WBS 70 ist die Abkürzung für die Wohnungsbauserie 70. Es war ein in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) verwendeter Typ eines Wohnhauses in Plattenbauweise. Entwickelt wurde er Anfang der 1970er Jahre unter anderem von der Deutschen Bauakademie und der Technischen Universität Dresden.
Im Jahre 2018 wurden in Dresden der erste WBS 70/10,8 und weitere Gebäude und Kunstwerke aus der DDR unter Denkmalschutz gestellt.
Entwicklung
Auf der 5. Baukonferenz des Zentralkomitees der SED und des Ministerrats der DDR wurde die Entwicklung eines „Einheitssystem Bau“ beschlossen. 1969 hatten Wilfried Stallknecht und Achim Felz eine Studie erstellt und sie entwickelten ab 1970 unter Nutzung der Erfahrungen mit den Typen P1, P2 und QP die Wohnbauserie 70. Der „Typ P2“ erfüllte nicht die gewünschten Einsparungen. Für WBS 70 wurden weniger Bauteile, ein reduzierter Typenkatalog und einheitliche Bauweise für alle Wohnungsbaukombinate standardisiert.
In einem neu errichteten Plattenwerk des Wohnungsbaukombinates Neubrandenburg begann am 3. Juli 1972 ein Probelauf und am 7. Oktober 1972 die Produktion von Elementen der WBS 70. Ab 2. April 1973 begann die Montage des ersten Wohnhauses der WBS 70. Im gleichen Jahr wurde der erste WBS-70-Block in Neubrandenburg bezugsfertig. Dieses fünfgeschossige Haus steht seit 1984 unter Denkmalschutz und befindet sich in der Koszaliner Straße 1/3/5/7 in der Oststadt Neubrandenburgs. Von den rund 1,52 Millionen errichteten Wohnungen (Wohneinheiten = WE) in Plattenbauweise bis 1990 ist der Typ WBS 70 mit insgesamt 644 900 Wohneinheiten und einem Anteil von etwa 42 Prozent am weitesten verbreitet.
„Trotz seiner Einheitsbauweise ist der WBS 70 flexibel wandelbar wie kein anderer Bautyp.“
In Berlin-Hellersdorf, Hellersdorfer Straße 179, befindet sich eine zu besichtigende Museumswohnung des Typs WBS 70. Die 61 Quadratmeter große Dreiraumwohnung wurde originalgetreu mit Einrichtungsgegenständen aus DDR-Produktion ausgestattet.
Technische Details
Anfangs wurden einheitliche Eckwerte für die Wohnungsbauserie festgelegt, um eine rationellere Fertigung von Wohnhäusern zu erreichen. Im Laufe der Anwendung dieses Typs gab es unterschiedliche Veränderungen und gesonderte Entwicklungen in einzelnen Wohnungsbaukombinaten auch mit konischen und Sonder-Elementen für abgewinkelte Bauten und Lückenschließungen.
- Laststufe: 6,3 Tonnen (als 63 kN geführt)
- Durchgängiges, einheitliches Modularsystem mit Grundmodul: M = 100 mm und als Großrastermaß 12 M = 1,20 m, Abstände der Systemlinien n × 1,20 m, bei einem Grundraster: 6,00 m × 6,00 m
- Maximale Elementeabmessungen
- Wandelemente 6,00 m × 2,80 m
- Deckenelemente 6,00 m mal 3,00 m Spannbeton sowie 3,60 m mal 3,00 m Stahlbeton
- Gebäudetiefe: 10,8 Meter / 12,0 Meter / 14,4 Meter
- Geschosshöhe: 2,80 Meter (WBS 70/G: 3,30 Meter)
- Geschosszahl: 5, 6 oder 11
- Außenwand: dreischichtig mit Kerndämmung, zweistufig gedichtetes Fugensystem mit sogenannten „offenen Fugen“
- Innenliegende Bäder, teilweise innen-, vorwiegend außenliegende Küchen. Erstere mit Durchreichen, letztere mit Tür und Fenster
- Vorgefertigte Sanitärraumzellen (Nasszelle) einschließlich kompletter Ausstattung und Rohrbündel
- Außenliegendes Treppenhaus
Die Gebäudetiefe wurde in den 1980er Jahren beim Plattenbau des Typs WBS 70/1440 auf 14,40 Meter vergrößert, womit das Treppenhaus wieder innen zu liegen kam.
Funktionelle Hauptmerkmale
- Minimierung der Verkehrsflächen in Gebäude und Wohnung zugunsten der Wohnfläche
- Variierbarkeit der Wohnungsgrößen und Belegungsdichte durch unterschiedliches Zusammensetzen der Funktionseinheiten
- Anpassung der Zahl der Geschosse und der Gliederung der Grundrisse an die funktionellen und städtebaulichen Forderungen durch vertikale und horizontale Kombination der Funktionseinheiten.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Bauakademie der DDR: Wohnungsbauserie 70. Ersteinführung im VEB (B) Wohnungsbaukombinat Neubrandenburg, 1. Ausgabe 1974
- ↑ Bastian Brandau: Plattenbausiedlung steht unter Denkmalschutz. deutschlandfunk.de, 4. Oktober 2018.
- 1 2 3 WBS 70 – Die Einheitsplatte
- ↑ Joachim Greiner: Was sonst noch geschah. (Berichtsjahre 1972–1973). In: Neubrandenburger Mosaik 1975. S. 92–96.