Česká pirátská strana
Partei­vorsitzender Ivan Bartoš
Gründung 17. Juni 2009
Gründungsort Prag
Hauptsitz Na Moráni 360/3, Prag
Ausrichtung Piratenbewegung
Liberalismus
Progressivismus
Pro-Europäismus
Partizipatorische Demokratie
Farbe(n) Schwarz
Jugendorganisation Mladí Piráti (Junge Piraten)
Sitze Abgeordnetenhaus
4 / 200 (2,0 %)
Sitze Senat
3 / 81 (3,7 %)
Regionalräten
13 / 65 (20,0 %)
Prager Stadtrat
3 / 21 (14,3 %)
Internationale Verbindungen Pirate Parties International
Sitze EU-Parlament
3 / 21 (14,3 %)
Europapartei Europäische Piratenpartei
EP-Fraktion G/EFA
Website pirati.cz

Die Česká pirátská strana (Kurzbezeichnung Piráti, ehemals ČPS), deutsch Tschechische Piratenpartei, ist eine liberal-progressive politische Partei in Tschechien.

Bei der Abgeordnetenhauswahl 2017 erhielt die Partei über 10 Prozent Stimmen und zog mit 22 Mandaten in das tschechische Parlament ein. Mit Zdeněk Hřib stellte die Partei von 2018 bis Februar 2023 den Oberbürgermeister von Prag – der ersten europäischen Hauptstadt mit einem „Piraten“ in einem solchen Amt. Die Partei ist seit 2019 mit drei Abgeordneten im Europäischen Parlament vertreten, wo sie der Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz angehört und mit Marcel Kolaja einen der 14 Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments stellt.

Inhaltliches Profil

Als Ergebnis einer im Jahr 2016 durchgeführten Umfrage bei der Leserschaft einer tschechischen Tageszeitung wurde die Piratenpartei in der politischen Mitte verortet. Die als Ergebnis der Umfrage deklarierte Zuordnung zum Liberalismus beruhte jedoch auf einer vereinfachten Definition desselben, die sich von der etwa in Deutschland gängigen Definition sehr erheblich unterscheidet. Die der Umfrage zugrundegelegte Definition des Liberalismus lautete: „Unterstützung alternativer Lebensweisen und Bereitschaft sie als gleichwertig zu akzeptieren.“ Der Vorsitzende der Piratenpartei Ivan Bartoš hält das bisherige Links-Rechts-Spektrum der politischen Parteien in Tschechien ohnehin für „überlebt“.

Innenpolitik

Die Wahlplattform der Partei für die Abgeordnetenhauswahl von 2017 hatte vier Schwerpunkte:

Die Partei unterstützt die Rechte Homosexueller in Tschechien. Ihre Vertreter äußerten sich gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen der EU, Kanadas und der USA (TTIP).

Europapolitik

Europäische Prioritäten der Partei in fünf Punkten:

  • Schutz der europäischen Freiheit vor Bedrohungen von außen durch Stärkung der Verteidigungsfähigkeit, der Unabhängigkeit und der Außengrenze der EU sowie gegen interne Bedrohungen wie Autoritarismus, Extremismus und Zensur
  • Transparenz der europäischen Entscheidungsfindung, Dezentralisierung, Bürgerbeteiligung, Subsidiarität und Bürokratieabbau in der EU
  • Reform der Besteuerung von Großunternehmen, transparente Verwaltung des europäischen Haushalts, Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen
  • Bekämpfung der Ursachen des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf die Umwelt; Abfallwirtschaft und Energiewende, nachhaltige Entwicklung und Unterstützung für ländliche Gebiete und Kleinbauern
  • Verbraucherschutz, Unterstützung der sozialen Gleichberechtigung und Schutz der Arbeitnehmerrechte

Geschichte

Die tschechische Piratenpartei wurde als von Studenten initiierte Graswurzelbewegung gegründet, die sich für politische Transparenz, Bürgerrechte und partizipatorische Demokratie einsetzt. In Anlehnung an die schwedische Piratpartiet wurde Anfang 2009 die Gründung der Partei vorbereitet. Nach dem Erreichen der nötigen Zahl an Unterschriften ist die Česká pirátská strana seit dem 17. Juni 2009 als Partei offiziell registriert.

Wahlen

Die Česká pirátská strana (ČPS) nahm im Mai 2010 erstmals an den Wahlen zum Abgeordnetenhaus des tschechischen Parlaments teil. Ursprünglich waren die Wahlen schon für Oktober 2009 vorgesehen gewesen. Insgesamt erhielt die Partei 42.323 Stimmen, was einem Anteil von 0,8 % entsprach.

Am 17. Oktober 2010 nahm die Partei an den Kommunalwahlen teil. Im Städtchen Štěpánkovice erzielte sie 13,1 % und gewann zwei Sitze im Stadtrat; in Hostouň kam sie auf 9,3 % der Stimmen und gewann einen Sitz.

Bei den Wahlen zu den Regionalräten am 12./13. Oktober 2012 erhielt die Partei zwischen 1,41 und 3,03 %, im Landesdurchschnitt 2,19 %. Bei der gleichzeitig stattfindenden Senatsteilwahl erhielt der von den Piraten nominierte und von ČPS, KDU-ČSL und Strana zelených unterstützte Kandidat Libor Michálek mit 24,3 % die meisten Stimmen und zog in die Stichwahl am 19./20. Oktober 2012 ein. In der Stichwahl wurde Michálek mit 74,4 % der Stimmen zum Senator gewählt.

Bei der Parlamentswahl 2013 konnten die Piraten ihr Ergebnis auf 2,6 % (132.417 Stimmen) verbessern. Bei der Europawahl in Tschechien 2014 erhielt die Piratenpartei 72.514 Stimmen; mit dem Stimmenanteil von 4,78 % verfehlte die Partei nur knapp die in Tschechien geltende 5-Prozent-Sperrklausel. Infolgedessen trat Ivan Bartoš als Parteichef zurück. Bei den Lokalwahlen 2014 erhielt die Partei in mehreren Ortsvertretungen Sitze, insbesondere eine Mehrheit in Marienbad, so dass Vojtĕch Franta zum ersten Bürgermeister der Partei in einer tschechischen Stadt wurde.

Bei der Abgeordnetenhauswahl 2017 erzielte die Partei 10,79 % der Stimmen und zog mit 22 Abgeordneten erstmals in die Abgeordnetenkammer ein. In der Senatswahl 2018 gewann der Ökonom Lukáš Wagenknecht einen Sitz im Senat. Mit Stand vom Mai 2021 ist die Piratenpartei durch drei Mitglieder im tschechischen Senat vertreten.

Bei der Prager Kommunalwahl im Oktober 2018 wurden die Piraten mit 17 % der Stimmen zweitstärkste Kraft und bildeten daraufhin die regierende Koalition. Der Stadtrat wählte den Mediziner Zdeněk Hřib am 15. November 2018 zum Primátor (Oberbürgermeister) der Hauptstadt.

In der Europawahl in Tschechien 2019 wurden Marcel Kolaja, Markéta Gregorová und Mikuláš Peksa als Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt. Sie traten der Grünen/EFA Fraktion bei und Kolaja wurde am 3. Juli 2019 zu einem der 14 Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments gewählt.

Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 verlor die Partei 18 der bisher gehaltenen 22 Mandate. Die Partei wurde Teil der Koalitionsregierung und stellt in Regierung Petr Fiala drei Minister: Außenminister Jan Lipavský, Minister für regionale Entwicklung Ivan Bartoš und Michal Šalomoun als Minister ohne Geschäftsbereich.

Internationale Verbindungen

Die Tschechische Piratenpartei (ČPS) ist stimmberechtigtes Mitglied der Pirate Parties International (PPI), des Weltverbands der Piratenparteien. Im März 2011 wurde Marcel Kolaja, Mitglied der ČPS, zu einem der beiden Co-Präsidenten der PPI gewählt. Weiterhin ist die ČPS Mitglied der Europäischen Piratenpartei und ist seit 2017 mit zwei Mitgliedern in deren Vorstand vertreten.

Vorsitzende

Als Vorsitzende der tschechischen Piratenpartei waren folgende Politiker tätig:

  • 2009: Kamil Horký,
  • 2009–2014: Ivan Bartoš,
  • 2014–2016: Lukáš Černohorský,
  • seit 2016 erneut Ivan Bartoš.

Literatur

Commons: Česká pirátská strana – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Pirates Seek to Plant a Flag in Prague. U.S. News & World Report. Philip Heijmans. 24. September 2018.
  2. Zdeněk Hřib: the Czech mayor who defied China. Robert Tait. TheGuardian.com. 3 Juli 2019.
  3. Slawek Blich. Finally a healthy dose of anti-establishment (englisch). politicalcritique.org. Januar 8, 2018.
  4. Katerina Safarikova. CZECHS EYE ‘SYMBOLIC’ PIRATE BREAKTHROUGH IN EUROPE (englisch). /balkaninsight.com. Mai 21, 2019.
  5. Česká Strana: Mezinárodní vztahy. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www.pirati.cz. Archiviert vom Original am 19. Januar 2021; abgerufen am 3. November 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  6. Stanovy České pirátské strany. (Nicht mehr online verfügbar.) Česká pirátská strana, 7. September 2013, archiviert vom Original am 9. August 2016; abgerufen am 17. September 2013 (tschechisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  7. Prag bekommt als erste europäische Hauptstadt einen Piraten zum Bürgermeister. Der Standard, .
  8. Politická mapa podle čtenářů: Úsvit a ANO neuchopitelní, o KSČM máte jasno. Mladá fronta Dnes, , 13. September 2016 (tschechisch).
  9. Koncept levice a pravice je podle mě už přežitý, říká předseda Pirátů. Mladá fronta Dnes, , 30. November 2018 (tschechisch).
  10. Volební program černé na bílém pro volby 2017 do Poslanecké sněmovny, Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 23. Oktober 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (tschechisch).
  11. Petra Dvořáková: Piráti milují. Pirátské vlajky tradičně na Prague Pride. (Die Piraten lieben. Piratenfrlaggen traditionell auf der Kundgebung Prague Pride.) Pirátské listy, , 17. August 2016 (tschechisch).
  12. Erwähnt in: Desítky tisíc Němců vyšly do ulic. Odmítají smlouvy EU s Kanadou a USA. (Zehntausende Deutsche gingen auf die Straßen. Sie lehnen die Verträge der EU mit Kanada und den USA ab.) Mladá fronta Dnes, , 17. September 2017 (tschechisch).
  13. Volební program pro volby do Evropského parlamentu 2019 (Memento des Originals vom 25. Mai 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (tschechisch) pirati.cz.
  14. Philip Heijmans: Pirates Seek to Plant a Flag in Prague. U.S. News & World Report. 24. September 2018.
  15. České noviny, ceskenoviny.cz (tschechisch).
  16. Ergebnisse der tschechischen Parlamentswahl 2010 (Memento des Originals vom 1. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  17. Piraten entern tschechische Kommunalwahlen
  18. volby.cz
  19. denik.cz
  20. volby.idnes.cz
  21. Ergebnis (tschechisch)
  22. Pirates to Enter Several Local Czech Parliaments. Pirate Times, 11. Oktober 2014, abgerufen am 3. November 2020.
  23. První starosta z Pirátů: Chceme Mariánské Lázně omladit. Česká televize, 12. November 2014, abgerufen am 3. November 2020.
  24. Bürgermeister von Marienbad. Stadt Marienbad, 13. November 2014, abgerufen am 3. November 2020.
  25. piratenpartei.de
  26. Offizielle Ergebnisse (tschechisch)
  27. Ivan Štern: Wagenknecht vyhrál senátní volby. Český rozhlas, , 13 .Oktober 2018 (tschechisch).
  28. Primátorem Prahy bude Pirát Hřib. Další koaliční lídři jsou mimo radu. Mladá fronta Dnes, , 25. Oktober 2018 (tschechisch).
  29. Pirát, který v Česku žádné spojence nevidí. Kolaja je lídrem do voleb. Denik.cz, , 11. Februar 2019 (tschechisch).
  30. Vierzehn Vizepräsidenten des europäischen Parlaments gewählt. Pressemitteilung Plenartagung 7. Juli 2019, .
  31. Political group Czech Pirate Party. In: Parlament der Republik Tschechien. Abgerufen am 27. Dezember 2021.
  32. Curriculum Vitae (Memento vom 27. Oktober 2012 im Internet Archive), volipiraty.cz.
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