Eine Spareinrichtung ist ein Instrument von Wohnungsbaugenossenschaften, in der sie Spareinlagen ihrer Mitglieder und von deren Angehörigen wie bei einer Bank verwalten. Sie dienen den Wohnungsbaugenossenschaften dazu, ihren Kapitalbedarf zinsgünstig zu decken, zum Beispiel für Renovierungen, Umbauten oder Neubauten. Würde die Wohnungsbaugenossenschaft diesen Kapitalbedarf durch Kreditaufnahme bei einer Bank decken, muss sie dafür die marktüblichen Zinsen entrichten.
Errichtet sie eine Spareinrichtung, kann sie sich auch unmittelbar durch ihre Genossen finanzieren. Die eingesparten Bankleistungen kommen sowohl der Genossenschaft als auch ihren Mitgliedern zugute. Heute verfügen im Bundesgebiet 45 Wohnungsbaugenossenschaften über eine Spareinrichtung und verfügen über 1,6 Milliarden Euro Spareinlagen.
Geschichte
Ende des 19. Jahrhunderts zogen die rasch wachsenden Handels- und Industriemetropolen Tausende von Arbeitssuchenden an. Allein auf dem Gebiet des späteren „Groß-Berlin“ wuchs die Bevölkerung zwischen 1871 und 1919 von etwa 900.000 auf 3,7 Millionen, eine Stadt wie Hannover wächst zwischen 1871 und 1912 von 87 600 auf 313.400 Einwohner. Doch die Lebens- und Arbeitsbedingungen der neuen Bevölkerungsschicht, der Fabrikarbeiter, sind schlecht. Viel zu viele Menschen wohnen auf engstem Raum, in alten heruntergekommenen Häusern. Wohnungspolitik zählte in dieser Zeit noch nicht zu den Aufgabenbereichen staatlichen Handelns. Planung, Bau und Vermietung von Wohnraum war allein Sache privater Unternehmer und blieb dem „freien Spiel der Kräfte“ überlassen und so blieb die Schaffung von menschenwürdigem und preiswertem Wohnraum für lange Zeit eine schwierige Aufgabe. Doch das Thema bekommt durch neue Erkenntnisse in Medizin, Hygiene und öffentlicher Gesundheitspflege allmählich eine größere Aufmerksamkeit. Und so gewinnt auch der ursprünglich aus England stammende Genossenschaftsgedanke schnell an Bedeutung. Das Prinzip ist einfach: erst Sparen, dann Bauen, anschließen Einziehen und Wohnen. Die Genossen brachten ihre Anteile ein, sparten gemeinsam und konnten so kontinuierlich Wohnungen für Mitglieder bauen. Anfang der 1940er Jahre war beim Großteil der Genossenschaften Schluss mit den Spareinrichtungen. Sie wurden von den Nationalsozialisten aufgelöst und die Spargelder der Kriegswirtschaft zur Verfügung gestellt.
Aufbau und Funktion
Mit einer Spareinrichtung betreibt eine Genossenschaft Bankgeschäfte nach dem Kreditwesengesetz und so müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden: Die Genossenschaft muss liquide sein, über Eigenmittel verfügen, ihren Meldepflichten gegenüber der Bankenaufsicht nachkommen und die Mehrheit der Vorstandsmitglieder muss eine Eignung als Bankleiter nachweisen. Die Spareinrichtung ist Teil des genossenschaftlichen Geschäftsbetriebs, mit der das Unternehmen Einlagengeschäfte im Sinne des Paragrafen 1 des Kreditwesengesetzes (KWG) tätigt und benötigt deshalb eine Erlaubnis der Bankenaufsicht (BaFin). In der Spareinrichtung werden Sparkonten, Sparbriefe und vergleichbare Produkte angeboten.
Vorteile des Modells
Wie zu den Gründungszeiten der Genossenschaften, als Wohnraum knapp und teuer war, basieren die Spareinrichtungen auf einem einfachen Modell: Sparen, Bauen, Wohnen. Die Spareinrichtung bringt heute wie damals Vorteile für die Genossenschaft und ihre Mitglieder und deren Angehörige:
- Die Genossenschaft kann mit den Spareinlagen teures Fremdkapital bei den Banken ablösen.
- Die Genossenschaft muss keine teuren Kredite für den Erhalt der Häuser aufnehmen. Auch andere Einrichtungen wie Seniorentreffs oder Kinderspielplätze lassen sich so kostengünstiger finanzieren.
- Und der Sparer erhält deutlich höhere Zinsen gegenüber einer vergleichbaren Anlage bei einer Bank. Außerdem erhöhen attraktive Sparbedingungen auch die Attraktivität der Wohnungsbaugenossenschaft für neue Mitglieder.
- So kommt der Sparer als Wohnungsnutzer in den Genuss seiner Gelder. Die Genossenschaft erwirtschaftet mit den Einlagen – verglichen mit der sonst erforderlichen Kreditaufnahme am Kapitalmarkt – vielmehr Überschüsse, um die wohnenden Genossen besser fördern zu können.
Kontrolle und Sicherheit
Unternehmen in der Rechtsform der Genossenschaft gehören gesetzlich einem Prüfungsverband an. Der jährlich zu erstellende Prüfungsbericht testiert nicht nur das jeweilige Geschäftsjahr, er enthält auch Aussagen und Stellungnahmen zu den Chancen und Risiken der Genossenschaft sowie Aussagen zu den mittel- und langfristigen Prognosen. Die Unternehmen sind auch Mitglied in der Sicherungseinrichtung des GdW, dem Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen, dem „Selbsthilfefond zur Sicherung von Spareinlagen von Wohnungsbaugenossenschaften“. Darüber hinaus unterliegt die Genossenschaft wegen ihrer Spareinrichtung der Bankenaufsicht. Eine monatliche Berichterstattung ist zwingend. Weiterhin nehmen Mitarbeiter der Deutschen Bundesbank an den jährlichen Vertreterversammlungen teil und anhand der Prüfungsberichte wird ein Aufsichtsgespräch pro Jahr geführt. Zudem ist ein in der Regel gut ausgestatteter Immobilienbestand eine Sicherheit für das Spargeld.
Weblinks
Expertise Spareinrichtung, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.), Oktober 2005