Die in der Astrologie üblicherweise verwendeten Tierkreiszeichen entsprechen zwölf exakt gleich großen Abschnitten des Tierkreises; sie sind also eine Art Koordinatensystem. Der Tierkreis selbst ist ein Streifen von ±10° um die scheinbare Sonnenbahn (Ekliptik), in dessen Mitte (±5° um die Ekliptik) sich Mond und Planeten bewegen. Die Tierkreiszeichen sind nach 12 der Sternbilder benannt, die vor 2000 Jahren in diesen Abschnitten des Tierkreises (Koordinatensystems) standen. Wie seinerzeit üblich, wurden sie zur Anzeige wichtiger Phasen im Jahreslauf verwendet, zum Beispiel die Zeit der Aussaat oder der Ernte.

Der Tierkreis wurde in Mesopotamien entwickelt. Er leitet sich vom babylonischen „idealen Kalender“ in MUL.APIN in Kombination mit dem babylonischen Mondkalender ab. Er wurde im ausgehenden 5. Jahrhundert v. Chr. von babylonischen Astronomen als Koordinatensystem definiert und enthält daher überwiegend babylonische Sternbilder. Die griechische Astronomie übernahm diesen babylonischen Tierkreis, entwickelte ihn jedoch weiter zum heute bekannten Tierkreis.

Bereits vor über 2100 Jahren, im 2. Jh. v. Chr., wurde dann von Hipparchos die Präzession entdeckt, wodurch klar wurde, dass die Sternbilder (Muster am Himmel) sich gegen die Sternzeichen (Abschnitte des Koordinatensystems) sukzessive verschieben. Somit konnten die Sternbilder nicht wirklich etwas mit den 12 Monaten des Jahres zu tun haben. Daher einigte man sich bereits in der späten Antike darauf, die Tierkreiszeichen unabhängig von den Sternbildern zu definieren. Beginnend mit dem Widderpunkt werden sie somit als rein geometrische Kreis-Abschnitte zu je 30° auf der Ekliptik festgelegt, vor denen sich die Sonne nacheinander während eines Jahres zu je einem Zwölftel der Jahreslänge befindet. Die Frühlingstagundnachtgleiche markiert hier den Beginn des Tierkreises. Im Altertum gab es im Mittelmeerraum sowie im Nahen Osten (Rom, Griechenland, Mesopotamien) jedoch zunächst verschiedene Konventionen, wohin man den Startpunkt im Tierkreis legen sollte: im Gebrauch waren die Möglichkeiten 1° Widder, 8° Widder, 15° Widder.

Der Tierkreis

Als Tierkreis bzw. Zodiak (von ζῳδιακός zōidiakós „Lebewesenkreis“) wird eine etwa 20 Grad (= ±10°) breite Zone um die Ekliptik bezeichnet, innerhalb derer die scheinbaren Bahnen von Sonne, Mond und Planeten verlaufen.

Die Mittellinie der unsichtbaren großen Straße des Himmels nannten die Griechen die Ekliptik, weil in ihr die Eklipsen, die Sonnen- und Mondfinsternisse, stattfinden. Die Ekliptik dient als Messkreis für die Positionsbestimmung der Gestirne und der astrologischen Schnittpunkte Medium coeli (MC), Aszendent, Mondknoten und Widderpunkt. Alle diese astrologischen Konzepte gehen auf frühe Vorstufen des Kugelkoordinatensystems am Himmel zurück.

Tropischer und siderischer Tierkreis

Es gibt zwei verschiedene Tierkreise, welche die Ekliptik in zwölf Tierkreiszeichen aufteilen: den tropischen Tierkreis zu zwölf Abschnitten mit je 30° Kreisbogen auf der Ekliptik, der sich astronomisch an den Äquinoktien und Sonnenwenden ausrichtet, und den siderischen Tierkreis, der sich an den – unterschiedlich großen – Sternbildern im Bereich der Ekliptik orientiert.

Als vermutlich ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. das astrologische System im hellenistisch geprägten Alexandria entwickelt wurde, stimmten der tropische und der siderische Tierkreis noch weitgehend überein, denn die Sterne wurden als Anzeiger für Jahreszeiten gleichgesetzt. Im Vergleich mit damals stehen die beiden Tierkreise heute jedoch ca. 30° verschoben zueinander. Wenn also derzeit bei einer menschlichen Geburt beispielsweise Anfang Januar die Sonne im Tierkreiszeichen Steinbock steht, befindet sie sich räumlich im Sternbild Schütze. Grund dafür ist, dass die für die Jahreszeiten maßgebliche Erdachse torkelt – ähnlich einem Kreisel, nur ganz langsam, nämlich eine Runde in ca. 25.800 Jahren; dieser Vorgang ist als Präzession bekannt. Mit einer Geschwindigkeit von 1° in rund 72 Jahren wandert dabei aus Sicht der Erde der Widderpunkt rückwärts durch die unterschiedlich großen Sternbilder. Um Christi Geburt, doch wahrscheinlicher rund 100 Jahre davor, wechselte er vom Sternbild Widder in das Sternbild Fische, was im späteren 20. Jahrhundert in der New-Age-Strömung kosmologisch als Beginn des Fische-Zeitalters gedeutet wurde.

Tropischer Tierkreis

In der westlichen Astrologie wird weitgehend der tropische Tierkreis verwendet. Seine Ausrichtung an den vier Ekliptikpunkten der Äquinoktien und Sonnenwenden der Sonne gab dem tropischen Tierkreis seinen Namen, der sich ableitet vom griechischen τρόποι, trópoi, was „Wendungen, Wendepunkte“ bedeutet. Ausgehend vom Frühlingspunkt wird dabei die Ekliptik in 360° mit zwölf Abschnitten zu 30° unterteilt: die zwölf Tierkreiszeichen. Der tropische Tierkreis ist also eine geometrische Abstraktion, die nicht mit den Sternbildern auf der Ekliptik korrespondiert. In der Spätantike, nach dem 5. Jahrhundert, setzte er sich schließlich gegen den siderischen Tierkreis durch. Astronomen hatten schon mehrere Jahrhunderte zuvor bemerkt, dass der damals noch am siderischen Tierkreis bzw. Ekliptiksternbild Widder und an den früher so bezeichneten ‘Normalsternen’ genormte astronomische Frühlingsbeginn immer später im Jahreslauf erreicht wurde, mithin aufgrund der Präzession in Richtung meteorologischer Sommer wanderte, wodurch sich auch die Ekliptiksternbilder im Verhältnis zu den Tierkreiszeichen verschoben hatten.

Siderischer Tierkreis

Die überwiegend indisch ausgerichtete Methode, als Vedische Astrologie bekannt, benutzt den siderischen Tierkreis. Sie teilt den Messkreis wie beim tropischen Tierkreis in zwölf Abschnitte zu 30° und orientiert sich nach wie vor an dem antiken Sternbild Widder als Beginn für den Tierkreis, dessen Ayanamsha-Wert sich offiziell an der Opposition zu Spica orientiert. Da sich die jährlich wiederkehrenden Positionen der Sternbilder aufgrund der Präzession ganz langsam ändern (um ca. 1° in 72 Jahren), wandert der Punkt des Frühjahr-Äquinoktiums um den 21. März im tropischen Tierkreis scheinbar rückwärts entlang der Tierkreis-Sternbilder derzeit durch das Sternbild Fische und wird nach Vedischer Sternbild-Einteilung im Jahr 2442 n. Chr. das Sternbild Wassermann erreichen.

Die zwölf Tierkreiszeichen des Zodiaks

Tierkreiszeichen Symbolik ekliptikale
Länge
Zeitraum des scheinbaren
Sonnendurchgangsa
deutsch lateinisch altgriechisch
Widder Aries Κριός 0°–30° 21. März20. April
Stier Taurus Tαῦρος 30°–60° 21. April21. Mai
Zwillinge Gemini Δίδυμοι 60°–90° 22. Mai21. Juni
Krebs Cancer Καρκίνος 90°–120° 22. Juni22. Juli
Löwe Leo Λέων 120°–150° 23. Juli22. August
Jungfrau Virgo Παρθένος 150°–180° 23. August22. September
Waage Libra Ζυγὁς 180°–210° 23. September22. Oktober
Skorpion Scorpio Σκορπίος 210°–240° 23. Oktober22. November
Schütze Sagittarius Τοξότης 240°–270° 23. November20. Dezember
Steinbock Capricornus Αἰγοκερεύς 270°–300° 21. Dezember19. Januar
Wassermann Aquarius Ὑδροχόος 300°–330° 20. Januar18. Februar
Fische Pisces Ἰχθύες 330°–360° 19. Februar20. März
a 
Aufgeführt sind die Sonnendurchgänge durch die Tierkreiszeichen als gleich große Abschnitte der Ekliptik. Die Datumsangaben sind Mittelwerte, aus Kalendergründen (Schaltjahre) können die Daten um ± einen Tag abweichen.

Siehe auch die Ekliptiksternbilder im Artikel Zodiak mit den Vergleichszeiten der Sonnendurchgänge durch die unterschiedlich großen Sternbilder.

Deutung

Geschichtliche Entwicklung

Sternbildähnliche Fixsterngruppen fanden spätestens ab dem zweiten Jahrtausend v. Chr. im Alten Ägypten als Tagewählkalender Berücksichtigung, nach gleichem Prinzip auch in Mesopotamien. Deutungen gehen auf eine in der altägyptischen Spätzeit (etwa 664–332 v. Chr.) erfolgte Verschmelzung mit den babylonischen Tierkreiszeichen zurück.

Herodot beschrieb Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. die vermutlich mit den Dekansternen im Zusammenhang stehenden Aussagen:

„Ferner ist von den Ägyptern auch zuerst festgestellt worden, welcher Monat und Tag den einzelnen Göttern heilig ist und welche Schicksale, welches Ende und welchen Charakter die an diesem oder jenem Tage Geborenen haben werden. Griechische Dichter haben diese Dinge ebenfalls übernommen. Und Vorzeichen haben die Ägypter weit mehr herausgefunden als alle anderen Völker. Wenn etwas Auffälliges geschieht, achten sie auf dessen Folgen und schreiben sie auf. Bei einem ähnlichen Vorfall in der Zukunft glauben sie dann, es müssten wieder die gleichen Folgen eintreten.“

Herodot

Der vollständige Tierkreis mit seinen – noch unterschiedlich langen – zwölf Sternbildern auf der Ekliptik wurde schließlich im 5. Jahrhundert v. Chr. während des Achämenidenreichs im Gebiet Mesopotamiens entwickelt bzw. erstmals überliefert. Im 4. Jahrhundert v. Chr. entwickelte sich, wohl schon in der seleukidischen Herrschaft nach der hellenistischen Eroberung des Gebietes, die exakte Aufteilung des Tierkreises in zwölf „Zeichen“ zu 30° sowie die antik erstmals nachweisbare mathematische Astronomie, welche ermöglichte, die Planetenpositionen vorauszuberechnen auf Basis des Koordinatensystems der 30°-Abschnitte der einzelnen Tierkreiszeichen. Der siderische Tierkreis selbst mit seinen zwölf gleichen 30°-Abschnitten und dem Beginn mit dem Tierkreiszeichen Widder könnte dadurch entstanden sein, dass er an den schematischen „Ideal-Kalender“ mit zwölf Monaten zu 30 Tagen, mit dem das babylonische Jahr nahe dem Frühjahrs-Äquinoktium vielleicht ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. begann, und an den parallelen Sternbildern angelehnt wurde.

Im Hellenismus bzw. ägyptischen Ptolemäerreich wurde der importierte babylonische Tierkreis mit der Idee der am Horizont aufsteigenden Dekansterne verbunden. Später fand der Gedanke, den einzelnen Tierkreiszeichen bestimmte Grunddeutungen zuzuordnen, seine Fortsetzung. Astrologisch-astronomische Traditionen aus dem mesopotamischen Raum bzw. dem (neubabylonischen) und Achämenidenreich wurden mit den Bedeutungen der bereits seit langem in Ägypten (s. ägyptischer Kalender und Nutbuch) praktizierten Unterteilung des Fixsternhimmels in Dekane und Grade vermischt. Später entwickelten sich daraus die eigenständige Dekan- und Grad-Astrologie. Jedem Gradabschnitt wurde eine zusätzliche Bedeutung zugeordnet.

Zuordnung zu den Elementen

Ergänzt wurden die hellenistischen Deutungen um die Vier-Elemente-Lehre (Wasser, Luft, Feuer, Erde), die sich vom 6. bis 5. Jahrhundert v. Chr. ausgebildet hatte und Bestandteil griechischen Alltagsdenkens war:

Der Vier-Elemente-Lehre folgte um 500 v. Chr. die Harmonielehre der Pythagoreer (begründet von Pythagoras, 570–510). Sie widmeten sich u. a. der Geometrie und Zahlensymbolik. Mit Zählsteinen legten sie geometrische Figuren (z. B. Trigone und Vierecke). Die Vierheit (Tetraktys) hatte große Bedeutung, weil die Gesamtheit der Zahlen 1, 2, 3 und 4 die Summe 10 ergibt. Des Weiteren wurde der Gegensatz von geraden und ungeraden Zahlen sowie nach weiblich und männlich unterschieden. Das ergab die Zuordnungen: gerade für unbegrenzt und weiblich sowie ungerade für begrenzt und männlich.

Aristoteles (384–322 v. Chr.) erweiterte die Vier-Elemente-Lehre mit den Zuordnungen Trockenheit bzw. Feuchtigkeit und Wärme bzw. Kälte.

Verwendung des tropischen Tierkreises

Die Vier-Elemente-Lehre und Aristoteles’ Ergänzungen bildeten eine bedeutsame Grundlage für die antik entstehende Hellenistische Astrologie und die Deutung der Tierkreiszeichen. Dabei wurde die als wissenschaftlich-physikalisch verstandene Betrachtungsweise der Vier Elemente und vier Zustände (warm-kalt, trocken-feucht) des Aristoteles mit dem jährlichen Sonnenlauf und den tropischen Tierkreis verbunden. Die Sonne tritt im Frühling in das Zeichen Widder, im Sommer in das des Krebses, im Herbst in das der Waage und im Winter in das des Steinbocks.

Die Schnittpunkte der vier Jahreszeiten mit Linien verbunden ergibt ein Quadrat. Es hat nach Pythagoras aufgrund der Summe, 1 + 2 + 3 + 4 = 10, eine große Bedeutung. Zwischen den Schnittpunkten liegen jedes Mal drei aufeinander folgende Tierkreiszeichen, denen eine abgestufte Bedeutung zukommt: das erste Zeichen stark (kardinal), das zweite mittelstark (fix, gemeinschaftlich), das dritte veränderlich (fallend, beweglich).

Die einmal begonnenen Zuordnungen wurden im Laufe der folgenden Jahrhunderte immer mehr verdichtet, wobei sie sich auf Überlieferungen und Vorlagen aus früheren Zeiten bezogen, z. B. Geographie, Wetterkunde und Medizin, deren Anfänge bei Hippokrates (um 460–370 v. Chr.) zu finden sind.

Es kamen die Verteilung der Gestirne (Sonne, Mond und Planeten), Tiere, Pflanzen, Edelsteine und Metalle, später die Stämme Israels und die vier Apostel, s. u. Evangelistensymbole, Persönlichkeitsmerkmale, Berufe und Partnerschaften und Lebensabschnitte dazu sowie die astrologische Medizin (Iatroastrologie), die die Glieder des menschlichen Körpers vom Kopf bis zu den Füßen den zwölf Tierkreiszeichen zuordnete, ähnlich wie dargestellt in der Abbildung des Tierkreiszeichenmannes, Homo signorum. Auf diese Weise spiegelte schließlich alles physische Leben auf Erden sich im Tierkreis wider.

Die folgenden beiden Übersichten erstellte der Astrologe Antiochos von Athen (2. Jahrhundert n. Chr.); Ergänzungen finden sich bei Claudius Ptolemäus (100–160 n. Chr.) und Vettius Valens (120–175 n. Chr.). Sie basieren auf dem tropischen Tierkreis, der mit dem Widderpunkt, also dem Frühlingsanfang beginnt:

Tierkreiszeichen Jahreszeit Elemente Qualität Lebensalter Windrichtung
Widder
Stier
Zwillinge
Frühling Feuer
Erde
Luft
trocken + warm
trocken + kalt
feucht + warm
Kindheit Süd
Krebs
Löwe
Jungfrau
Sommer Wasser
Feuer
Erde
feucht + kalt
trocken + warm
trocken + kalt
Jugend Ost
Waage
Skorpion
Schütze
Herbst Luft
Wasser
Feuer
feucht + warm
feucht + kalt
trocken + warm
Mannheit Nord
Steinbock
Wassermann
Fische
Winter Erde
Luft
Wasser
trocken + kalt
feucht + warm
feucht + kalt
Alter West
Qualitäten Aggregatzustände Säfte Temperament Farben
feucht + warm flüssig Blut sanguinisch Rot
trocken + warm fein (gasförmig) Galle cholerisch Gelb
trocken + kalt dicht schwarze Galle melancholisch Schwarz
feucht + kalt zähe Schleim phlegmatisch Weiß
Geographie, Zuordnungen nach Ptolemäus
Tierkreiszeichen Geographie
Widder Britannien, Galatien, Germanien, Bastarnien, Koilesyrien, Palästina, Idumäa, Judäa
Stier Parthien, Medien, Persien, die Kykladen, Zypern, die Küste Kleinasiens
Zwillinge Hyrkanien, Armenien, Mathianien, Kyrenaika, Marmarika, Unter-Ägypten
Krebs Numidien, Karthago, Afrika, Bithynien, Phrygien, Kolchis
Löwe Italien, Gallien, Sizilien, Apulien, Phönizien, Chaldäa, Orchinien
Jungfrau Mesopotamien, Babylonien, Assyrien, Hellas, Achaia, Kreta
Waage Baktrien, Kasperia, Serika, Theben, Oasis, das Land der Troglodyten
Skorpion Metagonien, Mauretanien, Gaetulien, Syrien, Kommagene, Kappadokien
Schütze Thyrrhenien, das Land der Kelten, Spanien, Arabia Felix
Steinbock Indien, Arrianien, Gedrosien, Thrakien, Macedonien, Illyrien
Wassermann Sarmatien, Oxiana, Sogdiana, Arabien, Azania, Mittel-Äthiopien
Fische Phazanien, das Land der Nasamontanen, der Garamanten, Lydien, Kilikien, Pamphylien

Kalenderdeutung, Kalenderastrologie

Angesichts der immer komplexeren Ausgestaltung des Tierkreises mit Deutungen und Einteilungen, ergänzt u. a. um Tabellen für günstige bzw. ungünstige, verhängnisvolle bzw. unheilvolle und neutrale Tage sowie Jahres-, Monats- und Tagesregenten, begann sich um die Zeitenwende eine eigenständige Tierkreisastrologie zu etablieren. In der Praxis beschränkte sie sich auf den Geburtstag als Grundlage, wodurch sie sich zur ausschließlichen Kalenderdeutung wandelte. Als Vorläufer kann die „Tabula Bianchini“, eine Sternwahrsagetafel, ein astromantisches Würfelbrett, entwickelt um 3.–2. Jahrhundert v. Chr., angesehen werden.

Mit der mathematischen, rechnenden Astrologie (s. u.), zu deren Selbstverständnis die gewissenhafte Berechnung der Positionen von Sonne, Mond und Planeten gehört, hatte sie keine Ähnlichkeit mehr, bediente sich aber nach wie vor ihres Namens, vielleicht um bedeutungsvoller zu erscheinen.

Die Kalenderdeutung, vermischt mit Volksaberglauben und Brauchtum, begünstigte den Beginn der vereinfachten, oberflächlichen Laien- und Unterhaltungsastrologie. Sie blühte innerhalb weniger Jahrhunderte zu ungeahnter Größe auf, Jahresbilder, Monatsbilder, Planetenkinder kamen hinzu, wozu auch die Kunst in Malerei, Architektur, Bildhauerei, Literatur und Musik erheblich beitrug, die sich von der Idee, im Tierkreis spiegele sich alles Irdisch-Menschliche wider, kreativ inspirieren ließ (Beispiele: Albrecht Dürer, 1471–1528, Melencolia I/Melancholia und Illustration zu Theoderich Ulsenius’ Syphilisgedicht; Sammlung Aby Warburg, und Monatsbilder im Palazzo Schifanoia; außerdem viele Fresken, Wand- und Deckenmalereien, Marmortafeln, aufwendige Holzschnitte für Handschriften).

Ihre phantasiereichen Vertreter traf man in erlauchten Kreisen ebenso wie auf Straßen, Jahrmärkten und im Zirkus; auch redegewandte Scharlatane und Betrüger fanden sich ein, die versuchten, die Leichtgläubigkeit der Menschen mit ihren doppelsinnigen, vagen und allgemeingültigen, aber glaubhaft wirkenden Wahrsagetexten zu beeindrucken. Die Kalenderdeutung hatte für jeden Geschmack etwas dabei und bot Beschreibungen an, die allesamt dem Barnum-Effekt zuzuordnen sind.

Mit der Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert wuchs ihre Verbreitungsmöglichkeit sprunghaft. Ihre millionenfache Abhandlung erfolgt bis heute durch Printmedien, auf Karten und Kalendern, Amuletten und Textilien aller Art, in TV- und Rundfunksendungen, im Internet und so weiter. Sie ist international Bestandteil des Alltags geworden. Dies gilt sinngemäß für die chinesische Astrologie, die ebenfalls der Kalenderdeutung zuzuordnen ist.

Der tropische Tierkreis mit seinen zwölf gleich großen Abschnitten, den Tierkreiszeichen, dient dem Horoskop als Messkreis, um die Positionen von Sonne und Mond sowie Planeten und Aszendenten einzutragen. Ohne Geburtsort und Geburtszeit kann kein Horoskop erstellt werden. Als Tierkreiszeichen einer Person wird dasjenige bezeichnet, in dem die Sonne zum Zeitpunkt ihrer Geburt stand (Geburtszeichen). Die Tierkreiszeichen spielen auch eine Rolle in den Ende des 20. Jahrhunderts wieder in Mode gekommenen Mondkalendern, die auf Frühformen aus dem Mittelalter zurückgehen.

Tierkreiszeichen und bürgerlicher Kalender

Da die Sonne selten um Mitternacht eines Tages im bürgerlichen Kalender von einem Tierkreiszeichen in das nächste wechselt, ist die häufig zu findende allgemeine Einteilung nach Kalendertagen nicht vollkommen präzise. Der genaue Zeitpunkt des Übergangs variiert auch von Jahr zu Jahr und wechselt dabei zuweilen sogar das Datum, da das Sonnenjahr nicht genau 365 Tage lang ist. Astrologen berechnen den Übergang daher unter Zuhilfenahme der Ephemeriden, in Tierkreiszeichen-Büchern und Zeitungshoroskopen ist dennoch die Angabe von Kalendertagen üblich.

Tierzeichen in Indien und China

In China war der Tierkreis historisch unbekannt; man nutzt dort andere Referenzsysteme. Die indischen Nakshatra sind mit den arabischen Mondhäusern verwandt und haben daher eine gemeinsame Wurzel mit dem Tierkreis (dessen historischer Vorfahre der "Pfad des Mondes" in MUL.APIN ist), aber sie liegen teilweise jenseits der tatsächlichen Mondbahn.

Die Erdzweige (landläufig „chinesische Tierzeichen“ genannt) haben nichts mit dem Sternhimmel zu tun, sondern sind ein Nummerierungssystem des chinesischen Kalenders, der als astronomischer Kalender auf die tatsächliche Sonnenbahn bezogen ist. Sie gehen vermutlich auf die antike Dodekaetris zurück.

In der indischen Astrologie sind die 30 Grad großen Tierkreiszeichen an die Sternbilder gebunden und wandern mit ihnen allmählich durch die Jahreszeiten. Diese Art der Astrologie bezeichnet man als siderische Astrologie im Unterschied zur tropischen Astrologie mit an den Frühlingspunkt gebundenen Zeichen.

Rezeption

Die Naturwissenschaft lehnt jede Form der Astrologie aufgrund ihrer „unstrittigen Unwissenschaftlichkeit“ ab. Im Jahre 1975 veröffentlichte die amerikanische Zeitschrift The Humanist eine Erklärung mit dem Titel Einwände gegen die Astrologie. Einleitend hieß es: „Wir, die Unterzeichner – Astronomen, Astrophysiker und Naturwissenschaftler anderer Fachrichtungen – möchten die Öffentlichkeit vor einem ungeprüften Vertrauen zu den Vorhersagen und Ratschlägen warnen, die Astrologen privat und öffentlich machen und erteilen. Wer an die Astrologie glauben möchte, sollte sich vor Augen halten, daß es für ihre Lehren keine wissenschaftliche Grundlage gibt.“

Mit der Tierkreisastrologie befasste sich auch das dänisch-deutsche Forscherteam um Peter Hartmann in einer großangelegten Studie. Es wertete die Daten von insgesamt mehr als 15.000 Personen statistisch aus und stellte fest: ein Zusammenhang zwischen Geburtsdatum – und damit auch dem Tierkreiszeichen, in dem zum Zeitpunkt der Geburt die Sonne steht – und individuellen Persönlichkeitsmerkmalen konnte nicht nachgewiesen werden.

Ungeachtet dessen werden immer wieder Studien durchgeführt, die nach Zusammenhängen zwischen dem Geburtsmonat und bestimmten körperlichen, kognitiven und psychischen Eigenschaften suchen.

Diese Studien werden häufig von Astrologen als Beleg für Sinnhaftigkeit ihrer vermeintlichen „Wissenschaft“ ins Feld geführt. Belegen aber letztlich völlig natürliche Zusammenhänge. Sie können aber einen Hinweis darauf geben, dass die Astrologie als eine „Beobachtungswissenschaft“ gestartet ist.

Medien berichteten öfters nur über die angebliche Entdeckung eines 13. Tierkreiszeichens Schlangenträger. Demzufolge müssten auch die Zeiträume der Sternzeichen korrigiert werden, was viele Menschen in ein anderes Tierkreiszeichen verschieben würde. Diese Meldungen beruhen jedoch auf der Verwechslung von Sternbildern mit Tierkreiszeichen, kommen regelmäßig in den Medien und wurden bereits 2011 und 2016 wiederholt. Die unteren Sterne aus dem Schlangenträger wurden zur Zeit der Entstehung und Benennung der Tierkreiszeichen und Sternbilder noch dem Skorpion zugeordnet, da es keine verbindlichen Definitionen von Sternbildern gab und Grenzen zwischen Sternbildern fließend waren. So befanden sich nur 12 Sternbilder auf der Ekliptik – die in etwa den zwölf Monaten eines Jahres entsprechen. 2022 wird die Limitierung auf 12 Sternbilder mit dem Sexagesimalsystem der Babylonier begründet.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Georg Gundel: Zodiakos: Tierkreisbilder im Altertum. Kosmische Bezüge und Jenseitsvorstellungen im antiken Alltagsleben (= Kulturgeschichte der antiken Welt. Bd. 54). Von Zabern, Mainz 1992, ISBN 3-8053-1324-1.
  • Wolfgang Hübner: Die Eigenschaften der Tierkreiszeichen in der Antike: Ihre Darstellung und Verwendung unter besonderer Berücksichtigung des Manilius (= Sudhoffs Archiv. Beihefte, Bd. 22). Steiner, Wiesbaden 1982, ISBN 3-515-03337-8.
  • Robert Powell: Geschichte des Tierkreises. Philosophische Dissertation [Warschau 2004]. Aus dem Englischen übersetzt von Wilhelm Maas. Astronova, Tübingen 2006, ISBN 3-937077-23-5.
  • Wolfgang Hübner: Tierkreis. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 12/1, Metzler, Stuttgart 2002, ISBN 3-476-01482-7, Sp. 553–563.
Commons: Tierkreiszeichen – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Tierkreiszeichen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Mathieu Ossendrijver: Astronomie und Astrologie in Babylonien. In: Joachim Marzahn, Beatrice André-Salvini, Jonathan Taylor: Babylon – Mythos und Wahrheit: Katalog zur Ausstellung in den Staatlichen Museen zu Berlin, Pergamonmuseum, 26.6.2008–5.10.2008. Hirmer Verlag, München 2008, S. 380 (online).
  2. 1 2 3 Susanne M. Hoffmann: Hipparchs Himmelsglobus: ein Bindeglied in der babylonisch-griechischen Astrometrie? Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-658-18683-8.
  3. Mathieu Ossendrijver: ZODIAC (project: FU Berlin). In: Ancient Astral Science in Transformation. FU Berlin, April 2021, abgerufen am 27. April 2022 (englisch, deutsch).
  4. Susanne M. Hoffmann: Wie der Löwe an den Himmel kam Auf den Spuren der Sternbilder. 1. Auflage. Stuttgart 2021, ISBN 978-3-440-17251-3.
  5. 1 2 Mathieu Ossendrijver: Babylonian mathematical astronomy: procedure texts. Springer, New York, NY 2012, ISBN 978-1-4614-3782-6.
  6. Die vier Ekliptikpunkte der Äquinoktien und Sonnenwenden haben in jedem Sonnenkalender nicht ganz feststehende Tagesdaten. Die 12 Tierkreiszeichen-Abschnitte beginnen hingegen in vereinfachenden Kalendern an gleichen Kalendertagen, z. B. der Widder am 21. März anstatt genau zur Frühlingstagundnachtgleiche, der Krebs am 22. Juni anstatt genau zur Sommersonnenwende, die Waage am 24. September anstatt genau zur Herbsttagundnachtgleiche und der Steinbock am 22. Dezember anstatt genau zur Wintersonnenwende (zugrunde liegend ist der gregorianische Kalender).
  7. Massimo Pigliucci: Nonsense on Stilts. How to Tell Science from Bunk. University of Chicago Press, Chicago 2010, S. 63 f.
  8. Jürgen Hamel: Begriffe der Astrologie. Wissenschaftlicher Verlag Harri Deutsch, Frankfurt am Main 2010, S. 580., Stichwort Tierkreis, tropischer.
  9. Francesca Rochberg: Heavenly Writing. Cambridge University Press, New York 2004, S. 127 ff.
  10. James Herschel Holden: A History of Horoscopic Astrology. American Federation of Astrologers, Tempe (USA) 2006, S. 3 f.
  11. Am 9. November 1989, 18h57, Berlin.
  12. Ayanamsha auf Astrowiki.de.de
  13. Angaben nach Gertrud I. Hürlimann: Astrologie. 6. Auflage. Edition Astroterra, M & T Verlag, Zürich 1990, S. 22.
    Ebenso Udo Becker: Lexikon der Astrologie. Herder, Freiburg im Breisgau 1981, S. 278.
  14. Herodot: Historien. 2.82
  15. James Herschel Holden: A History of Horoscopic Astrology. American Federation of Astrologers, Tempe (USA) 2006, S. 3.
  16. Mathieu Ossendrijver: Astronomie und Astrologie in Babylonien. In: Joachim Marzahn, Beatrice André-Salvini, Jonathan Taylor: Babylon – Mythos und Wahrheit: Katalog zur Ausstellung in den Staatlichen Museen zu Berlin, Pergamonmuseum, 26.6.2008–5.10.2008. Hirmer Verlag, München 2008, S. 380.
  17. Francesca Rochberg: Heavenly Writing. Cambridge University Press, New York 2004, S. 129 f.
  18. Carl Bezold, Franz Boll, Wilhelm Gundel: Sternglaube und Sterndeutung. Die Geschichte und das Wesen der Astrologie. 6./7. Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1974/1977, S. 50–52.
  19. Carl Bezold, Franz Boll, Wilhelm Gundel: Sternglaube und Sterndeutung. Die Geschichte und das Wesen der Astrologie. 6./7. Auflage. G. B. Teubner, Stuttgart 1974/1977, S. 55, 138, 140 ff.
  20. Carl Bezold, Franz Boll, Wilhelm Gundel: Sternglaube und Sterndeutung. Die Geschichte und das Wesen der Astrologie. 7. Auflage. G. B. Teubner, Stuttgart, Nachdruck Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1977, S. 54, 192.
  21. Claudius Ptolemäus: Tetrabiblos. („Vier Bücher“). Vierbändiges Grundlagenwerk der Astrologie, 2. Jahrhundert n. Chr. Nach der von Philipp Melanchthon ins Griechische und Lateinische verfassten Ausgabe (1553) ins Deutsche übersetzt von M. Erich Winkel, Buch I und II, Linser Verlag, Berlin 1923, S. 34, 37, 39, 69, 89 (Neuauflage: Chiron-Verlag, Mössingen 2000, ISBN 3-925100-17-2, S. 160, 166).
  22. Otto Schönberger, Eberhard Knobloch: Blütensträusse. Übersetzung ins Deutsche „Vettius Valens, Anthologiae“. Chiron Verlag, Tübingen 2005, zahlreiche Textstellen.
  23. Claudius Ptolemäus: Tetrabiblos. („Vier Bücher“). Vierbändiges Grundlagenwerk der Astrologie, 2. Jahrhundert n. Chr. Nach der von Philipp Melanchton ins Griechische und Lateinische verfassten Ausgabe (1553) ins Deutsche übersetzt von M. Erich Winkel, Buch I und II, Linser Verlag, Berlin 1923, S. 89. (Neuauflage: Chiron-Verlag, Mössingen 2000, ISBN 3-925100-17-2, S. 160, 166)
  24. F. E. Robbins: Ptolemy. Tetrabiblos. Loeb Classical Library, Harvard University Press, London 1980, S. 156 ff.
  25. 1 2 Carl Bezold, Franz Boll, Wilhelm Gundel: Sternglaube und Sterndeutung. Die Geschichte und das Wesen der Astrologie. 6./7. Auflage. G. B. Teubner, Stuttgart 1974/1977, S. 60, 149, 191 ff.
  26. Carl Bezold, Franz Boll, Wilhelm Gundel: Sternglaube und Sterndeutung. Die Geschichte und das Wesen der Astrologie. 6./7. Auflage. G. B. Teubner, Stuttgart 1974/1977, S. 60.
  27. James Evans: The Astrologer’s Apparatus: A Picture of Professional Practice in Greco-Roman Egypt. In: Journal for the History of Astronomy. (ISSN 0021-8286), Bd. 35, Teil 1, Nr. 118, S. 6, 8, 13.
  28. Carl Bezold, Franz Boll, Wilhelm Gundel: Sternglaube und Sterndeutung. Die Geschichte und das Wesen der Astrologie. 6./7. Auflage. G. B. Teubner, Stuttgart 1974/1977, S. 101 ff., 173 ff.
  29. Carl Bezold, Franz Boll, Wilhelm Gundel: Sternglaube und Sterndeutung. Die Geschichte und das Wesen der Astrologie. 6./7. Auflage. G. B. Teubner, Stuttgart 1974/1977, S. 70.
  30. Objections to Astrology. A Statement by 186 Scientists. In: Patrick Grim (Hrsg.): Philosophy of Science and the Occult. State University of New York Press, Albany 1982, S. 14–18 (PDF; englisch, abgerufen am 6. Juli 2011).
  31. Übersetzung aus: Nias Eysenck: Astrologie – Wissenschaft oder Aberglaube? München 1988, S. 17 f.
  32. Peter Hartmann (Universität von Aarhus) u. a.: The relationship between date of birth and individual differences in personality and general intelligence: A large-scale study. In: Personality and Individual Differences. Mai 2006, Bd. 40, S. 1349–1362.
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