Klassifikation nach ICD-11
6E8Y Sonstige näher bezeichnete psychische Störungen, Verhaltensstörungen oder neuronale Entwicklungsstörungen [Lykanthropie]
MB26.0Y Sonstiger näher bezeichneter Wahn [Lykanthropie]
ICD-11 2022-02letzte (WHO, englisch)

Therianthropie (von altgr. θηρίον therion „wildes Tier“ und ἄνθρωπος anthrōpos „Mensch“) bezeichnet die Verwandlung (so genannte Theriomorphose) eines Menschen in ein Tier oder in ein Wesen, das sowohl menschliche als auch tierische Eigenschaften besitzt. Sie geschieht entweder im Rahmen von Mythen oder rein spirituell.

Die bekannteste Form der Therianthropie ist die Verwandlung in einen Werwolf, auch als Lykanthropie bekannt. Der Begriff wird häufig auch auf andere Tiere ausgedehnt und damit gleichbedeutend zu Therianthropie verwendet. Weitere Beispiele sind bestimmte totemistische Ideen im Schamanismus oder die Darstellungen des ägyptischen Gottes Ra als Mensch mit Falkenkopf.

Im Mittelalter und bei vielen sogenannten „Naturvölkern“ gehörte Therianthropie zum Weltbild der Menschen. Im Zuge der Aufklärung wurden Menschen, die glaubten, sich in ein Tier verwandeln zu können, zunehmend als psychisch krank eingeordnet.

Wissenschaftliche Einstufung

Der Begriff Therianthropie wird vor allem über soziale Netzwerke verbreitet. Gerade im Jahr 2021 wurde der Begriff auf Plattformen wie TikTok zum Trend und Suchanfragen im Internet erhöhten sich. Wissenschaftliche Untersuchungen, spezifisch zum Phänomen der Therianthropie, existieren zum aktuellen Zeitpunkt nur vereinzelt. Klinisch wird Therianthropie als Lykanthropie bezeichnet. Zur Differentialdiagnose werden folgende Punkte genannt:

  • Der Betroffene berichtet, dass er sich als Tier fühlt oder sich Phasenweise als Tier fühlt;
  • Der Betroffene ahmt tierähnliche Verhaltensweisen nach.

Abweichend von der neurologisch-psychiatrischen Definition kann Therianthropie auch als esoterisches Weltbild verstanden werden, wobei erstere Definition auf Personen anzuwenden ist, die sich tatsächlich als Tier identifizieren, letztere auf Personen, die sich im Rahmen von Esoterik oder Okkultismus lediglich temporär vorstellen, sie seien mit einem Tiergeist verbunden.

  • Petra Garlipp, et al.: Seltene Wahnstörungen – Psychopathologie, Diagnostik, Therapie. Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, 2009, ISBN 978-3-7985-1876-6.
  • reporter (Funk): Sie sieht sich nicht als Mensch. ZDF.de, 2022 [barrierefrei abrufbar].

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Caleb Hammond: Writer-Director Nathalie Biancheri Uses Species Dysphoria as a Jumping Off Point to Explore Identity. In: MovieMaker. 8. Dezember 2021, abgerufen am 13. August 2023 (amerikanisches Englisch).
  2. #Therian. In: TikTok. Abgerufen am 13. August 2023.
  3. vgl. Google Trends
  4. P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof, D. E. Dietrich: Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens. In: Peter Falkai (Hrsg.): Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie. Band 69, Nr. 5. LMU München / Georg Thieme, 2001, ISSN 0720-4299.
  5. 1 2 Petra Garlipp, Detlef Dietrich, Horst Haltenhof: Seltene Wahnstörungen. Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-7985-1876-6, Lykanthropie, S. 22 ff.
  6. Natalie Bricker: Life Stories of Therianthropes: An Analysis of Nonhuman Identity in a Narrative Identity Model. Lake Forest College Publications, Lake Forest (Illinois) 2016.
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