Westen ist eine der vier Haupthimmelsrichtungen. Das Adjektiv dazu ist westlich. Diese Richtung weist parallel zum Äquator, entgegen der Drehung der Erde, also in Richtung Sonnenuntergang. Daher wird in vielen Sprachen Untergang mit Westen gleichgesetzt (siehe auch Okzident und Abendland).
Poetische bzw. nicht mehr gebräuchliche Sprechweisen für Westen sind: Abend oder gen Sonnenuntergang. Hinsichtlich des Westwindes ist gebräuchlich: Es weht ein West oder ein heftiger West.
Mythologie und Symbolik
Im Altgriechischen steht Dysis, Göttin des Sonnenuntergangs, auch eine römische Hore, für den Westen, da ihre Aufgabe unter anderem darin bestand, ein Westtor zu bewachen.
In der nordischen Mythologie tragen die vier Zwerge Norðri, Suðri, Austri und Vestri den Schädel Ymirs, aus welchem die Asen das Himmelsgewölbe errichteten, Vestri ist der Zwerg des Westens.
In China steht der Erdzweig des Hahns (酉 yǒu) und das Trigramm Sumpf (兌 duí) symbolisch für die Himmelsrichtung Westen.
Der Westen im übertragenen Sinn
Geistesgeschichtlich hatte sich für Europa der Begriff des Abendlandes herausgebildet, in dem Abend als Ort des Sonnenuntergangs (daher lateinisch auch "occidens") die Himmelsrichtung „Westen“ markiert, im Gegensatz zum Morgenland im Osten, wo die Sonne aufgeht. Seit den Zeiten des klassischen Griechenlands grenzt sich der „Westen“ (Europa) kulturell vom „Osten“, dem Orient (Asien), ab. Eine bedeutende Vertreterin dieser Ansicht ist Edith Hamilton.
Im ethnischen, historischen und technikgeschichtlichen Sinn bezeichnet „Westen“ das ganze Europa, das indogermanische Ursprünge hat, von griechisch-römischer Kultur und christlicher Religion geprägt wurde, und eine gemeinsame Geschichte vorweisen kann.
Nach 1938 kam der Sprachgebrauch des „demokratischen Westens“ bzw. die Westmächte als Gegensatz zu den nicht-demokratischen Staaten Mittel- und Osteuropas auf.
Im politisch-kulturellen Sinne versteht man unter dem Westen hauptsächlich Westeuropa und Nordamerika, die von Renaissance, Reformation und Aufklärung, sowie Revolutionen und verschiedenen Bewegungen der Emanzipation am stärksten beeinflusst wurden. Jedoch gleichen sich derzeit die ostmitteleuropäischen Staaten politisch und wirtschaftlich immer mehr Westeuropa an, beispielsweise durch den Beitritt zur Europäischen Union.
In der deutschen Nachkriegsgeschichte war „der Westen“ im Sprachgebrauch auch die Bezeichnung für Westdeutschland, die als Westzone den Westmächten nach dem Zweiten Weltkrieg zugewiesenen Teile Deutschlands. Aus ihr ging die Bundesrepublik Deutschland hervor. Heute wird daher noch der Begriff „Wessi“ hergeleitet, einer scherzhaften bis pejorativen Bezeichnung für Bewohner der Bundesrepublik Deutschland zu Zeiten der DDR.
Siehe auch
Literatur
- Loren Baritz: The Idea of the West. In: The American Historical Review. 66, 3, 1961, S. 618–640.
- Alastair Bonnett: The Idea of the West: Culture, Politics and History. Palgrave Macmillan, Basingstoke / New York 2004, ISBN 1-4039-0035-3.
- James G. Carrier (Hrsg.): Occidentalism: Images of the West. Oxford 1995, ISBN 0-19-827978-7.
- Anselm Doering-Manteuffel: Wie westlich sind die Deutschen? Amerikanisierung und Westernisierung im 20. Jahrhundert. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-34017-6.
- Christopher GoGwilt: The Invention of the West: Joseph Conrad and the Double-Mapping of Europe and Empire. Stanford 1995, ISBN 0-8047-2401-6.
- Patrick Thaddeus Jackson: Civilizing the Enemy: German Reconstruction and the Invention of the West. Ann Arbor 2006, ISBN 0-472-06929-2.
- Thomas C. Patterson: Inventing Western Civilization. New York 1997, ISBN 0-85345-960-6.
- Stefan Weidner: Jenseits des Westens : für ein neues kosmopolitisches Denken. Carl Hanser Verlag, München 2018, ISBN 9783446258495.
- Heinrich August Winkler: Was heißt westliche Wertegemeinschaft? In: Heinrich August Winkler: Auf ewig in Hitlers Schatten? Anmerkungen zur deutschen Geschichte. C. H. Beck, München 2007, ISBN 3-406-56214-0, S. 180–201.
- Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. Band 1: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-59235-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ occidens – Wiktionary. Abgerufen am 11. Januar 2021.