Ein Ochsenauge (französisch œil-de-bœuf), auch Rundfenster oder Oculus (lat. für „Auge“), ist eine seit der Antike bekannte, sowohl in der Romanik als auch in der Gotik wiederaufgenommene Fensterform, die später vor allem im Barock und Jugendstil verbreitet war: Ein kreisrundes oder ovales Fenster, das meist dekorativ über Portalen oder im Giebelbereich eingesetzt wird. Auch Blendfenster sind oft in dieser Form ausgeführt. Kreisrunde Fenster mit einer steinernen Maßwerkfüllung nennt man dagegen Rosenfenster, deren romanische und frühgotische Vorläufer mit Füllung in Form eines Speichenrades Radfenster. In den meisten Sprachen werden auch Radfenster als Rosenfenster (rose window, rosacee) bezeichnet.
Als Oculus werden auch die kreisrunden Öffnungen in Kuppelgewölben der Glockentürme mittelalterlicher Kirchengebäude bezeichnet, durch die die Glocken vertikal transportiert werden konnten, wie auch Baumaterial und Gerätschaften zur Errichtung und späteren Wartung der Turmbauten. Oculi dieser Art werden auch als Kuppelauge bezeichnet (vgl. Opaion). Die Öffnung wird manchmal dekorativ eingefasst, etwa in Form von achtpässigem Maßwerk.
Die Verbreitung beschränkt sich nicht nur auf die kirchliche Baukunst. So lässt sich diese Fensterform In der Spätromanik auch im Bereich der säkularen Baukunst an Kastellen Kaiser Friedrichs II. von Hohenstaufen nachweisen (Castel del Monte, Palazzo San Gervasio, am Donjon im Kastell von Lucera u. a.), später auch im Schloss- und Villenbau der Renaissance und des Barocks.
Auch im Fachwerkbau kommen Ochsenaugen als runde oder ovale Fensterformen vor (Gaubenfenster).
- Speyerer Dom, Oculus in der romanischen St.-Afra-Kapelle
- St.-Matthäus, Rodenkirchen, friesisches Stadland, vor 1250, Ochsenauge im dünnwandigen Giebeldreieck
- Dreieinigkeitskirche, Regensburg, 1630–1650, Ochsenaugen unter der Empore
- Drei Okuli im Giebelbereich eines Doppelhauses in Augsburg
- Ochsenaugen im Hauptgesims und in der Kuppel der Frauenkirche Dresden
- Stephanskirche Lindau