Der Saigoku-Pilgerweg (japanisch 西国三十三所 saigoku sanjūsansho; deutsche Übertragung: „Pilgerweg entlang der 33 (Kannon geweihten heiligen) Orte in den westlichen Landen“) ist ein wichtiger buddhistischer Pilgerweg (Junrei) in der japanischen Region Kansai, den „westlichen Landen“. Er ist neben dem Shikoku-Pilgerweg der älteste und populärste Pilgerweg Japans und etwa 1300 km lang. Verbindendes Element der nummerierten Tempel sind Statuen der Kannon, einer weiblichen Inkarnation des Bodhisattvas Avalokiteshvara, die als Hauptbildnisse in den Tempeln verehrt werden.

Geschichte

Der Überlieferung nach geht der Pilgerweg auf den Mönch Tokudo Shōnin zurück. Dies ist jedoch geschichtlich nicht haltbar, da viele Tempel erst nach dem Tod des Mönchs gegründet wurden. Auch die Verknüpfung mit Kaiser Kazan als Begründer des Pilgerwegs ist historisch nicht belegbar.

Der erste historische Nachweis einer Pilgerreise entlang der 33 Tempel stammt aus dem 12. Jahrhundert vom Mönch Kakuchu. Er findet sich in der Gedichtsammlung Senzai-wakashū (1187). Tempel wie der Hase-dera, der Ishiyama-dera und der Kiyomizu-dera waren jedoch schon zuvor beliebte Ziele von Pilgerreisenden.

Bis ins 16. Jahrhundert reisten vornehmlich Adlige, Nonnen und Mönche entlang des Saigoku-Pilgerwegs. Dies änderte sich mit der Edo-Zeit, als der Pilgerweg auch in der breiten Bevölkerung sehr populär wurde. Dieses gewachsene religiöse und touristische Interesse wurde wegen der allgemeinen Befriedung Japans und der verbesserten Verkehrsverbindungen möglich.

Ablauf

Wichtigstes Anliegen der Pilgerreise ist das Gebet vor der Hauptstatue Kannons. Viele Pilger singen dabei auch das für einen jeden Tempel vorgesehene Tempellied (go-eika). Allerdings betet man meistens vor einer Stellvertreter-Figur, da die Mehrzahl der verehrten Tempel-Bildnisse sogenannte verborgene Buddhas (hibutsu) darstellen. Neben dem Gebet im Haupttempel ist die Bestätigung des Besuchs im Tempelbüro eine wesentliche Tätigkeit. Die Tempelstempel und Kalligrafien werden in einem Buch oder auf einer Bildrolle gesammelt.

Häufig werden auch Sehenswürdigkeiten in der näheren Umgebung des Tempels besucht. Während früher der Pilgerweg zumeist zu Fuß bewältigt wurde, sind Wanderer heute in der Minderzahl. So zeigt eine moderne, allerdings nicht repräsentative Erhebung, dass 51 % aller Pilger mit dem eigenen Pkw unterwegs sind, während 40 % mit dem Bus oder der Bahn reisen. Nur eine kleine Minderheit wandert oder fährt mit dem Rad.

Die 33 Tempel

Nr.TempelOrt, PräfekturHauptbildnis (honzon)Bild
1Seiganto-ji (青岸渡寺)Nachi-Katsuura, WakayamaKannon mit wunscherfüllendem Juwel
2Kimii-dera (紀三井寺)Wakayama, Wakayamaelfköpfige Kannon
3Kokawa-dera (粉河寺)Kinokawa, Wakayama„tausendarmige“ Kannon
4Sefuku-ji (施福寺)Izumi, Osaka„tausendarmige“ Kannon
5Fujii-dera (葛井寺)Fujiidera, Osakaelfköpfige, „tausendarmige“ Kannon
6Tsubosaka-dera (壺阪寺)Takaichi, Nara„tausendarmige“ Kannon
7Oka-dera (岡寺)Asuka, NaraKannon mit wunscherfüllendem Juwel
8Hase-dera (長谷寺)Sakurai, Naraelfköpfige Kannon
9Kōfuku-ji (興福寺)Nara, Naraseilschwingender Kannon
10Mimuroto-ji (三室戸寺)Uji, Kyōto„tausendarmige“ Kannon
11Kami-Daigo-ji (上醍醐寺)Kyōto, KyōtoMutter-Kannon
12Iwama-dera (岩間寺)Ōtsu, Shiga„tausendarmige“ Kannon
13Ishiyama-dera (石山寺)Ōtsu, ShigaKannon mit wunscherfüllendem Juwel
14Mii-dera (三井寺)Ōtsu, ShigaKannon mit wunscherfüllendem Juwel
15Imakumano Kannon-ji (今熊野観音寺)Kyōto, Kyōtoelfköpfige Kannon
16Kiyomizu-dera (清水寺)Kyōto, Kyōto„tausendarmige“ Kannon
17Rokuharamitsu-ji (六波羅蜜寺)Kyōto, Kyōtoelfköpfige Kannon
18Rokkaku-dō (六角堂)Kyōto, KyōtoKannon mit wunscherfüllendem Juwel
19Gyōgan-ji (行願寺)Kyōto, Kyōto„tausendarmige“ Kannon
20Yoshimine-dera (善峯寺)Kyōto, Kyōto„tausendarmige“ Kannon
21Anao-ji (穴太寺)Kameoka, Kyōtoheiliger Kannon
22Sōji-ji (總持寺)Ibaraki, Osaka„tausendarmige“ Kannon
23Katsuō-ji (勝尾寺)Minoo, Osakaelfköpfige, „tausendarmige“ Kannon
24Nakayama-dera (中山寺)Takarazuka, Hyōgoelfköpfige Kannon
25Kiyomizu-dera (清水寺)Katō, Hyōgoelfköpfige, „tausendarmige“ Kannon
26Ichijō-ji (一乗寺)Kasai, Hyōgoheiliger Kannon
27Engyō-ji (圓教寺)Himeji, HyōgoKannon mit wunscherfüllendem Juwel
28Nariai-ji (成相寺)Miyazu, Kyōtoheiliger Kannon
29Matsunoo-dera (松尾寺)Maizuru, Kyōtopferdeköpfiger Kannon
30Hōgon-ji (宝厳寺)Chikubushima, Shiga„tausendarmige“ Kannon
31Chōmei-ji (長命寺)Ōmihachiman, ShigaDrei Hauptbildnisse: „tausendarmige“ Kannon, elfköpfige Kannon, heilige Kannon
32Kannonshō-ji (観音正寺)Azuchi, Shiga„tausendarmige“ Kannon
33Kegon-ji (華厳寺)Ibigawa, Gifuelfköpfige Kannon

Daneben gibt es drei weitere Tempel, die nicht als offizielle Stationen gelten, aber von vielen Pilgern mit besucht werden. Zusammen mit den 33 Tempeln des Bandō-Pilgerwegs in der Kantō-Region und den 34 Tempeln des Chichibu Sanjūyon bildet der Saigoku-Pilgerweg eine 100 Stationen umfassende Strecke von Kannon gewidmeten Tempeln in Japan.

Literatur

  • Patricia Frame Rugola: The Saikoku Kannon Pilgrimage Route. Dissertation, Ohio State University, 1986.
  • Valeria Jana Schwanitz und August Wierling: Saigoku – Unterwegs in Japans westlichen Landen. Manpuku-Verlag, Potsdam 2012.
  • Cees Nooteboom und Simone Sassen: Saigoku – Pilgerweg der 33 Tempel bei Kyoto. Schirmer/Mosel, München 2013.
Commons: Saigoku Pilgerweg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Mark MacWilliams: Old and New Images of Retired Emperor Kazan in the Saigoku Kannon Temple Guidebooks. In: History of Religions. 34, 1995, S. 303.
  2. Steven E. Gump: Mythologies and Miracles: The Saikoku and Peregrinogenesis. In: Southeast Review of Asian Studies. 27, 2005, S. 102.
  3. Carmen Blacker: The Religious Traveller in the Edo Period. In: Modern Asian Studies. 18, 1984, S. 593.
  4. Ian Reader: Religion in contemporary Japan. University of Hawaii Press, Honolulu 1991.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.