darstellt.

Im – mittlerweile stark umstrittenen – Bestreben, die Kapelle zu „re-romanisieren“, wurden die Umbauten des 19. Jahrhunderts in den 1960er Jahren teilweise wieder zurückgebaut bzw. nochmals Veränderungen angebracht, denen auch der älteste Teil des romanischen Mauerwerks zum Opfer fiel. Anschließend machte der Staat die Kapelle zur nationalen Gedenkstätte. Nach der Samtenen Revolution 1989 wurde sie an die römisch-katholische Kirche zurückgegeben.

1890 wurde eine Messung des Basaltmagnetismus auf dem Berg durch Mitglieder der Internationalen Erdmessungs-Kommission durchgeführt. Deren Ergebnisse wurden in die steinernen Fußbodenplatten der Kapelle eingemeißelt.

Gegenwärtige Nutzung

Die St.-Georgs-Kapelle wird von der römisch-katholischen Pfarrei Mariä Geburt (vormals Stiftskirche des Augustiner-Chorherrenstifts Raudnitz) betreut. Im Sommer werden jeden ersten Sonntag im Monat Heilige Messen gefeiert. An den Namenstagen des hl. Adalbert (tschechisch Vojtěch; 23. April) und des hl. Georg (Jiří; 24. April) wird zur Georgsberg-Wallfahrt eingeladen. Während des Sommerhalbjahres ist der Bau für die Öffentlichkeit zugänglich.

Rings um die Kapelle hat sich inzwischen ein dichter Baumbewuchs gebildet, so dass die Kapelle nicht mehr – wie in Abbildungen des 19. Jahrhunderts zu sehen – von weither als prominente Landmarke erkennbar ist.

Commons: Rotunde Říp – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Jan Hirschbiegel, Anna Paulina Orlowska, Jörg Wettlaufer: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. In: Werner Paravicini (Hrsg.): Residenzenforschung. Band 15.IV Teilband 2. Jan Thorbecke Verlag, 2012, ISBN 978-3-7995-4525-9, S. 927 (adw-goe.de [PDF]).
  2. Zdeněk Kučera: Historický atlas Euroregionu Elbe/Labe. Historischer Atlas der Euroregion Elbe/Labe. Hrsg.: Euroregion Elbe/Labe. Europäische Union. Europäischer Fonds für regionale Entwicklung. 2022, ISBN 978-80-11-00449-1, S. 16 (tschechisch/deutsch).
  3. Vybrané kapitoly z dějin české a evropské architektury. Abgerufen am 4. Oktober 2023 (tschechisch).
  4. Historie - Hora Říp. (Nicht mehr online verfügbar.) 22. Januar 2012, archiviert vom Original am 16. Oktober 2014; abgerufen am 4. Oktober 2023 (tschechisch).
  5. „Eiusdem etiam temporis curriculo capella in monte Rzip nuncupator. Sobezlaus dux serenissimus destructam reconstruxit, quam Zdik, sanctae Olomucensis ecclesiae venerabilis episcopus, pristino dotis iuri restauratam cum summ recerentia consecravit.“ – Rudolf Köpke: Cosmae chronica Boemorum; in: Georg Heinrich Pertz (Hrsg.): Chronica et annales aevi Salici. Monumenta Germaniae Historica 11. Scriptores 9. Hahn-Verlag, Hannover 1851, Unveränderter Nachdruck Hiersemann-Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-7772-6313-3, S. 1–209, 843–846, hier S. 133 Z. 31–33. Online-edition
  6. Seeling, Bernhard Otto. In: Benezit Dictionary of Artists. Oxford University Press, 31. Oktober 2011, abgerufen am 6. Juni 2023 (englisch).
  7. Miloš Solař: Dějiny a současnost, Proč jsou důležité povrchové úpravy historických staveb. Abgerufen am 4. Oktober 2023 (tschechisch).

Koordinaten: 50° 23′ 11,2″ N, 14° 17′ 22,3″ O

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