Neben dem Längenwachstum ist für Pflanzen auch das Dickenwachstum von entscheidender Bedeutung. Zum einen bietet ein großer Sprossachsenumfang größere Stabilität, zum anderen kann so eine erhöhte Transportkapazität ermöglicht werden. Es wird zwischen dem primären und dem sekundären Dickenwachstum unterschieden.
Primäres Dickenwachstum
Der Sprossscheitel (das Apikalmeristem) gibt nicht nur Zellen entgegengesetzt zur Wuchsrichtung ab, sondern auch senkrecht dazu, wodurch die Sprossachse ihre primäre horizontale Ausdehnung erhält. Die meisten Zellen, die von Meristemen abgegliedert werden, differenzieren aus, das heißt, sie büßen ihre Teilungsfähigkeit ein. Bei vielen Pflanzen ist also die Breite der Sprossachse schon wenige Millimeter nach der Sprossspitze festgelegt. Dies ist vor allem bei den meisten einkeimblättrigen und einjährigen Pflanzen der Fall. Besonderes Ausmaß erhält das primäre Dickenwachstum bei den Palmen, die ihren endgültigen Durchmesser bereits als Jungpflanzen ausbilden. Hier kommt es jedoch durch die verholzten Blattbasen zu einer zusätzlichen Stabilisierung.
Erstarkungswachstum
Beim Wachstum der Pflanze nimmt häufig auch die Größe des Apikalmeristems zu, was zu einer Verbreiterung der Sprossachse von geringem Ausmaß ohne sekundäres Dickenwachstum (s. u.) führt. Hier spricht man von Erstarkungswachstum. Das Apikalmeristem schrumpft dann jedoch wieder im Übergang zur Blühphase, was zu einer minimal doppelkegelförmigen Gestalt der Sprossachse führt, welche besonders bei Einkeimblättrigen erkennbar ist, da sek. Dickenwachstum diese Gestalt nicht nachträglich verändert.
Sekundäres Dickenwachstum
Für Bäume reicht ein primäres Dickenwachstum weder für ihre Stabilität noch für den Versorgungsanspruch der einzelnen Organe aus. Höhen von über 100 Metern müssen überwunden, Gewichte von mehr als einer Tonne getragen werden. Um solch eine drastische Verstärkung zu erreichen, behalten einige Zellen ihre Teilungsfähigkeit bei. Aus ihnen besteht das Kambium. Dieses sekundäre Bildungsgewebe bildet das Leitgewebe aus und sorgt für die massive Verstärkung der Sprossachse durch Holzbildung und Durchmesserzuwachs. Es trennt das Xylem vom Phloem und somit das Holz vom Bast. Diesen Prozess nennt man sekundäres Dickenwachstum, wobei zwischen dem sekundären Dickenwachstum von Nacktsamern (Gymnospermen) und dem von den Bedecktsamern (Angiospermen) unterschieden wird.
In den gemäßigten Zonen kommt es zur jahreszeitlich bedingten Ausbildung von Früh- und Spätholz, was zu der Ausbildung von Jahresringen führt. Diese gehen auf die im Frühholz weiteren und im Spätholz schmaleren Poren der Wasser leitenden Elemente des Xylems zurück, wobei Gymnospermen nur Tracheiden, Angiospermen dagegen zusätzlich Tracheen besitzen. In der Wissenschaft (Dendrochronologie) dienen Datenreihen zur Breite dieser Jahresringe der Datierung von Holz und der Analyse des Klimas, in dem das Holz entstand.
Korkkambium
Auch das Phellogen spielt bei dem sekundären Dickenwachstum eine mitunter große Rolle. Besonders deutlich wird dies bei der Korkeiche (Quercus suber). Das Korkkambium gibt nach innen Zellen ab, die das Phelloderm bilden, das ein parenchymatisches lebendes Gewebe ist. Die Zellen, die das Korkkambium nach außen abgibt, nennen sich Korkzellen (diese bilden das Phellem). Ihre Zellwände werden mit Suberin ausgekleidet, wodurch eine wasserundurchlässige Schicht entsteht.
Sekundäres Dickenwachstum bei einkeimblättrigen (monokotyledonen) Pflanzen
Die einkeimblättrigen Pflanzen haben im Verlaufe der Stammesgeschichte das Kambium verloren. Zwar bilden einige Vertreter wie die Drachenbäume (Dracaena), Keulenlilien- (Cordyline) und Yucca-Arten sowie der Köcherbaum (Aloe dichotoma) sekundär wieder ein Kambium aus, dieses liegt jedoch im Gegensatz zum Kambium der ursprünglichen Holzpflanzen nicht zwischen Xylem und Phloem, sondern außerhalb der Leitungsbahn, die hier als Ataktostele ausgebildet ist (das heißt, dass die Leitbündel über den gesamten Sprossquerschnitt verteilt sind) im Gegensatz zu der Eustele der anderen sekundär verdickten Pflanzen, bei der die Leitbündel in einem Ring angeordnet sind.
Siehe auch
Literatur
- Peter Sitte, Elmar Weiler, Joachim W. Kadereit, Andreas Bresinsky, Christian Körner: Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. Begründet von Eduard Strasburger. 35. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-1010-X.