Das Wirtschaftsgebäude ist das größte profane Bauwerk im ehemaligen Kloster Doberan. Das im Zeitraum 1283 bis 1290 errichtete Gebäude ist seit einer Brandstiftung 1979 größtenteils eine Ruine. Historische Bezeichnungen waren Backhausmühle, Wirtschaftshaus, Kloster-Brennerei und Vitakost.
Architektur
Das Wirtschaftsgebäude ist nach dem Münster das zweitgrößte Gebäude auf dem Doberaner Klostergelände und gehört zu den größten erhaltenen mittelalterlichen Wirtschaftsgebäuden des Zisterzienserordens. Die heutige Länge in Nord-Süd-Ausrichtung beträgt etwa 73 Meter, in West-Ost-Ausrichtung am Nordgiebel etwa 27 Meter und auf Höhe des Mühlenanbaus etwa 43 Meter. Die maximale Höhe liegt bei etwa 21 Metern. Das Gebäude hatte, abgesehen vom Mühlenflügel, drei Etagen und drei Speicherböden unter dem Dach. Ältere Publikationen gingen noch davon aus, dass der an der Westwand befindliche Mühlenanbau, im Mittelalter mehrmals als „Domus pistrina“ (Backhaus) genannt, erst nachträglich angebaut wurde. Aktuelle Forschungen gehen jedoch vom Bau des Gebäudes in einem Zug aus. Der südlich des Hauptgiebels angesetzte Anbau stammt im Erdgeschoss aus dem Mittelalter und war ursprünglich mit einem Kreuzgewölbe versehen. Vermutlich wurde dort ursprünglich gebacken. Dieses wurde im Spätmittelalter aufgegeben und der Raum als Darre genutzt. Der zweigeschossige Aufbau, der auf der Hälfte dieses Gebäudeteils aufliegt, stammt aus dem 19. Jahrhundert.
Geschichte
Grundplan (etwa 1896) |
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zur Anzeige der Originallegende von 1896 ausklappen 1. Mühlenanbau 2. einstöckiger Anbau 3. Zur Brennerei und Brauerei 4. u. 5. Für Federvieh etc. |
Erbaut wurde das Wirtschaftsgebäude etwa in den Jahren 1283 bis 1290. Untersuchungen der erhaltenen Deckenbalken im Mühlenflügel ergaben, dass die Bäume für das Bauholz 1283 gefällt wurden. Zu dieser Zeit wurde Bauholz nicht abgelagert, sondern innerhalb eines Jahres verbaut. Dies geschah im zeitlichem Zusammenhang mit dem Bau der das Kloster umschließenden Mauer, während der Amtszeit des Abtes Konrad III. von Lübeck, während die Planung noch unter seinem Vorgänger Segebod II. (Abt bis 1283) erfolgt sein müssen. Gemäß den Benediktinerregeln und dem idealisierten St. Galler Klosterplan, denen sich auch die Zisterzienser verpflichtet fühlten, beherbergte es Mahlen, Backen und Brauen, sowie einen Getreidespeicher unter einem Dach. Im Mittelalter wurde von den Mönchen das Bachbett des Stülower Bachs künstlich erhöht um in der Mühle die erforderliche Fallhöhe für das Wasser zu erreichen. Der dafür aufgeschüttete Erdwall von 700 Metern Länge spiegelt sich bis heute in der örtlichen Benennung dieses Gewässerteils als „Wallbach“. In der Mühle wurde das Wasser über mindestens zwei innenliegende, oberschächtige Wasserräder mit einer Absturzhöhe von etwa 4 Metern geleitet. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Wasser über eine aufgeständerte Rinne aus Eichenholz in das Gebäude geleitet und trieb das Wasserrad an.
Nach der Säkularisation des Klosters 1552 wurde das Gebäude weiterhin wirtschaftlich genutzt. Unter anderen waren hier eine Molkerei und Dampfbrauerei untergebracht.
Dem 1896 veröffentlichten Grundriss des Erdgeschosses kann man die vielfältige Nutzung des Gebäudes entnehmen. Außer der Mühle befanden sich dort unter anderem eine Brauerei und Brennerei, eine Mälzerei, Waschküche, mehrere Lagerräume für Bier, Branntwein, Kartoffeln, Wohn-, Schlaf und Esszimmer. Weitere Wohnungen gab es im Obergeschoss.
Bis in die 1930er Jahre wurde die Mühle genutzt. Erst 1937 wurden die Wasserrechte- und pflichten durch den Molkereibetreiber an die Stadt Bad Doberan zurückgegeben und die zuvor rund 5 Meter breite Mundöffnung an der Südseite der Mühle größtenteils zugemauert.
Ab 1939 produzierte das Unternehmen Müller & Co in dem Gebäude Sprengnieten für die Rostocker Ernst Heinkel Flugzeugwerke. Dies führte dazu, dass 1947 von der SMAD die Sprengung des „Militärobjektes“ befohlen wurde, was durch Denkmalschützer aber verhindert werden konnte.
1970 wurde das Gebäude nach Plänen von Lutz Elbrecht zu einer Schülergaststätte „Vitakost“ umgebaut. Das Gebäude wurde als Schüler- und Berufsgaststätte, in der für mehr als 3000 Personen gekocht wurde, genutzt. Zusätzlich gab es im Obergeschoss noch Wohnungen für drei Familien. Am 8. März 1979 brannte das Gebäude nach einer Brandstiftung aus.
Das seit 2015 wieder in Betrieb befindliche Wasserrad produziert mittels eines Generators Strom und wurde 2016 durch einen Altdeutschen Mahlgang für Getreide ergänzt. Die Mühle konnte zuletzt einmal im Monat während einer Führung besichtigt werden. Während der aktuellen Bauarbeiten sind diese Führungen ausgesetzt.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages beschloss im Juni 2018 einen Zuschuss von 4,5 Mio. € für die Sanierung des Gebäudes. Zu diesem Zeitpunkt rechnete man mit dem Start der Arbeiten innerhalb von zwei Jahren. Der Sanierungsauftrag wurde dann im Dezember 2019 vergeben. Im Oktober 2022 begannen die Sanierungsarbeiten schließlich. Der begonnene Bauabschnitt hat das Ziel, das Gebäude zu sichern und mit Fenstern, Türen und einem Dach zu schließen. Für den Sommer 2023 ist der Start des zweiten Bauabschnittes geplant. Dann sollen die Mauerkronen der großen Halle statisch ertüchtigt werden, um im Anschluss die neue Dachkonstruktion zu tragen. In einer dritten Baustufe wird der südliche Ruinenteil ein vollständiges Dach erhalten. Für 2025 ist der Abschluss der ersten Baustufe geplant. Die zukünftige Nutzung wird während der Bauarbeiten geprüft.
Baugeschichtliche Forschungen
Das Gebäude war immer wieder Gegenstand bauhistorischer Untersuchungen. Unter anderem durch Gotthilf Ludwig Möckel, Friedrich Schlie (1896), und zuletzt 2013 durch Tilo Schöfbeck. Seit 2020 erfolgt im Zuge der Sicherungsmaßnahmen erneut eine umfassende Bauforschung.
Literatur
- Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin, Band 3: Die Amtsgerichtsbezirke Hagenow, Wittenburg, Boizenburg, Lübtheen, Dömitz, Grabow, Ludwigslust, Neustadt, Crivitz, Brüel, Warin, Neubukow, Kröpelin und Doberan. Schwerin 1896 S. 573 ff.
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Die Bezirke Neubrandenburg Rostock Schwerin, Akademie-Verlag, Berlin, 1980, Seite 71.
- Wolfgang Erdmann: Zisterzienser-Abtei Doberan, Langewiesche Nachfolger Köster, Königstein im Taunus, 1995, S. 9
- Joachim Skerl: Doberan, Hinstorff Verlag, Rostock, 2007 Seite 10 f.
- Tilo Schöfbeck: Bauhistorisches Gutachten, 2013
Weblinks
- Literatur über Wirtschaftsgebäude in der Landesbibliographie MV
- Website des Vereins der Freunde und Förderer des Klosters Doberan
- Luftbild vom Zustand vor dem Brand 1979 bei erstes-seebad.de
- Beschreibung des Brandes bei feuerwehr-baddoberan.de
Einzelnachweise
- ↑ Schlie S. 577
- ↑ Ostseezeitung, Anja Levien "Einsturzgefahr: Wirtschaftsgebäude abgesichert.", vom 4. Mai 2021, abgerufen am 2. August 2023
- rosdok.uni-rostock.de: Friedrich Schlie: „Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin“, Band 3: Die Amtsgerichtsbezirke Hagenow, Wittenburg, Boizenburg, Lübtheen, Dömitz, Grabow, Ludwigslust, Neustadt, Crivitz, Brüel, Warin, Neubukow, Kröpelin und Doberan. Schwerin 1896, abgerufen am 15. Januar 2023
- ↑ Joachim Skerl (Text), Thomas Grundner (Fotos): Kloster Doberan, Hinstorff Verlag, Rostock 2007, S. 11
- ↑ Wolfgang Erdmann: Zisterzienser-Abtei Doberan, Langewiesche Nachfolger Köster, Königstein im Taunus, 1995 S. 9
- ↑ erstes-seebad.de: "Ein neues Dach für ein neues Leben: Sanierung der Backhausmühle gestartet" abgerufen am 15. Januar 2023
- ↑ Wolfgang Erdmann: „Zisterzienser-Abtei Doberan“, Langewiesche Nachfolger Köster, Königstein im Taunus, 1995, S. 9
- ↑ Sabine Krahn-Schulze: "Die Backhausmühle – das große Wirtschaftshaus des ehemaligen Zisterzienserklosters Doberan - Von der Idee zur Revitalisierung der fast vergessenen mittelalterlichen Klostermühle"
- ↑ Schlie S. 578
- ↑ Sabine Krahn-Schulze: "Die Backhausmühle – das große Wirtschaftshaus des ehemaligen Zisterzienserklosters Doberan - Von der Idee zur Revitalisierung der fast vergessenen mittelalterlichen Klostermühle"
- ↑ erstes-seebad.de: Ein neues Dach für ein neues Leben: Sanierung der Backhausmühle gestartet
- ↑ „Bad Doberan, Stadterneuerung und -entwicklung im Wandel der Zeit“ Ostsee-Druck, Rostock, 2019 S. 60, abgerufen am 9. Januar 2023
- ↑ feuerwehr-baddoberan.de: „Brand Vitakost Wirtschaftsgebäude Donnerstag 08.03.1979“ mit Fotogalerie vom Brand und den Löscharbeiten, abgerufen am 20. Dezember 2022
- ↑ Sabine Krahn-Schulze: "Die Backhausmühle – das große Wirtschaftshaus des ehemaligen Zisterzienserklosters Doberan - Von der Idee zur Revitalisierung der fast vergessenen mittelalterlichen Klostermühle"
- ↑ muehlenverein-mv.de: Backhausmühle/Wassermühle des ehemaligen Zisterzienserklosters Doberan, abgerufen am 20. Dezember 2022
- ↑ klosterverein-doberan.de: AG Backhausmühle, abgerufen am 20. Dezember 2022
- ↑ Ostseezeitung, Lennart Plottke: „Wirtschaftsgebäude: Ende 2019 soll Dach drauf sein“, vom 9. August 2018, abgerufen am 25. Dezember 2022
- ↑ angelis-partner.de: Kloster Doberan Bad Doberan, seit 2019, abgerufen am 10. Januar 2023
- ↑ Ostseezeitung, Anja Levien: „Wirtschaftsgebäude: Bauarbeiten ab Oktober“, vom 8. September 2022, abgerufen am 20. Dezember 2022
- ↑ Ostseezeitung, Anja Levien: „Millionenprojekt in Bad Doberan: Bauarbeiten am Wirtschaftsgebäude gestartet“, vom 19. Oktober 2022, abgerufen am 20. Dezember 2022
- ↑ winterfuchs.de Beschreibung des Bauforschungsauftrags, abgerufen am 15. Januar 2023
- ↑ bauforscher.de: Liste der erforschten Klostergebäude, abgerufen am 15. Januar 2023
Koordinaten: 54° 6′ 22,5″ N, 11° 54′ 30,1″ O