Ein Verdrillschema ist ein Schema, nach dem die Verdrillung von Freileitungen mittels Verdrillmasten erfolgt. Um einen gleichmäßigen kapazitiven Belag der mit Dreiphasenwechselstrom betriebenen Freileitung zu gewährleisten, muss jeder der drei Leiter einmal an einem Platz der Freileitung hängen. Damit erhält man je nach Leitungsart die sogenannten α-, β- oder γ-Verdrillungen.
α-Verdrillung
Bei einkreisigen Drehstromleitungen erfolgt eine Verdrillung bei 1/3 und 2/3 der Leitungslänge (α1). Da dies zu einer anderen Abfolge der Phasen führt wird oft mit dem α2-Schema gearbeitet, bei dem 1/3-Verdrillung in zwei 1/6 aufgeteilt wird und die Phasenfolge am Anfang und Ende der Leitung gleich ist.
β-Verdrillung
Bei zweikreisigen Drehstromleitungen erfolgen die Verdrillungen, wenn beide Leitungen asynchron betrieben werden, bei einem Stromkreis die Verdrillung bei 1/3 und 2/3 der Leitungslänge und bei dem anderen Stromkreis bei 1/9, 2/9, 3/9, 4/9, 5/9, 6/9, 7/9 und 8/9 der Leitungslänge.
γ-Verdrillung
Bei zweikreisigen Drehstromleitungen erfolgen die Verdrillungen, wenn beide Leitungen synchron betrieben werden, ebenfalls bei 1/3 und 2/3 der Leitungslänge, wobei der Umlaufsinn stets entgegengesetzt zueinander ist (γ1-Verdrillung). Soll die Phasenfolge wieder gleich sein, wird ein Drittel der Verdrillung geteilt und die Leitung nach dem Schema 1/6, 1/3, 1/3, 1/6 verdrillt (γ2-Verdrillung).
Besonderheiten
Da bei mehrkreisigen Drehstromleitungen häufig die durch gegenseitige Beeinflussung der Stromkreise hervorgerufene Unsymmetrie größer ist als die durch den Aufbau der Leitung bedingte, findet man auch Verdrillungen, die nicht dem Verdrillschema entsprechen, wobei bei Drehstromleitungen es auch nicht selten ist, dass an der Verdrillstelle die Verdrillung nur zwischen zwei Phasen erfolgt. Es gibt auch Energieversorgungsunternehmen, die auf Verdrillungen verzichten. Dies ist zum Beispiel in Belgien der Fall.
Beispiel
Verdrillschema der 1929 fertiggestellten Hochspannungsleitung Hoheneck-Herbertingen (Länge: 123,5 Kilometer). Bis 1964 trug diese Leitung zwei 220-kV-Drehstromkreise, seit 1964 ist diese Leitung eine 380-kV/220-kV-Leitung. Ursprünglich existierten neun Verdrillstellen, da beide Stromkreise asynchron betrieben wurden. Mittlerweile sind auch die beiden letzten Verdrillmasten bei Rommelsbach und Gomadingen zu normalen Abspannmasten zurückgebaut worden.
Mast | Abstand zum Ausgangspunkt (Umspannwerk Hoheneck) | Zustand |
---|---|---|
Mast 48 | 12,3 km | aufgelassen |
Mast 90 | 24,4 km | aufgelassen |
Mast 174 | 47,6 km | aufgelassen |
Mast 206 | 57,7 km | aufgelassen |
Mast 260 | 72,7 km | aufgelassen |
Mast 288 | 80,8 km | aufgelassen |
Mast 316 | 88,6 km | aufgelassen |
Mast 366 | 101,8 km | aufgelassen |
Mast 413 | 114,6 km | aufgelassen |
Quellen
- Prof. Oswald: Vorlesung Elektrische Energieversorgung I. (PDF; 708 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) Universität Hannover, 2005, S. 55ff, archiviert vom am 19. Juli 2007; abgerufen am 29. Dezember 2008.
Einzelnachweise
- ↑ Wisselmast, auf hoogspanningsnet.com