Ein Insektenstich oder Giftstich ist eine Abwehrhandlung von mit einem Giftstachel bewehrten Insekten, meist Hautflüglern wie etwa Honigbienen, Wespen und Hornissen, seltener auch Ameisen. Dabei wird dem Feind mit dem Stachel ein giftiges Sekret unter die Haut injiziert. Es kann sich um die unmittelbare Verteidigungsreaktion eines einzelnen Insekts, aber auch um die kollektive Reaktion auf eine Bedrohung der Niststätte handeln.

Im Normalfall reagiert der menschliche Körper auf das Stichgift (etwa das Bienen- oder Hornissengift) dieser Insekten mit einer lokalen Entzündungsreaktion (Schwellung und Rötung), bei einem kleinen Kreis anfälliger Personen besteht darüber hinaus die Gefahr einer allergischen Reaktion.

Direkte Stichreaktion

Klassifikation nach ICD-10
T63 Toxische Wirkung durch Kontakt mit giftigen Tieren
T63.4 Gift sonstiger Arthropoden
Insektenbiss oder -stich, giftig
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das Stichgift von Bienen und Wespen verursacht Schmerzen und im späteren Verlauf Juckreiz sowie eine (bei Allergikern mitunter massive) Schwellung, die erst nach einigen Tagen nachlässt. Diese kann bis zu fünf oder sechs Tage anhalten, am zweiten oder dritten Tag kann die Reaktion am stärksten sein. Die Wirkung ist jedoch abhängig von der Einstichstelle und der Menge des Giftes, so dass die Reaktion sehr unterschiedlich ausfallen kann. Bei einem Wespenstich kann der Schmerz beispielsweise schon nach einigen Minuten stark nachlassen, aber auch mehrere Stunden anhalten.

Das Gift von Bienen und Wespen, aber auch von Hornissen oder Hummeln ist erst bei mehreren hundert Stichen lebensgefährlich. Dabei kann es durch eine Rhabdomyolyse, Hämolyse, Gerinnungsstörungen und Blutplättchenmangel sowie akutem Leber- und Nierenversagen zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen. Bei Allergikern dagegen kann bereits ein einziger Stich zu lebensbedrohlichen Reaktionen führen. Zu einer erheblichen allergischen Allgemeinreaktion, die potenziell lebensbedrohlich sein kann, kann es abgeschätzt bei etwa 0,4 bis 0,8 % der Kinder und etwa 3 % der Erwachsenen kommen.

Allergische Reaktion

Wenn der Betroffene durch frühere Stiche sensibilisiert ist (Insektengiftallergie), kann durch das Gift bereits eines einzelnen Stiches eine allergische (anaphylaktische) Reaktion ausgelöst werden. Die Bandbreite reicht von einer lokal begrenzten Hautreaktion (Rötung, Schwellung, Quaddeln) über leichte Allgemeinreaktionen (Übelkeit, Kopfschmerzen, großflächige Hautreaktionen) und Atemnot bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock. Eine anaphylaktische Reaktion kann unter Umständen sehr rasch auftreten. Allergische Reaktionen treten 10 Minuten bis 5 Stunden nach dem Stich auf, fast immer aber innerhalb der ersten Stunde. Auch die Schwellung selbst kann eine tödliche Gefahr darstellen, wenn sie die oberen Luftwege mechanisch verlegt.

Diagnostik

Aus dem Blut des Patienten lassen sich Insekten-spezifische IgE-Antikörper nachweisen. Diese lassen sich allerdings schon nachweisen, wenn Personen irgendwann einmal von dem entsprechenden Insekt gestochen wurden. Eine zweizeitige Antikörperbestimmung kann durch eventuellen Titeranstieg Rückschlüsse auf das verantwortliche Insekt zulassen. Auch eine Differentialdiagnose zwischen Biene und Wespe ist mittels moderner molekularer IgE-Allergiediagnostik möglich. Um eine fragliche Anaphylaxie nach Bienen- oder Wespenstich abzuklären bietet sich auch der Basophilen-Stimulationstest an.

Behandlung

Erstmaßnahme bei Bienenstichen ist die sofortige Entfernung des Stachels und sofortige Kühlung. Zusätzlich ist ein Abmildern der Symptome durch lokale Hyperthermie mittels eines Wärmestifts nachgewiesen (punktuelle Erwärmung der betroffenen Hautstelle mit 50 bis 60 °C für 3 bis 10 Sekunden).

Bei allergischen Reaktionen ist eine Behandlung mit entsprechenden Medikamenten (Antihistaminika, Kortikoide, Adrenalin) notwendig, bei einer ausgeprägten Anaphylaxie als notärztliche Behandlung. Risikopersonen können ein Notfallset, insbesondere eine Adrenalin-Fertigspritze, mit sich tragen. Dauerhaft kann das Risiko durch eine Immuntherapie, die allerdings drei bis fünf Jahre dauert, reduziert werden. Durch Vorsichtsmaßnahmen lässt sich das Stichrisiko vermindern. Dazu zählen unter anderem das Unterlassen aggressiver Bewegungen und das Meiden von Blüten, Fallobst, Süßgetränken, Wiesen u. a.

Einzelnachweise

  1. Ulrich Wahn: Pädiatrische Allergologie und Immunologie.
  2. Emmanuel A. Burdmann, Vivekanand Jha, Visith Sitprija: Acute Kidney Injury in the Tropics. In: Jürgen Floege, Richard J Johnson, John Feehally: Comprehensive Clinical Nephrology. 4. Auflage. St. Louis 2010, S. 814.
  3. John E. Moffitt u. a. (Joint Task Force on Practice Parameters for Allergy and Immunology): Stinging insect hypersensitivity: A practice parameter update 2011. In: Journal of Allergy and Clinical Immunology. Volume 127, Issue 4, 2011, S. 852–854.
  4. 1 2 D. B. Golden: Insect sting anaphylaxis. In: Immunol Allergy Clin North Am. 27(2), Mai 2007, S. 261–272, vii. Review. PMID 17493502.
  5. James H. Diaz: Hymenopterid Bites, Stings, Allergic Reactions, and the Impact of Hurricanes on Hymenopterid-Inflicted Injuries. In: Journal of the Louisiana State Medical Society. 159, 2007, S. 149–157.
  6. LADR Informiert: Insektengiftallergie
  7. LADR: Insektengiftallergie: Häufigste Ursache anaphylaktischer Reaktionen
  8. LADR Informiert: Basophilen-Stimulationstest - Neue Möglichkeiten in der Allergiediagnostik
  9. P Kirk Visscher, Richard S Vetter, Scott Camazine: Removing bee stings. In: The Lancet. Band 348, Nr. 9023, August 1996, S. 301–302, doi:10.1016/S0140-6736(96)01367-0.
  10. P. Altmeyer: Die Online Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin, Stichwort Insektenstich; enzyklopaedie-dermatologie.de, abgerufen 1. September 2016.
  11. Christian Mueller, Grossjohann, Fischer: The use of concentrated heat after insect bites/stings as an alternative to reduce swelling, pain, and pruritus: an open cohort-study at German beaches and bathing-lakes. In: Clinical, Cosmetic and Investigational Dermatology. Band 2011, Dezember 2011, ISSN 1178-7015, S. 191–196, doi:10.2147/CCID.S27825, PMID 22253544, PMC 3257884 (freier Volltext) (dovepress.com [abgerufen am 26. Mai 2019]).

Literatur

  • Bernhard Przybilla, Franziska Ruëff: Insektenstiche: Klinisches Bild und Management. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 109, Nr. 13. Deutscher Ärzte-Verlag, 30. März 2012, S. 238–248, doi:10.3238/arztebl.2012.0238 (aerzteblatt.de).
  • Shu Zhen Chong, Maximilien Evrard, Lai Guan Ng: Lights, Camera, and Action: Vertebrate Skin Sets the Stage for Immune Cell Interaction with Arthropod-Vectored Pathogens. In: Frontiers in Immunology. 4, 2013, S. , doi:10.3389/fimmu.2013.00286. (Review)
  • Helmut Schubothe: Vergiftungen. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1195–1217, hier: S. 1216 f. (Bienen-, Wespen- und Hornissenstiche).
Wiktionary: Insektenstich – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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