Slavomir aus der mährischen Herrscherdynastie der Mojmiriden war 871 kurzzeitig der Fürst (dux) von Mähren. Er führte den Mähreraufstand gegen die ostfränkischen Okkupationstruppen an, die Mähren nach der Verhaftung der regierenden Fürsten Rastislav und Svatopluk I. besetzt hatten.

Herkunft und Werdegang

Slavomir war ein Mitglied der in Mähren herrschenden Mojmiriden-Dynastie und vor 871 als Priester tätig. Laut dem Historiker Eric J. Goldberg ist möglich, dass Slavomir einer der „hochrangigen Geiseln“ war, die sein Verwandter Fürst Rastislav 864 an die Franken übergeben musste, da im selben Jahr Bischof Otgar von Eichstätt einen Gutsbesitz in der Nähe der fränkisch-mährischen Grenze an einen Slawen namens „Sleimar“ gewährte. Dabei könnte es sich um eine Aussprachvariante von Slavomirs Namen handeln.

Vorgeschichte der Ereignisse von 871

Im Jahr 870 wurde der mährische Knjas Rastislav von seinen mitregierenden Neffen Svatopluk verraten. Dabei gelang es Svatopluk, seinen Onkel festzunehmen und an dessen Erzfeind, den ostfränkischen König Ludwig den Deutschen, auszuliefern, welcher Rastislav blenden und in ein bayerisches Kloster stecken ließ. Mähren wurde daraufhin fast widerstandslos von ostfränkischen Truppen des bayerischen Königs Karlmann besetzt und der mährische Königsschatz geplündert. Svatopluk konnte dadurch 870 die alleinige Herrschaft über ganz Mähren antreten, allerdings blieben fränkische Besatzungstruppen unter dem Kommando von Wilhelm II. und Engelschalk I. weiterhin im Land. Bereits im Jahr 871 wurde Svatopluk jedoch von Karlmann des Verrats beschuldigt, festgenommen und aus Mähren weggebracht.

Wahl zum Fürsten und Mähreraufstand

Die Mährer, die bis dahin ohne Widerstand die Fremdherrschaft ertragen hatten, nahmen an, dass Svatopluk getötet worden sei und sie somit führungslos seien. So wurde Slavomir, ein bisher als Priester tätiger Verwandter Svatopluks, zum neuen mährischen Knjas gewählt. Slavomir verweigerte diese Wahl zunächst, wohl im Hinblick auf seine geistliche Tätigkeit. Als ihm aber im Falle einer Ablehnung mit dem Tod gedroht wurde, akzeptierte er die Wahl schließlich und setzte sich an die Spitze eines mährischen Aufstandes gegen die ostfränkischen Besatzer. Die Tatsache, dass Slavomir ein Priester war, deutet laut dem Historiker Eric J. Goldberg darauf hin, dass es sonst keine männlichen Mitglieder der mährischen Herrscherdynastie mehr gab, weil die meisten den Franken als Geisel überlassen worden sind. Slavomir war möglicherweise früher selbst eine solche Geisel gewesen. Slavomir machte einen Anlauf, Wilhelm II. und Engelschalk aus Mähren zu vertreiben, dessen große Armee wurde aber von Karlmanns Männern geschlagen, und Slavomir musste in die mährische Hauptstadt zurückziehen.

Laut dem tschechischen Historiker Dušan Třeštík sah Karlmann daraufhin ein, mit bloßer Stärke Mähren nicht besiegen zu können, und so verblieb ihm nichts anderes, als den Mährern zu beweisen, dass ihr rechtmäßiger Knjas Svatopluk lebt, um diesen erneut auf den mährischen Thron zu setzen. Er ließ Svatopluk aus dem Gefängnis frei und beschenkte ihn mit königlichen Gaben, welche höchstwahrscheinlich aus dem geplünderten Mojmíriden-Schatz stammten. Svatopluk erklärte sich bereit, ein fränkisches Heer nach Mähren zu führen und gegen Slavomir zu kämpfen. Das Heer marschierte bis zur mährischen Hauptstadt, wo es zu einer Entscheidungsschlacht kommen sollte.

Während jedoch das fränkische Heer vor der Hauptstadt sein Lager aufschlug, gelang es Svatopluk, sich heimlich Zutritt zur mährischen Festung zu verschaffen und die Mährer davon zu überzeugen, dass er immer noch ihr Herrscher sei. So löste Svatopluk Slavomir als mährischen Knjas ab und griff das Lager der ahnungslosen Bayern an. Dabei wurde ein Großteil des bayerischen Heeres vernichtet und Wilhelm II. und dessen Bruder Engelschalk I. getötet. Obwohl die historischen Quellen zum weiteren Leben von Slavomir schweigen, ist es sehr wahrscheinlich, dass dieser nach der erneuten Machtübernahme Svatopluks I. wieder als Priester tätig wurde.

Rezeption

Der slowakische Historiker Milan S. Ďurica bezeichnet Slavomir als einen „vergessenen oder verschwiegenen König der alten Slowaken“ und sieht in ihm einen „Nationalhelden“ und „Heiligen“, der den sich „in größter Gefahr befindlichen mittelalterlichen Staat der Slowaken gerettet“ habe. Außerdem hält Ďurica es für möglich, dass Slavomir der Autor der altslawischen Texte der Kiewer Blätter ist.

Die historische Figur Slavomirs wird auch in der Romanreihe „Rozlet a pád Veľkej Moravy“ (dt. Aufstieg und Fall Großmährens) im zweiten Band mit dem Titel „Slavomír knieža slovanské“ (dt. Der slawische Fürst Slavomir) des slowakischen Schriftstellers Albert Masár Tatranský behandelt.

Quellen

  • Annales Fuldenses, S. 73–74. (online)
  • Lubomír E. Havlík: Kronika o Velké Moravě. (Chronik über Großmähren). JOTA, 2013, ISBN 978-80-85617-06-1. (Quellenedition zur mährischen Geschichte vom 6. Jahrhundert bis zum 11. Jahrhundert)

Literatur

  • Eric J. Goldberg: Struggle for Empire: Kingship and Conflict under Louis the German, 817-876. Cornell University Press, 2006, ISBN 0-8014-3890-X.
  • Dušan Třeštík: Vznik Velké Moravy. Moravané, Čechové a střední Evropa v letech 791–871. (Die Entstehung Großmährens. Mährer, Tschechen und Mitteleuropa in den Jahren 791–871). Nakladatelství Lidové noviny, 2010, ISBN 978-80-7422-049-4.

Einzelnachweise

  1. In zeitgenössischen Quellen: lateinisch Sclagamarus, im modernen Slowakisch und Tschechisch: Slavomír.
  2. Goldberg: Struggle for Empire, S. 309.
  3. Havlík: Kronika o Velké Moravě. S. 175–176.
  4. Třeštík: Vznik Velké Moravy. S. 199.
  5. Havlík: Kronika o Velké Moravě. S. 181; Třeštík: Vznik Velké Moravy. S. 199.
  6. Goldberg: Struggle for Empire. S. 309.
  7. Třeštík: Vznik Velké Moravy. S. 199–200.
  8. Ďurica: Slavomír.
  9. Ďurica: Slavomír.
VorgängerAmtNachfolger
Svatopluk I.Fürst von Mähren
871
Svatopluk I.
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