Gewöhnliche Teichbinse | ||||||||||||
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Gewöhnliche Teichbinse (Schoenoplectus lacustris) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Schoenoplectus lacustris | ||||||||||||
(L.) Palla |
Die Gewöhnliche Teichbinse (Schoenoplectus lacustris), auch Gewöhnliche Teichsimse oder Grüne Teichbinse genannt, ist eine Pflanzenart innerhalb der Familie der Sauergrasgewächse (Cyperaceae). Sie bildet häufig den Randbereich des Röhrichts zur Wasserseite eines Teiches. Die Bestände der Teichbinse sind oft nicht so geschlossen wie bei anderen typischen Pflanzen der Uferröhrichte.
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Die Gewöhnliche Teichbinse ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen zwischen 80 und 300 (bis 400) Zentimeter erreicht. Diese Wasserpflanze ist mit einem unterirdisch kriechenden, kräftigen Rhizom, das dort die Sedimentation von Bodenteilchen fördert, im weichen Boden verankert. Aus den Rhizomen wachsen aufrechte, schlanke, glatte, unbeblätterte und dunkelgrüne Stängel empor, die zur Fruchtreife oft etwas übergeneigt sind. Sie sind 3 bis 15 Millimeter dick (am Grund bis 50 Millimeter), in der ganzen Länge stielrund oder oberwärts schwach dreikantig, glatt und fast in der ganzen Länge blattlos. In ihrem Inneren befindet sich sehr lockeres, luftiges Markgewebe. Mit diesen vermag die Pflanze anders als Schilf auch unter Wasser zu assimilieren. Die Anlagen zu diesen Luftröhren befinden sich schon im Keimling. Sauerstoff, den die Pflanze produziert, wird nicht an die Luft abgegeben, sondern im Pflanzeninneren behalten. Die Blattscheiden sind sehr lang und braun, die oberen grün. Die Blattspreiten sind meist nur an den oberen Blättern entwickelt; sie sind bis 7 Millimeter breit und bis 20 (bis 45) Zentimeter lang, starr, rinnig oder flach, selten fehlen sie ganz. Manchmal bilden sich auch untergetauchte Bandblätter aus, deren Spreiten bis 80 (bis 150) Zentimeter lang sein können.
Generative Merkmale
Die Blütenstände der Gewöhnlichen Teichbinse entwickeln sich etwas unterhalb der Stängelspitze. Sie bestehen aus zahlreichen Ährchen und bilden eine sogenannte Spirre. Es ist nur ein Spirrenhüllblatt vorhanden; es bildet die Fortsetzung des Stängels und ist 2 bis 11 Zentimeter lang. Die Spirre ist bis 12 Zentimeter breit und besteht aus wenigen bis zahlreichen (bis über 100) Ährchen. Die Spirrenäste sind rau und bis 7 (bis 10) Zentimeter lang. Die Ährchen sind eiförmig oderlänglich, 6 bis 15 Millimeter lang und 2 bis 5 Millimeter breit. Die Spelzen sind rundlich eiförmig bis elliptisch, 4 Millimeter lang und 3 Millimeter breit, braun, rotbraun oder schwarzbraun mit hellerem gewimpertem Rand. Die unscheinbaren und kleinen Blüten bestehen aus borstigen Blütenhüllblättern, drei Staubblättern und einem Fruchtknoten mit langem Griffel und 2 oder 3 fädigen Narben. Die 4 bis 6 hypogynen Borsten sind so lang wie die Frucht oder kürzer und rückwärts rau. Die Früchte sind kleine, nur 2,5 mm lange und 0,13 mg schwere Nüsse. Sie sind dreikantig oder linsenförmig.
Die Chromosomenzahl der Art ist 2n = 42.
Ökologie
Die Gewöhnliche Teichbinse ist ein Rhizom-Geophyt bzw. eine Sumpf- oder Wasserpflanze mit einem kräftigen sympodialen Rhizom. Dieses und der Stängel haben ein Aerenchym. Die zwittrigen Blüten sind windblütig vom „Langstaubfädigen Typ“. Blütezeit ist von Juni bis August.
Aufgrund der bleibenden, rauen Perigonborsten der Nuss-Früchte erfolgt eine Klettausbreitung, z. B. durch Vögel. Die Früchte sind Wintersteher. Fruchtreife ist im Herbst, von September bis Oktober.
Vegetative Vermehrung erfolgt durch die weithin kriechenden Rhizome.
In den Halmen leben die Schmetterlinge Scirpophaga praelata und Chilo cicatricellus vom Mark der Pflanze.
Verbreitung und Lebensraum
Die Gewöhnliche Teichbinse kommt von Europa und dem Mittelmeergebiet bis zur Mongolei vor und im südlichen Afrika. Ihr bevorzugter Lebensraum ist das Röhricht stehender und langsam fließender Gewässer. Der Schlammboden sollte humus- und nährstoffreich sein. Sie ist eine Charakterart des Scirpetum lacustris aus dem Verband Phragmition. Die Teichbinse ist aufgrund ihrer Assimilationstechnik in der Lage, höhere Wasserstände als etwa Schilfrohr oder Rohrkolben zu vertragen. Sie ist vom Tiefland bis in die Bergregionen verbreitet. In den Allgäuer Alpen steigt sie im Tiroler Teil am Haldensee bis zu 1140 m Meereshöhe auf. In Graubünden erreicht sie in der Unterart Schoenoplectus lacustris subsp. lacustris am Untersee von Arosa 1780 Meter.
Taxonomie und Systematik
Die Gewöhnliche Teichbinse wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus 1, S. 48 als Scirpus lacustris erstbeschrieben. Die Art wurde 1888 von Eduard Palla in Botanische Jahrbücher für Systematik, Pflanzengeschichte und Pflanzengeographie Band 10, S. 299 als Schoenoplectus lacustris (L.) Palla in die Gattung Schoenoplectus gestellt.
Man kann die folgenden Unterarten unterscheiden:
- Salz-Teichbinse (Schoenoplectus lacustris subsp. glaucus (Sm.) Bech. (Syn.: Scirpus lacustris subsp. tabernaemontani (C.C. Gmel.) Syme; Scirpus tabernaemontani C.C. Gmel.)): Sie wird von manchen Autoren auch als eigene Art angesehen. Ihre Blüten haben nur 2 Narben. Sie kommt in Eurasien, Amerika und Australien vor und ist nur in Afrika auf die nördlichen Teile beschränkt. Sie steigt in Graubünden am Taraspsee bis 1410 Meter und im Kanton Wallis bei Montana bis 1520 Meter Meereshöhe auf. Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz für diese Unterart: Feuchtezahl F = 4+w+ (nass aber stark wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4 (kollin), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 2 (subozeanisch), Salztoleranz = 1 (tolerant).
- Schoenoplectus lacustris subsp. hippolyti (V.I.Krecz.) Kukkonen: Sie kommt von der Krim bis zum Himalaja und dem fernöstlichen asiatischen Russland vor.
- Schoenoplectus lacustris subsp. lacustris: Ihre Blüten haben 3 Narben. Sie kommt von Europa und dem Mittelmeergebiet bis Afghanistan und im südlichen Afrika vor. Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz für diese Unterart: Feuchtezahl F = 5w (überschwemmt aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental), Salztoleranz = 1 (tolerant).
Nutzung durch den Menschen
Weltweit werden die aufgrund des inneren Luftgewebes sehr leichten Halme genutzt. Aus ihnen wurden und werden beispielsweise Flöße und Boote gebaut. Aufgrund von archäologischen Funden weiß man, dass bereits in der Steinzeit Menschen aus dem biegsamen Stängeln Körbe und Matten herstellten.
Die Art wird zur Gewinnung von Zellulose, zur Uferbefestigung, und zur Neulandgewinnung eingesetzt.
Heute macht man sich die Binse wegen der Sauerstoffabgabe der unteren Stängelteile auch beim Bau von Biologischen Kläranlagen zu Nutze (s. Käthe Seidel). Die Art ist auch als Zierpflanze für Park- und Gartenteiche sowie als Wildgartenpflanze gut geeignet. Die Sorte 'Zebrinus' wird als Zierpflanze verwendet.
Literatur
- Elfrune Wendelberger: Pflanzen der Feuchtgebiete – Gewässer, Moore, Auen. Büchergilde Gutenberg, München 1986, ISBN 3-7632-3265-6 (bzw. BLV-Verlag, ISBN 3-405-12967-2)
- Gerald Thompson, Jennifer Coldry, George Bernard: Der Teich, Kosmos Verlag, Stuttgart 1986, ISBN 3-440-05670-8
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
Einzelnachweise
- 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 Wolfram Schultze-Motel: Familie Cyperaceae. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band II, Teil 1, S. 13, 20–23. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1980, ISBN 3-489-54020-4.
- 1 2 Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001. ISBN 3-8001-3131-5. Seite 161.
- 1 2 3 4 Schoenoplectus lacustris. In: Plants of the World Online. Bereitgestellt durch die Royal Botanic Gardens, Kew, abgerufen am 28. Oktober 2016.
- ↑ Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 231.
- 1 2 P.Jiménez-Mejías & M.Luceño (2011+): Cyperaceae. Datenblatt Schoenoplectus lacustris In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
- ↑ Datenblatt Schoenoplectus tabernaemontani bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
- ↑ Schoenoplectus tabernaemontani (C. C. Gmel.) Palla In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 3. September 2023.
- ↑ Schoenoplectus lacustris (L.) Palla In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 3. September 2023.
Weblinks
- Gewöhnliche Teichbinse. FloraWeb.de
- Gewöhnliche Teichbinse. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Verbreitung auf der Nordhalbkugel aus: Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants 1986, ISBN 3-87429-263-0 bei Den virtuella floran (schwed.)
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Weitere Bilder
- Schoenoplectus lacustris in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2013.2. Eingestellt von: Lansdown, R.V., 2012. Abgerufen am 11. April 2014.