1908 erstellte Eusebius Mandyczewski für den Verlag Breitkopf & Härtel eine Liste der Sinfonien Joseph Haydns, die 104 Werke aufführt. Da von vielen frühen Werken kein Kompositionsdatum bekannt war, hatte Mandyczewski die Nummernfolge nach den Daten, die auf den erhaltenen Quellen notiert oder durch Anschaffungs- und Verkaufskataloge bekannt waren, geordnet. Die Nummerierung spiegelt somit nicht die Entstehung, sondern eher die Verbreitung der Werke wider. 1957 wurde diese Liste von Anthony van Hoboken in sein thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis als Gruppe I übernommen und um vier Werke erweitert: die Sinfonia concertante von 1792 (Hob. I: 105), eine damals noch verschollene Sinfonie in D-Dur (Hob. I: 106) und zwei frühe Sinfonien (Hob. I: 107 und 108). Letztere wurden von Howard Chandler Robbins Landon in der von ihm herausgegebenen Gesamtausgabe der Sinfonien mit „A“ und „B“ bezeichnet. Für die Sinfonie Nr. 63 griff Haydn teils auf Sätze aus anderen Werken zurück. Von den zunächst bei dieser Sinfonie unterschiedenen und veröffentlichten zwei Versionen wird heute die erste Version als ungültig angesehen. Ihre beiden Schlusssätze sind zusammen mit den ersten beiden Sätzen einer Ouvertüre als eigenständige Sinfonie veröffentlicht.

Die Haydn-Werkausgabe führt auch den Finalsatz D-Dur (Hoboken-Verzeichnis Ia:4) in den Bänden zu den Sinfonien auf. Zu welcher Sinfonie er gehörte, ist unklar (möglicherweise zur Sinfonie 73, siehe dort).

Die Sinfonie Nr. 106 war ursprünglich nur aufgrund der Eintragung der Anfangstakte in Haydns Entwurf-Katalog bekannt. Als eine Abschrift eines D-Dur-Allegros von Haydn wieder aufgefunden wurde, erkannte man darin den Kopfsatz der mutmaßlichen Sinfonie. Aufgrund stilistischer Merkmale vermuteten Haydn-Forscher, dass es sich bei dem Werk um die Ouvertüre zur Oper Le Pescatrici handeln könnte. Diese – möglicherweise im Original dreisätzige – Ouvertüre galt bis dahin als verlorengegangen, vermutlich durch den großen Brand in Eszterháza von 1779.

Die Chronologie der Werkgruppe nach Mandyczewski bzw. nach dem Hoboken-Verzeichnis gilt mittlerweile als überholt; die Hoboken-Zahlen sind dennoch die in Verlags- und CD-Katalogen am weitesten verbreitete Referenzierung von Haydns Sinfonien. Dazu Anton Gabmayer: „Die Beibehaltung der in Literatur und Praxis längst schon etablierten Zählung Hobokens bewahrt damit Haydns umfangreiches Schaffen vor der heillosen Verwirrung, die eintreten müsste, wenn seinen Werken alle paar Jahre neue ‚richtigere‘ Nummern zugewiesen würden.“

Einige Werke tragen programmatische Titel – etwa Die Uhr, Der Bär oder mit dem Paukenschlag –, die aber meist nicht von Haydn stammen. Die Gruppe der Sinfonien Nr. 82–87, 1785–1786 komponiert, wird Pariser Sinfonien genannt. Besonders bekannt sind Haydns letzte Sinfonien (Hob. I: 93–104), die für Londoner Konzerte zwischen 1792 und 1795 geschrieben wurden und darum Londoner Sinfonien genannt werden.

Haydn war wesentlich an der Entwicklung der Formanlage der klassischen Sinfonie – z. B. Viersätzigkeit, Sonatenhauptsatzform – beteiligt.

Liste der Sinfonien Joseph Haydns

Hob. Tonart Beiname Entstehungszeit Huss
1D-Dur17571
2C-Dur1757/595
3G-Dur176119
4D-Dur1757/609
5A-Dur1760/6115
6D-Dur„Le matin“176120
7C-Dur„Le midi“176121
8G-Dur„Le soir“176122
9C-Dur176223
10D-Dur1758/6010
11Es-Dur1760/6116
12E-Dur176327
13D-Dur176328
14A-Dur176225
15D-Dur176113
16B-Dur17637
17F-Dur1760/618
18G-Dur1757/593
19D-Dur1760/614
20C-Dur1758/6012
21A-Dur176431
22Es-Dur„Der Philosoph“176432
23G-Dur176433
24D-Dur176434
25C-Dur1760/6124
26d-Moll„Lamentatione“176846
27G-Dur1757/6018
28A-Dur176538
29E-Dur176536
30C-Dur„Alleluja“176535
31D-Dur„Hornsignal“176537
32C-Dur1760/6114
33C-Dur1761/6217
34d-Moll176339
35B-Dur176741
36Es-Dur176226
37C-Dur1757/582
38C-Dur„Echo“176743
39g-Moll176540
40F-Dur176329
41C-Dur176847
42D-Dur177152
43Es-Dur„Merkur“1770/7151
44e-Moll„Trauer-Sinfonie“1770/7149
45fis-Moll„Abschiedssinfonie“177256
46H-Dur177254
47G-Dur„Das Palindrom“177255
48C-Dur„Maria Theresia“176948
49f-Moll„La Passione“176844
50C-Dur1773/7458
51B-Dur177353
52c-Moll177150
53D-Dur„L’Impériale“1778/7975
54G-Dur1774/7661
55Es-Dur„Der Schulmeister“177462
56C-Dur177463
57D-Dur177464
58F-Dur176745
59A-Dur„Feuer“176842
60C-Dur„Il distratto“177460
61D-Dur177669
62D-Dur178074
63C-Dur„La Roxelane“177970
64A-Dur„Tempora mutantur“177359
65A-Dur176957
66B-Dur1774/75 ca.65
67F-Dur1774/75 ca.66
68B-Dur1774/75 ca.67
69C-Dur„Laudon“1774/75 ca.68
70D-Dur1778/7972
71B-Dur1778/7973
72D-Dur176330
73D-Dur„La Chasse“1781 ca.77
74Es-Dur178076
75D-Dur177971
76Es-Dur1782?78
77B-Dur1782?79
78c-Moll1782?80
79F-Dur178481
80d-Moll178482
81G-Dur178483
82C-Dur„L’Ours“ (Der Bär)1786?87
83g-Moll„La Poule“ (Die Henne)178584
84Es-Dur178688
85B-Dur„La Reine“ (Die Königin)1785?85
86D-Dur178689
87A-Dur178586
88G-Dur178790
89F-Dur178791
90C-Dur178892
91Es-Dur178893
92G-Dur„Oxford“178994
93D-Dur1791, UA 17. Februar 179297
94G-Dur„Mit dem Paukenschlag“1791, UA 23. März 179298
95c-Moll1791, UA Frühjahr 179196
96D-Dur„Le Miracle“ (Das Wunder)1791, UA 11. März 179195
97C-Dur1792, UA 3. oder 4. Mai 1792100
98B-Dur1792, UA 2. März 179299
99Es-Dur1793, UA 10. Februar 1794102
100G-Dur„Militär“1794, UA 31. März 1794103
101D-Dur„Die Uhr“1794, UA 3. März 1794104
102B-Dur1794, UA 2. Februar 1795105
103Es-Dur„Mit dem Paukenwirbel“1795, UA 2. März 1795106
104D-Dur„Salomon“ oder „London“1795, UA 13. April 1795107
105B-DurSinfonia concertante1792101
106D-DurOuvertüre zu „Le pescatrici“ (Die Fischerinnen)?1769
107B-DurSinfonie A1760/6111
108B-DurSinfonie B17626
C-DurSinfonie in C (früher teils zur Sinfonie 63 gezählt)1773/74?

Literatur

  • Howard Chandler Robbins Landon: The Symphonies of Joseph Haydn. Universal Edition & Rocklife, London 1955, archive.org
  • Sonja Gerlach: Die chronologische Ordnung von Haydns Sinfonien zwischen 1774 und 1782. In: Haydn-Studien, Band II/1, März 1969, S. 34–66.
  • Sonja Gerlach: Joseph Haydns Sinfonien bis 1774. Studien zur Chronologie. In: Haydn-Studien, Band VII/1–2, Mai 1996, S. 1–287.
  • Anthony Hodgson: The Music of Joseph Haydn. The Symphonies. The Tantivy Press, London 1976, ISBN 0-8386-1684-4.
  • Walter Lessing: Die Sinfonien von Joseph Haydn. Dazu: Sämtliche Messen. Ausgabe in 3 Bänden. Südwestfunk, Baden-Baden 1987–89.
  • Armin Raab, Christine Siegert, Wolfram Steinbeck (Hrsg.): Das Haydn-Lexikon. Laaber-Verlag, Laaber 2010, ISBN 978-3-89007-557-0.
  • Michael Walter: Haydns Sinfonien. Ein musikalischer Werkführer. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-44813-3.
  • A. Peter Brown: The Symphonic Repertoire. Volume II. The First Golden Age of the Vienese Symphony: Haydn, Mozart, Beethoven, and Schubert. Indiana University Press, Bloomington / Indianapolis 2002, ISBN 0-253-33487-X.
  • Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 1 bis 18. (Gesamtausgabe der Sinfonien in 18 Bänden.) G. Henle-Verlag, München 1963 bis 2016.

Einzelnachweise

  1. Ullrich Scheideler: Sinfonien um 1761–1765. In: Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 2. G. Henle-Verlag, München 2012, ISMN 979-0-2018-5011-5 (Suche im DNB-Portal), Seite VI.
  2. 1 2 Anthony van Hoboken: Joseph Haydn: thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis. Band 1. Schott, Mainz 1957
  3. Howard Chandler Robbins Landon (Hrsg.): Joseph Haydn. Kritische Ausgabe sämtlicher Sinfonien. Philharmonia-Ausgabe. Universal Edition, Wien.
  4. Andreas Friesenhagen, Ulrich Wilker: Sinfonien um 1770–1774. In: Joseph Haydn–Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 5b. G. Henle-Verlag, München 2013, ISMN 979-0-2018-5044-3 (Suche im DNB-Portal), Seite XIII ff.
  5. Stephen C. Fischer, Sonja Gerlach: Sinfonien um 1777–1779. In: Joseph Haydn–Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 9. G. Henle-Verlag, München 2002, ISMN 979-0-2018-5081-8 (Suche im DNB-Portal), Seite XIII ff. sowie 272 ff.
  6. Heide Volckmar-Waschk, Stephen Fisher: Sinfonien um 1780/81. In: Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 10. G. Henle-Verlag, München 2016, ISMN 979-0-2018-5091-7 (Suche im DNB-Portal).
  7. Walter Lessing: Die Sinfonien von Joseph Haydn, dazu: sämtliche Messen. Eine Sendereihe im Südwestfunk Baden-Baden 1987–89. Band 2. Baden-Baden 1989, S. 37.
  8. 1 2 Haydn-Festspiele Eisenstadt: Haydn 100&7. Informationsseite zu den Sinfonien von Joseph Haydn. (Memento vom 14. Oktober 2013 im Internet Archive) Abruf 9. November 2012.
  9. gleicher Populärname Pariser Sinfonie für die 31. Sinfonie Mozarts
  10. Zählung nach: Manfred Huss: Joseph Haydn. Klassiker zwischen Barock und Biedermeier. Roetzer, Eisenstadt 1984, ISBN 3-85374-094-4.
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