Als Seibel-Reben bezeichnet man eine Gruppe von Rebsorten, die vom französischen Rebzüchter Albert Seibel entwickelt wurden.

Ziel der Züchtungen war es die Widerstandsfähigkeit gegen Frost und Pilzkrankheiten zu verbessern und eine frühe Reife zu erreichen. Ab der raschen Verbreitung der Reblaus die im späten 19. Jahrhundert europaweit den Weinbau bedrohte, sollten sie eine Antwort darauf sein. Die Arbeiten Albert Seibels beschränkten sich dabei auf Kreuzungen von reblausresistenten amerikanischen Reben mit europäischen Rebsorten, den sogenannten französischen Hybridreben. Er kreierte ca. 16.000 Neuzüchtungen, die alle nach dem Züchter benannt und durchnummeriert wurden. Die Nummern starten mit 1 und enden mit 19975, jedoch sind nicht alle Positionen besetzt. Seibel verwendete vor allem zu Beginn seiner Züchtungstätigkeit von dem in die USA ausgewanderten Winzer Hermann Jaeger gezüchtete Hybridreben als Kreuzungspartner. Ca. 500 Rebsorten erlangten gewerblich Bedeutung. Seine kommerziell erfolgreichsten Sorten erhielten später Namen.

Im Jahr 1960 nahmen die Seibel-Reben mehr als 128.000 ha der Rebfläche Frankreichs ein. Das entspricht etwa 5/4 der gesamten Rebfläche Deutschlands. Der US-Amerikaner Philip Wagner brachte ab Beginn der 1940er Jahre viele Rebsorten der Seibel-Gruppe nach Amerika, wo sie an der ganzen Ostküste Verbreitung fanden. Nach dem Verbot von Hybridreben durch die EU wurden die Flächen größtenteils aufgegeben oder gerodet. Mittlerweile sind sie mit Ausnahmen von kleinen Beständen, hauptsächlich in den US-amerikanischen Bundesstaat New York, sowie im kanadischen Ontario und kleinsten Mengen in Europa, verschwunden.

Nachdem die Sorten lange Zeit in Europa fast vergessen waren, besinnt man sich in Zeiten des ökologischen Anbaus auf die Pilzresistenz dieser Rebsorten. Aufgrund dieser Resistenz kann man im Weinberg fast vollständig auf Fungizide verzichten.

Seibel-Reben spielten und spielen heute wieder eine Rolle bei der Neuzüchtung von Rebsorten. So fanden sie beispielsweise Eingang in die erfolgreichsten Züchtungen des Rebzuchtbetriebs Seyve-Villard und wurden für viele Neuzüchtungen der Gruppe der Landot-Reben verwendet.

Seyve-Villard ist ein französisches Rebzuchtunternehmen mit Sitz in Saint-Vallier (Drôme). Der Züchter Bertille Seyve (1864–1939) und sein Schwiegervater und Partner Victor Villard entwickelten Reben, die auf der Hybride Seibel basieren. Die Ergebnisse wurden mit dem Namen dieser Firma (Seyve, Seyval, Seyve-Villard oder Villard) und einer laufenden Nummer benannt. Die bekannteste davon ist die Neuzüchtung Seyval Blanc. Seyve-Villard Hybridreben werden unter anderen als Kreuzungspartner neuer Rebsorten mit hoher Pilzwiderstandsfähigkeit wie zum Beispiel Calardis blanc genutzt.

Liste einiger Seibel-Reben sowie deren kommerziellen Namen

  • Seibel 1: Kreuzung zwischen Jaeger 70 x Cinsault
  • Seibel 2: Kreuzung zwischen Jaeger 70 x (Vitis rupestris x Vitis lincecumii)
  • Seibel 14: Kreuzung zwischen Jaeger 70 x (Vitis rupestris x Vitis lincecumii)
  • Seibel 29: Kreuzung zwischen Jaeger 70 x (Vitis rupestris x Vitis lincecumii)
  • Seibel 85: Kreuzung zwischen Seibel 2 x Aramon Rupestris Ganzin 1
  • Seibel 128: Salvador Noire
  • Seibel 405: Kreuzung zwischen Seibel 14 x Aramon Rupestris Ganzin 1
  • Seibel 452: Kreuzung zwischen Alicante Ganzin x Seibel 1
  • Seibel 572: Kreuzung zwischen Sicilien x Clairette dorée Ganzin
  • Seibel 752: Kreuzung zwischen Sicilien x Clairette dorée Ganzin
  • Seibel 788: Kreuzung zwischen Sicilien x Clairette dorée Ganzin
  • Seibel 793
  • Seibel 867: Kreuzung zwischen Seibel 2003 x Noah
  • Seibel 880
  • Seibel 1000: Rosette
  • Seibel 1020: Flot Rouge
  • Seibel 2003
  • Seibel 2007: Aramon du Gard
  • Seibel 2509
  • Seibel 2510: Cinsaut Seibel
  • Seibel 2524
  • Seibel 2653: Flot d’Or
  • Seibel 2859: Le Bienvenu
  • Seibel 3004
  • Seibel 3011
  • Seibel 4121: Le Plant du Métayer
  • Seibel 4199
  • Seibel 4461
  • Seibel 4595
  • Seibel 4614
  • Seibel 4638 Le Bronzé
  • Seibel 4643 Roi des Noirs
  • Seibel 4646: Le Pourpre
  • Seibel 4825
  • Seibel 4877: 21 de Gléon
  • Seibel 4975
  • Seibel 4986: Rayon d’Or
  • Seibel 5001
  • Seibel 5163
  • Seibel 5279: Aurore
  • Seibel 5455: Plantet
  • Seibel 5487: Le Redessan
  • Seibel 5575: Le Rubis
  • Seibel 5656
  • Seibel 5898: Rougeon
  • Seibel 6339
  • Seibel 6468
  • Seibel 6905: Le Subéreux
  • Seibel 6906
  • Seibel 7053: Chancellor
  • Seibel 8216
  • Seibel 8357: Colobel
  • Seibel 8665
  • Seibel 8745: Seinoir
  • Seibel 9110: Verdelet
  • Seibel 9549: DeChaunac
  • Seibel 10173: Ambror
  • Seibel 10868: Soleil Blanc
  • Seibel 10878: Chelois
  • Seibel 11803: Rubilande
  • Seibel 13053: Cascade
  • Seibel 14514: Dattier précoce de Seibel
  • Seibel 14596: Bellandais

Literatur

  • Pierre Galet: Cépages et vignobles de France. Band 1: Les vignes Américaines. 2. édition, entièrement refondue. Paysan du Midi, Montpellier 1988, ISBN 2-902771-03-7.
  • Pierre Galet: Dictionnaire encyclopédique des cépages. Hachette, Paris 2000, ISBN 2-01-236331-8.
  • Norbert Tischelmayer: Wein-Glossar. 2777 Begriffe rund um den Wein. NP-Buchverlag, St. Pölten u. a. 2001, ISBN 3-85326-177-9.
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