Slovenj Gradec
Windischgrätz, Windischgraz
Basisdaten
Staat Slowenien Slowenien
Historische Region Untersteiermark / Štajerska
Statistische Region Koroška (Slowenisch-Kärnten)
Gemeinde Stadtgemeinde Slovenj Gradec
Koordinaten 46° 31′ N, 15° 5′ O
Höhe 409 m. i. J.
Fläche 5,6 km²
Einwohner 7.267 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 1.298 Einwohner je km²
Telefonvorwahl (+386) 288
Postleitzahl 2380
Kfz-Kennzeichen SG
Struktur und Verwaltung
Postanschrift Šolska ulica 5
2380 Slovenj Gradec
Website

Die Stadt Slovenj Gradec, deutsch Windischgrätz oder Windischgraz (wörtlich „Slowenisch Graz“ bzw. „slowenische kleine Burg“), ist eine Stadt in Slowenien. Sie liegt in der historischen Landschaft Spodnja Štajerska (Untersteiermark) und ist der statistischen Region Koroška (Slowenisches Kärnten) zugeordnet.

Sie ist der Hauptort der Stadtgemeinde Slovenj Gradec.

Geografie

Lage

Slovenj Gradec liegt im unteren Mislinjatal (Missling) am nördlichen Ende einer weiten Ebene. Das Stadtzentrum selbst liegt auf 411 m. ü. A., im Osten umfasst die Gemeinde Teile des Pohorje (Bacherngebirge) und im Westen hat sie Anteil an den Karawanken (Karavanke), wo sie mit dem Berg Uršlja gora mit 1699 m. ü. A. ihre höchste Erhebung erreicht.

Stadtgliederung

Geschichte

Vor- und Frühgeschichte, Römerzeit, Spätantike

Stein- und Bronzezeitliche Funde sind selten und beschränken sich auf Werkzeugfunde sowie eine vermutete jungsteinzeitliche Siedlung im Bereich des heutigen Ortsteils Legen.

Aus der Hallstattzeit ist, ebenfalls im Bereich des Ortsteils Legen, eine bedeutende Burgstätte bekannt, an deren Fuße sich zahlreiche Hügelgräber befinden. Die dortigen Funde datieren vom Beginn der Eisenzeit bis zum Ende des 7. Jahrhunderts vor Christus. Eine weitere, aus der jüngeren Eisenzeit stammende befestigte Siedlung wurde 1913–1915 im Bereich des heutigen Ortsteils Stari Trg auf dem Hügel Puščava gefunden und archäologisch untersucht.

Kurz nach dem Anschluss des Noricums an das Römische Imperium im Jahre 46 nach Christus entstand an der Römerstraße Celeia (Celje) – Virunum (Siedlung auf dem Gebiet des heutigen Zollfelds bei Maria Saal in Kärnten) die römische Station Collatio, ebenfalls im Bereich des heutigen Ortsteils Stari Trg. Collatio bestand nahezu 400 Jahre und ging Anfang des 5. Jahrhunderts unter. Weitere römische Baureste und Grabdenkmäler finden sich in der näheren und weiteren Umgebung.

Spätantike Gräber finden sich im Bereich Puščava oberhalb von Stari Trg. Unter diesen befinden sich auch 136 altslawische Gräber, die der Karantanisch-Köttlacher Kulturgruppe zugeordnet werden.

Mittelalter

Da der heutige Ortsteil Stari Trg (deutsch: Altenmarkt) direkt über den Ruinen des römischen Vicus Colatio liegt und in unmittelbarer Nähe (Puščava) Gräberfelder mit Belegung von der Spätantike bis ins Frühmittelalter gefunden wurden, ist eine (in diesem Raum ansonsten sehr seltene) Siedlungskontinuität wahrscheinlich. Die an dieser Stelle erbaute Burg entwickelte sich zu einem wichtigen Besitz verschiedener Adelsfamilien und gelangte im 12. Jahrhundert an die Grafen von Andechs-Meran (Herzogtum Meranien). Sie verfügte über Marktrecht und Münze und gehörte zum Herzogtum Kärnten. Der 1091 erstmals genannte Weriant von Grez wird dieser Burg zugeordnet. Da die Lage der zur Burg gehörenden Siedlung sich nicht für den Ausbau der Stadt eignete, wurde – wahrscheinlich um 1180 – die Siedlung an ihren heutigen Standort in der Ebene verlegt. Die Altsiedlung blieb als Dorf erhalten und erhielt später erneut das Marktrecht.

1251 stiftete Patriarch Berthold von Aquileia (auch Berthold V. (Andechs)), der aus der Familie der Andechs-Meraner stammte, Herrschaft, Burg und Markt Windischgraz dem Patriarchat Aquileia. In der Folge kam es zu Erbstreitigkeiten, da Herzog Ulrich III. von Kärnten, der mit einer Schwester Bertholds verheiratet war, Ansprüche auf Windischgraz erhob. Nach 10-jährigem Streit wurde Ulrich schließlich auf Lebenszeit mit Windischgraz belehnt. 1267 wird Windischgraz dann erstmals als Stadt erwähnt.

Das Kärntner Herzogsgeschlecht starb 1279 aus, und Kärnten wurde in der Folge von den Grafen von Görz-Tirol regiert, bis es schließlich 1335 an die Habsburger fiel. Aufgrund seiner turbulenten Geschichte nahm Slovenj Gradec/Windischgraz, obwohl es ursprünglich zu Kärnten gehörte, eine besondere Position zwischen Kärnten und der Steiermark ein und kam erst im Laufe des 15. Jahrhunderts endgültig an die Steiermark.

Slovenj Gradec war auch Stammsitz der österreichischen Fürstenfamilie Windisch-Graetz.

Frühe Neuzeit

Die Stadt mit ihren regen Handelsbeziehungen zu Salzburg und Bayern gehörte zu den ersten in der steirisch-kärnterischen Grenzregion, die die Reformation von Martin Luther annahm. Die frühreformatorische Geschichte der Stadt und Kärntens wurde maßgeblich durch den Pfarrer Hans Haas (Janez Žaic) geprägt, der vom Stadtadel unterstützt, jedoch von dem Pfarrer und Humanisten Augustinus Prygl Tyfernus (Auguštin Prygl) bekämpft wurde. Prygl erwirkte, dass Haas verhaftet, nach Graz überführt und dort am 2. Dezember 1527 gehängt wurde. Trotzdem blieb der Protestantismus in der Stadt lebendig, was u. a. durch die Berufung mehrerer protestantischer Pfarrer durch die Stadtherren belegt ist. 1595 errichteten die Protestanten sogar mit finanzieller Unterstützung der Landstände einen eigenen Friedhof und eine eigene Kapelle. Ende des Jahrhunderts setzte dann ein massives Rekatholisierungsprogramm (Gegenreformation) ein, durch das im Jahr 1629 mit dem Auszug zahlreicher protestantischer Adeliger und Bürger das Zeitalter des Protestantismus in Slovenj Gradec sein Ende fand.

Vor allem im 15. Jahrhundert, aber auch später, war Slovenj Gradec von den häufigen Türkeneinfällen in Kärnten und der Steiermark betroffen. Erstmals fielen türkische Kräfte im Jahr 1472 mit ca. 12.000 Mann in das Gebiet zwischen Maribor (Marburg), Ptuj (Pettau) und Slovenj Gradec (Windischgraz) ein und verschleppten dabei 2.000 Einwohner. Auch weitere große Türkenzüge in den Jahren 1478 und 1480 berührten den Raum Slovenj Gradec. Der militärische Widerstand wurde teilweise auch von Slovenj Gradec aus organisiert.

Weitere Geschichte

Die Stadt gehörte bis 1918 zum Herzogtum Steiermark und war eine deutschsprachige Stadt, umgeben von slowenischen Dörfern. Sie war Sitz der Bezirkshauptmannschaft Windischgraz und des Bezirksgerichts Windischgraz, umfasste Schloss Rottenthurn und hatte im Jahre 1890 982 Einwohner, davon 745 Deutsche.

Nach dem Anschluss der großteils slowenischen Untersteiermark an das Königreich Jugoslawien 1918 sank der deutsche Bevölkerungsanteil kontinuierlich.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges, vor allem im Mai 1945, kam es, wie an vielen Orten in Slowenien, auch im Raum Slovenj Gradec zu Massentötungen von kroatischen und deutschen Soldaten sowie slowenischen und deutschen Zivilisten. Auf dem Gebiet der Stadtgemeinde Slovenj Gradec liegen zahlreiche Massengräber, das größte Massengrab in der slowenischen Koroška befindet sich in Žančani zwischen den Ortsteilen Štari Trg und Raduše der Stadtgemeinde Slovenj Gradec.

Die verbliebenen Deutschen wurden, soweit sie nicht geflohen waren, 1945 nach Österreich vertrieben.

Sehenswürdigkeiten

  • Collatio: Ortsteil Stari trag; Ausgrabungsstelle des römischen Vicus Collatio mit einigen Gebäuderesten.
  • Pfarrkirche Sv. Elizabeta: auf dem Hauptplatz, erstmals erwähnt 1251; Innenausstattung überwiegend aus dem Barock.
  • Gotische Kapelle zum Heiligen Geist: erbaut 1471, mit bedeutenden Fresken (Andreas von Otting) aus der Mitte des 15. Jahrhunderts; die Kapelle findet sich neben der Pfarrkirche.
  • Georgskirche: 5 km östlich von Slovenj Gradec befindet sich im Ortsteil Legen eine romanische Georgskirche, die der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zugeordnet wird. In den Jahren 1993/94 durchgeführte Ausgrabungen belegen mehrere Vorgängerbauten, deren ältester in das 9./10. Jahrhundert datiert wird. Die Kirche ist daher möglicherweise der älteste Kirchenbau aus karolingischer Zeit im Gebiet von ganz Karantanien. Aufgefunden wurden auch 26 Gräber, die der Karantanisch-Köttlacher Kulturgruppe zugeordnet werden. Ein Teil der archäologischen Funde wird in der Kirche in sehr ansprechender Weise (Glasböden geben Einblick in die Original-Fundlagen) präsentiert.
  • Kirche Sv. Pankracija: Ortsteil Stari trg; die Kirche wurde auf den Resten der ehemaligen Burg Slovenj Gradec erbaut, die eine der ältesten Burgen in Slowenisch-Kärnten/Steiermark ist. Die Burg wurde wahrscheinlich 1489 von den Ungarn zerstört und später dann zur heutigen Kirche umgebaut.
  • Koroški podkrajinski muzej: Glavni trg 24; umfangreiche Ausstellung zu den bedeutenden archäologischen Funden in Slovenj Gradec und Umgebung
  • Sokličev muzej: Trg svobode 5; historische, archäologische und volkskundliche Sammlung des Pfarrers Jakob Soklič (1895–1972)
  • Koroška galerija likovnih umetnosti: Glavni trg 24; wechselnde Ausstellungen moderner slowenischer Kunst, vorrangig aus dem slowenischen Kärnten
  • Dvorec Rotenturn: aus einem ehemaligen Adelsturm und Teilen der Stadtmauer entstandenes Schloss; heute Sitz der Stadtverwaltung
  • Reste der Stadtmauer: Altstadt
  • Geburtshaus von Hugo Wolf: Der Komponist Hugo Wolf kam hier am 13. März 1860 zur Welt. Im Geburtshaus, welches u. a. auch für Konzerte und Kurse genutzt wird, befindet sich auch die Musikschule.
  • Geburtshaus von Ernst Goll: Der Dichter Ernst Goll kam hier im Hotel seiner Eltern am 14. März 1887 zur Welt.
  • Štrekna: Radweg auf einem aufgelassenen Abschnitt der Lavanttalbahn
  • Partisanenlazarett Trska gora

Partnerstädte

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Gemeinde

Personen, die im Ort gewirkt haben

  • Hans Has (? - 1527), protestantischer Prediger und Reformator
  • Franc Ksaver Meško (1874 – 1964), katholischer Priester und Schriftsteller
  • Jakob Soklič (1893 – 1972), katholischer Priester, Kunstsammler (über 1800 Objekte, Archäologie, Geschichte, Kunst, Ethnologie)
  • Bogdan Borčič (1926 – 2014), Maler
  • Jože Tisnikar (1928 – 1998), Maler

Anmerkungen

  1. -graetz, später -grätz ist die Schreibung bis Ende des 19. Jahrhunderts. Auch die steirische Hauptstadt Graz wurde Graetz (z. B. von Schubert) und später Grätz geschrieben. Die in Österreich gültige Aussprache des ae, dann des ä war jedoch [a:], weshalb nach Akzeptanz einer gesamtdeutschen Ausspracheregelung – siehe Deutsche Aussprache (Siebs) – die Ortsnamenschreibung entsprechend der Aussprache geändert wurde.

Literatur

Commons: Slovenj Gradec – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Siedlungen in Slovenj Gradec (Koroška, Slowenien) - Einwohnerzahlen, Grafiken, Karte, Lage, Wetter und Web-Informationen. Abgerufen am 22. Juli 2023.
  2. Andrees Handatlas. Velhagen & Klasing, Leipzig 1928.
  3. Der Große Brockhaus. 15. Auflage, Leipzig 1928–35, Bd. 20, S. 359.
  4. Mira Strmčnik-Gulič: Pregled pomembnih arheoloških odkritij na območju Slovenj Gradca. Časopis za zgodovino in narodopisje. Maribor 64=29 (1993), S. 10–19.
  5. Manfred Lehner, Binnennoricum - Karantanien zwischen Römerzeit und Hochmittelalter, Habilitationsschrift, Graz 2009
  6. Wilhelm Rausch, Die Stadt am Ausgang des Mittelalters, Österr.Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung, 1974, S. 317
  7. Norbert Weiss, Das Städtewesen der ehemaligen Untersteiermark im Mittelalter:vergleichende Analyse von Quellen zur Rechts-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Historische Landeskommission für Steiermark, 2002, S. 10
  8. Norbert Weiss, Das Städtewesen der ehemaligen Untersteiermark im Mittelalter:vergleichende Analyse von Quellen zur Rechts-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Historische Landeskommission für Steiermark, 2002, S. 11.
  9. Holm Sundhaussen, Konrad Clewing, Lexikon zur Geschichte Südosteuropas, Wien Köln Weimar 2016, S. 476
  10. Marko Košan, Reformacija in protireformacija v Slovenj Gradcu (1527 - 1629), Kronika (Ljubljana), 56 (2), S. 233–246
  11. Leopold Toifl, Hildegard Leitgeb, Die Türkeneinfälle in der Steiermark und Kärnten vom 15. bis zum 17. Jahrhundert, Wien 1991
  12. Meyers Konversations-Lexikon. 5. Auflage. 17. Band. Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1897, S. 794.
  13. Lokacije prikritih vojnih grobišč (Standorte der verborgenen Kriegsgräber). Vir: Služba za vojna grobišča, Ministrstvo za delo, družino in socialne zadeve. Datum: 2009. http://www.geopedia.si/?params=L7387#T105_L7387_x499072_y112072_s9_b4, ausgelesen 5. Oktober 2023
  14. Florian Thomas Rulitz, Die Tragödie von Viktring und Bleiberg, Partisanengewalt in Kärnten am Beispiel der antikommunistischen Flüchtlinge im Mai 2023, 2. Auflage, Klagenfurt/Celovec - Ljubljana/Laibach - Wien/Dunaj, 2012, S. 260
  15. Marko Košan, Cerkev sv. Elizabete: 1251-750 let-2001, Mestna občina Slovenj Gradec 2001
  16. Koroški pokrajinski muzej: Stalna razstava Arheologjija koroške krajine, Slovenj Gradec 2009
  17. Mira Strmčnik, Sveti Jurij, zakladnica podatkov, Izvršni svet Skupščine občine Slovenj Gradec, 1994
  18. Church of St. George. Abgerufen am 3. Oktober 2023 (amerikanisches Englisch).
  19. Svjetlana Kurelac, Cerkev sv. Pankracija na Gradu nad Starim trgom, Slovenj Gradec: Mestna občina, 1997
  20. Koroški Pokrajinski Muzej. Abgerufen am 3. Oktober 2023 (amerikanisches Englisch).
  21. Jakob Soklič (1893 - 1972) and the Soklič Collection. Abgerufen am 3. Oktober 2023 (amerikanisches Englisch).
  22. Hugo Wolf Museum. Hugo Wolf International Documentation and Information Centre. Abgerufen am 3. Oktober 2023 (amerikanisches Englisch).
  23. Steiff, K., „Cerdonis, Matthäus“, in: Allgemeine Deutsche Biographie (1903), S. [Onlinefassung]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd102698716.htmlf
  24. 52 Drucke sind nachgewiesen, vgl. https://tw.staatsbibliothek-berlin.de/queries/editionlist.xql?mode=types&id=of0915, ausgelesen am 22. Januar 2023
  25. "Berneker Franc". Slovenian biographical lexicon. Slovenian biography. Ljubljana: ZRC SAZU, 2013.
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