Der Westminsterschlag ist ein Thema, welches von vielen Uhren und Spielwerken benutzt wird. Er ist auch als Westminster Quarters, Westminster Chimes oder nach seiner Herkunft als Cambridge Chimes bekannt.
Beschreibung
Die Melodie besteht aus fünf verschiedenen Permutationen von vier Tönen und ist in E-Dur gestimmt.
Der Westminsterschlag besteht aus den Tönen h0, e1, fis1 und gis1.
Die Permutationen sind:
- gis1, fis1, e1, h0
- e1, gis1, fis1, h0
- e1, fis1, gis1, e1
- gis1, e1, fis1, h0
- h0, fis1, gis1, e1
gespielt als drei Viertelnoten und eine halbe Note. Zu jeder vollen Viertelstunde wird eine andere Abfolge dieser Permutationen gespielt:
Viertelstunde: | (1) |
Halbe Stunde: | (2) (3) |
Dreiviertelstunde: | (4) (5) (1) |
Volle Stunde: | (2) (3) (4) (5) |
Mit anderen Worten werden innerhalb einer Stunde zwei vollständige Zyklen dieser Permutationen gespielt. Für das Schlagwerk der Uhr hat dies den Vorteil, dass im Mechanismus, der den Hammer bewegt, nur fünf Sequenzen gespeichert sein müssen. Der Mechanismus spielt dann in jeder vollen Stunde zwei volle Durchläufe dieser fünf Sequenzen. Die erste und die dritte Viertelstunde endet auf der fünften Stufe (H), während die zweite und die vierte Viertelstunde (halbe und volle Stunden) auf dem Grundton (E) enden. Dies erzeugt den sehr überzeugenden musikalischen Eindruck, welcher stark zur Beliebtheit des Westminsterschlags beigetragen hat.
Dem Schlag zur vollen Stunde folgt ein Schlag zur Angabe der Uhrzeit (ein Schlag für ein Uhr, zwei Schläge für zwei Uhr usw.). Dieser Stundenschlag wird bei der Turmuhr des Palace of Westminster von der fünften, größeren Glocke (dem „Big Ben“, e0) geschlagen.
Geschichte
Von dieser Melodie wird behauptet, sie sei eine Variation der vier Noten aus den Takten 5 und 6 der Arie I Know That My Redeemer Liveth aus Messias von Georg Friedrich Händel. Deshalb wird die Melodie auch in dessen Geburtsstadt Halle (Saale) von den Uhrglocken des Roten Turms gespielt. Die Uhrenmelodie wurde 1793 für eine neue Uhr der Church of St Mary the Great, der Universitätskirche der Universität Cambridge, geschrieben. Es ist nicht klar, wer die Melodie komponiert hat: Den Auftrag bekam der Jurist Joseph Jowett, doch er wurde möglicherweise vom Musiker John Randall (1715–1799) oder von dessen Schüler William Crotch (1775–1847) unterstützt.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Melodie für die Turmuhr des Palace of Westminster (wo Big Ben hängt) übernommen. Sie ist heute möglicherweise die meistverwendete Melodie für Uhren. Die Melodie wird auch für viele Türklingeln und Schulglocken verwendet, dabei aber häufig elektronisch erzeugt.
Text
Traditionell hat die Melodie folgenden Text:
O Lord our God |
Oh Herr unser Gott |
Eine weitere Variante lautet:
O Lord our God |
Oh Herr unser Gott |
Folgender Text wird von den Pfadfinderinnen im Vereinigten Königreich am Ende eines Wichteltreffens gesungen:
Oh Lord our God |
Oh Herr unser Gott |
Die Inschrift im Glockenraum von Big Ben lautet:
All through this hour |
In dieser Stunde |
Musikalische Bezüge
Die Melodie des Westminsterschlags ist in vielen anderen Uhren verwendet worden.
Unter den vielen musikalischen Werken, die den Westminsterschlag ausdrücklich zitieren, sind:
- Carillon de Westminster für Orgel von Louis Vierne mit einer etwas veränderten Melodie
- A London Symphony von Ralph Vaughan Williams, zitiert die Viertel zu Beginn und zum Ende seines Stücks (nach diesen Zitaten zu schließen wäre von Anfang bis Ende nur eine Viertelstunde vergangen, die tatsächliche Aufführungsdauer der Sinfonie ist aber deutlich länger)
- The Westminster Waltz, ein Stück Unterhaltungsmusik von Robert Farnon aus dem Jahr 1956 zitiert in ähnlicher Weise mehrfach die Glockenschläge
- Die Titelmelodie der Comedy-Serie Yes Minister basiert auf dem Westminsterschlag
- 2012 produzierte das Dance-Projekt Finger & Kadel eine Electro-House-Platte, die auf der Melodie basiert („Heiliger Bimbam“).
- Scott Routenberg variiert die Tonfolge in seinem Stück Tempus Fugit (Album Every End Is A Beginning, 2017)
- In seinem Lied Lieber kleiner Silvestertag (2013) vertont Reinhard Mey die als Zwischenteil ausgewiesene Textstelle „Beim Glockenschlag um Mitternacht / kommt, kleiner Tag, die letzte Schlacht“ mit der Melodie des Westminsterschlages (Permutationen 4-5-4-5 nach obigem Notenbild).
- Timepiece op. 16 (1972) von Paul Patterson
- zu Beginn des Reekviem des estnischen Komponisten Cyrillus Kreek wird in dem Requiem von 1927 das Motiv durch Hörner angedeutet
Weblinks
- Was sind Westminster-Uhren?
- Great St. Mary’s University Church, Cambridge (englisch)
- Who wrote the clock chime tune? (englisch)
- The Cambridge Chimes (englisch)
- Tolling Time (englisch)
- Classic FM (englisch)