Die Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste (auch: Gesellschaft der Freunde der schönen Künste, polnisch Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych, zunächst: Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych w Królestwie Polskim, Kurzform: TZSP) in Warschau war eine Organisation von Künstlern und Kunstliebhabern zur Förderung polnischer Kunst und Künstler. Die Gesellschaft wurde 1860 gegründet und bestand bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1939.
Geschichte
Vor 1860 gab es in Warschau weder öffentliche Museen für Malerei noch Bibliotheken oder andere allgemein zugängliche Institutionen, die einen Austausch unter den bildenden Künstlern ermöglicht hätten. Repressionen nach dem Novemberaufstand machten eine höhere künstlerische Ausbildung zudem so gut wie unmöglich. Die letzte größere Ausstellung fand 1845 statt.
Nach Protesten der Künstler in den 1850er Jahren wurde 1858 schließlich die Wystawa Krajowa Sztuk Pięknych (deutsch: Landesausstellung der Schönen Künste) im Mokronowski-Palast genehmigt. Diese Ausstellung war von Alfred Schouppe, Wojciech Gerson und Marcin Olszyński initiiert worden. Im Zuge dieser Ausstellung kam es zu Verhandlungen mit den russischen Machthabern, die letztlich zu der Erlaubnis der Gründung einer Gesellschaft zur Förderung der Schönen Künste im Oktober 1860 führten. Vorbild dieser Institution war die bereits 1854 entstandene Gesellschaft der Freunde der Schönen Künste in Krakau. Als Gründer waren Aleksander Lesser und Ksawery Kaniewski wie auch wieder Wojciech Gerson, Alfred Schouppe und Marcin Olszyński beteiligt.
Gesellschaft zur Förderung der schönen Künste
Die Satzung der Gesellschaft wurde von Kunstliebhabern und Künstlern gemeinsam verfasst. Am 13. Dezember 1860 fand die erste Vollversammlung und Wahl des Vorstandes statt, der daraufhin seine Tätigkeiten aufnahm. Die Wahl des Vorstandes, der 12 Mitglieder umfasste und jeweils aus sechs Künstlern und Kunstkennern bestand, fand jährlich statt. Die Mitglieder blieben mindestens einen Monat und maximal ein Jahr im Amt. Zum ersten Vorstand gehörten Karol Beyer, Leon Dembowski, Rafał Hadziewicz, Konstanty Hegel, Ksawery Kaniowski, Justynian Karnicki, Juliusz Kossak, Aleksander Lesser, Alfred Schouppe, Józef Simmler und January Suchodolski. Bedeutende spätere Vorstandsmitglieder waren Henryk Dobrzycki, Jan Fryderyk Heurich und der Jurist Lucjan Dobrzycki.
Die Ziele der Gesellschaft waren vor allem die Verbreitung der schönen Künste sowie die Förderung und Unterstützung der Künstler. Im Jahr 1860 zählte die Gesellschaft 234 Mitglieder. Im Folgejahr waren es bereits 1464. Die Ausstellungsräumlichkeiten wechselten; so wurde das ehemalige Warschauer Bernhardinerkloster und ab 1894 die Innenhofgalerie des Potocki-Palastes genutzt. Die einzelnen Werke wurden zunächst solange ausgestellt, bis sie verkauft wurden. Tatsächlich führte dies schnell zu vollen Wänden und einer wenig abwechslungsreichen, permanenten Ausstellung. In der Zeit von 1900 bis 1939 kam es daher zu grundlegenden Veränderungen und die permanente Ausstellung fand nun lediglich in Ergänzung zu ansonsten wechselnden Ausstellungen statt.
20. Jahrhundert
Im Jahr 1900 wurde nach langer Vorbereitungszeit mit dem Bau der Galeria Zachęta durch Stefan Szyller ein dauerhaftes, eigenes Ausstellungs- und Versammlungsgebäude geschaffen. Seit 1904 wurde ein jährlicher „Salon der Malerei“ abgehalten. Neben Ausstellungskatalogen wurde auch die regelmäßig erscheinende Zeitschrift Przewodnik verlegt.
Langjähriger Präsident der Gesellschaft in der Zwischenkriegszeit war der Journalist und Hochschullehrer Stanisław Brzeziński. Ausstellungseröffnungen wurden häufig von bedeutenden Politikern begangen, so nahm der Präsident Polens, Ignacy Mościcki, mehrfach an solchen Veranstaltungen teil. Die Gesellschaft unterstützte die Gründung des Historischen Museums in Warschau und stattete es mit einem Teil der eigenen Sammlung aus.
Wegen der konservativen Förderungs- und Ausstellungspolitik der TZSP entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts zunehmend Künstlergruppen und -Vereine, die auch modernen Kunstformen Entfaltungsmöglichkeiten geben wollten. Sie fühlten sich von der Gesellschaft nicht vertreten; dazu gehörten die Gruppen „Sztuka“, „Młoda Polska“ und „Bunt“.
Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit
Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Zachęta-Galerie im Zuge der Besatzungszeit von deutschen Truppen besetzt und die Gesellschaft zur Förderung der schönen Künste aufgelöst. Die Sammlungen und Dokumente der Gesellschaft wurden entweder in das Warschauer Nationalmuseum überführt oder konfisziert und als Raubgut nach Deutschland verbracht.
Nach dem Krieg wurde die Gesellschaft nicht wieder reaktiviert. An ihre Stelle trat ab 1949 das vom Ministerium für Kunst und Kultur auf Antrag der Vereinigung der Bildenden Künste Polens gegründete Centralne Biuro Wystaw Artystycznych (deutsch: Zentralbüro für Kunstausstellungen). 1990 wurde erneut eine Gesellschaft zur Förderung der Bildenden Künste Zachęta (Towarzystwo Zachęty Sztuk Pięknych przy Galerii Zachęta) ins Leben gerufen, die heute für den Museumsbetrieb in der Galeria Zachęta verantwortlich ist.
Mitglieder (Künstler, Auswahl)
Zu ausgestellte Künstlern und Stipendiaten der TZSP gehörten:
- Zygmunt Andrychiewicz
- Wacław Borowski
- Feliks Ciechomski
- Wacław Chodkowski
- Wacław Dawidowski
- Tadeusz Gronowski
- Stanisław Kamocki
- Stanisław Lentz
- Jan Mucharski
- Edward Okuń
- Stanisław Podgórski
- Stanisław Radziejowski
- Ferdynand Ruszczyc
- Wacław Zawadowski
Weblinks
- Website der Galeria Zachęta
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Alfred Schouppe (1812–1899) war ein polnischer Maler. Er spezialisierte sich auf die Landschaftsmalerei und war einer der ersten Maler der Tatra. Er malte auch Kirchen aus und bebilderte Reiseführer. Außerdem verwaltete er den Familienbesitz bei Pilica und war als Angestellter bei der Kreditgesellschaft der Stadt Warschau tätig
- ↑ Marcin Olszyński (1829–1904) war ein polnischer Maler, Fotograf und Publizist
- ↑ Album dedykowany Alfredowi Schouppe w zbiorach Muzeum Narodowego. Dzieje.pl, 11. Januar 2011; abgerufen 10. Oktober 2012 (polnisch)
- ↑ Wiedza i życie, Band 25. Towarzystwo Uniwersytetu Robotniczego i Ludowego (Hrsg.), Verlag: Towarzystwo Wiedzy Powszechnej w Warszawie, 1958, S. 481
- ↑ Polskie życie artystyczne w latach 1945-1960, Band 1. Polska Akademia Nauk, Pracownia Plastyki Współczesnej, Verlag: Zakład Narodowy im, Ossolińskich 1992 S. 281 (polnisch)
- ↑ Antoni Knot: Roczniki biblioteczne. Organ Naukowy Bibliotek Szkoł Wyższych, Ausgabe 3–4. Verlag: Państwowe Wydawn, Naukowe 1970, S. 700
- ↑ Andrzej Rottermund, Marek Wrede, Andrzej Sołtan: 200 lat muzealnictwa warszawskiego. Dzieje i perspektywy, Materialien zu einem wissenschaftlichen Forum am 16.–17. November 2005 im Königsschloss Warschau. Verlag: Arx Regia, 2006, ISBN 978-83-7022-160-7
- ↑ Andrzej Ryszkiewicz: Malarstwo polskie. Romantyzm, historyzm, realizm, Band 6. Auriga, 1989, ISBN 83-221-0384-0, S. 40 (polnisch, abgerufen 11. Oktober 2012)
- ↑ zacheta.art.pl (Memento des vom 14. September 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Zachęta-Galerie (englisch, abgerufen 10. Oktober 2012)
- ↑ Das Gebäude befindet sich in der Krakowskie Przedmieście 66 und ist heute Sitz der Landwirtschaftlichen Zentralbibliothek.
- ↑ Eintrag bei Worldcat
Koordinaten: 52° 14′ 22″ N, 21° 0′ 41″ O