Der Versal ist in der Typografie der Fachausdruck für den Großbuchstaben (Majuskel) als Mittel der besonderen Hervorhebung, als der Schriftauszeichnung, etwa am Beginn eines Textes, bei Versanfängen oder um ganze Wörter, Zeilen oder längere Texte hervorzuheben. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird vorwiegend der Plural die Versalien verwendet. Das Pendant zu den Versalien sind die Gemeinen, die Kleinbuchstaben (Minuskeln).

Geschichte

Der Begriff Versal (lateinisch versus = das Umwenden des Pfluges, der Furche, der Zeile) leitet sich ab von der Rolle der Großbuchstaben als Mittel des Hervorhebens, der Schriftauszeichnung bei Versanfängen bzw. am Beginn des Textes seit dem 5. Jahrhundert.

Zunächst blieb die Funktion der Großbuchstaben auf das Auszeichnen beschränkt. Dabei nahmen die Versalien als Initialen eine gesonderte Entwicklung.

Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert wurden neben reich geschmückten Zierinitialen zusätzlich Lombardische Versalien für Hervorhebungen in den Texten der gotischen Minuskel verwendet. Bei diesen sogenannten Lombarden handelt es sich um relativ kleine, schmucklose oder nur wenig verzierte Unzialbuchstaben in roter oder blauer Farbe.

Nachdem im 15. Jahrhundert das Alphabet der Großbuchstaben (Capitalis) mit dem Alphabet der Kleinbuchstaben (humanistische Minuskel) im Rahmen der Satzschriftgestaltung zur Antiqua vereinigt wurde, kam es häufiger zum Einsatz von einfachen Großbuchstaben innerhalb der Texte. Ihre Anwendung war jedoch noch nicht im Sinne einer allgemeingültigen Rechtschreibung geregelt, deren Grundlagen erst ab dem 17. Jahrhundert entstanden.

Funktionen

Heute werden Versalien in der satzinternen Großschreibung gebraucht, um den Text grafisch zu strukturieren. Ihre Auszeichnungsfunktion als Initiale ist erhalten geblieben. Dabei können mit Antiqua-Versalien auch ganze Wörter und Zeilen gestaltet werden. Das ist mit Versalien der gebrochenen Schriften nicht angebracht. Diese sind wegen ihrer Vielgliedrigkeit im Formenaufbau dafür nicht geeignet. Für längere Texte bzw. Mengensatz sind auch Antiqua-Versalien nicht sinnvoll. Ihre einheitliche Größe führt bei der Aneinanderreihung zu gleichförmig umrissenen Zeilenbändern. Deshalb ist Versalsatz schlecht lesbar.

Versalsatz dient über die optische Betonung hinaus vor allem dazu, eine bestimmte ästhetische Wirkung zu erzielen. So können mit dem Einsatz von Versalien unterschiedliche Wirkungen, wie beispielsweise Repräsentation, Würde, Feierlichkeit, Erhabenheit usw. zum Ausdruck gebracht und der kommunikative Effekt der Gestaltung erhöht werden. Der Versalsatz wird in der Typografie als gestalterisches Mittel vor allem in der Buchgestaltung und bei Akzidenzen, wie bei Urkunden, Einladungen, Plakaten und Anzeigen angewandt. Schließlich spielt er in der Werbung insbesondere bei der Gestaltung von Schlagzeilen eine große Rolle, um Aufmerksamkeit zu erzielen.

Ob der Raum zwischen den Versalien ausgeglichen werden muss, hängt davon ab, welche Wirkung erreicht werden soll. Eine besondere Variante der Versalien bilden die Kapitälchen.

Siehe auch

Literatur

  • Albert Kapr: Schriftkunst. Geschichte, Anatomie und Schönheit der lateinischen Buchstaben. Verlag der Kunst, Dresden 1971, ISBN 3-364-00624-5.
  • Albert Kapr und Walter Schiller Gestalt und Funktion der Typographie. VEB Fachbuchverlag Leipzig 1983.
  • Walter Bergner: Grundlagen der Typografie. Fachbuchverlag Leipzig 1990.
  • Friedrich Forssman & Ralf de Jong: Detailtypografie. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2002, ISBN 3-87439-568-5.
  • Hans Peter Willberg mit Friedrich Forssman: Lesetypographie. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 1997, ISBN 3-87439-375-5.
  • Otl Aicher: typographie. Reprint der Originalausgabe. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 2005, ISBN 978-3-87439-683-7.
  • P. Neumann: Versalsatz. In: Severin Corsten (Hrsg.): Lexikon des gesamten Buchwesens. Band 8, Hiersemann, Stuttgart 2009, ISBN 3-7772-8527-7.
Wiktionary: Versal – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Versalie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Bildergalerie: Zierinitialen
  2. Frantisek Muzika: Die schöne Schrift in der Entwicklung des lateinischen Alphabets. Artia, Prag 1965. Bd. I, S. 339.
  3. Friedrich Forssman & Ralf de Jong: Detailtypografie. Schmidt, Mainz 2002, ISBN 3-87439-568-5, S. 260–263.
  4. Historische Beispiele für Zierversalien als Initiale. In: Kunstrichtige Schreibart: allerhand Versalie[n] oder AnfangsBuchstabe[n] der teütschen, lateinischen und italianischen Schrifften aus unterschiedlichen Meistern der edlen Schreibkunst zusammen getragen(1655).
  5. Hans Peter Willberg: Lesetypografie. Schmidt, Mainz 2006, S. 139 ff.
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