Strukturformel
Allgemeines
Freiname Olanzapin
Andere Namen
  • 2-Methyl-10-(4-methylpiperazin-1-yl)-4H-3-thia-4,9-diazabenzo[f]azulen (IUPAC)
  • Olanzapinum (Latein)
Summenformel C17H20N4S
Kurzbeschreibung

gelbes, kristallines Pulver

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 132539-06-1
EG-Nummer (Listennummer) 603-618-4
ECHA-InfoCard 100.125.320
PubChem 135398745
ChemSpider 10442212
DrugBank DB00334
Wikidata Q201872
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N05AH03

Wirkstoffklasse

Atypisches Neuroleptikum

Wirkmechanismus

D4–Rezeptor-Antagonist

Eigenschaften
Molare Masse 312,43 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

195 °C

pKS-Wert

4,69; 7,37

Löslichkeit
  • praktisch unlöslich in Wasser
  • leicht löslich in verdünnten Mineralsäuren
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung

Achtung

H- und P-Sätze H: 315319413
P: 305351338
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Olanzapin ist ein zu den atypischen Neuroleptika zählender Arzneistoff, der in der Psychiatrie hauptsächlich zur Behandlung schizophrener Psychosen eingesetzt wird. Er wurde 1996 unter dem Namen Zyprexa in Deutschland eingeführt. Darüber hinaus kann es bei Versagen der Monotherapie einer unipolaren Depression off-label im Rahmen einer Augmentation eingesetzt werden. Olanzapin wird häufig für die Behandlung von Schlaflosigkeit, einschließlich Einschlaf- und Durchschlafstörungen, verschrieben. Olanzapin wird als Teil einer antiemetischen Therapie für Patienten empfohlen, die eine Chemotherapie erhalten, bei der ein hohes Risiko für Erbrechen besteht.

Eigenschaften

Die Substanz ist strukturchemisch eng mit Clozapin verwandt. Im Gegensatz zu diesem kann es – besonders in hoher Dosierung – extrapyramidal-motorische Störungen (EPS) verursachen. Das Risiko einer Agranulozytose ist unter Olanzapin jedoch geringer als unter Clozapin. Insgesamt löst Olanzapin wesentlich seltener bzw. in geringerer Ausprägung EPS aus als ältere Neuroleptika wie z. B. Haloperidol.

Die Compliance wird bei Olanzapin-Behandlung oft durch eine starke Gewichtszunahme sowie Schläfrigkeit beeinträchtigt. Als Ursache der Gewichtszunahme, die bei Clozapin und Olanzapin häufiger vorkommt als bei anderen Neuroleptika, wird ein Eingriff in die Insulin-Wirkung vermutet, so dass der Kohlenhydrat-Stoffwechsel beeinträchtigt wird. Dies könnte auch das bei Olanzapin-Behandlung erhöhte Risiko einer Diabetes-Manifestation erklären.

Pharmakodynamik

Olanzapin blockiert muskarinische Acetylcholinrezeptoren (mACH), Serotoninrezeptoren (5-HT2) und Dopamin-Rezeptoren (D1–D5), zusätzlich werden noch Alpha1-Adrenozeptoren und Histamin1-Rezeptoren gehemmt.

Pharmakokinetik

Die Halbwertszeit beträgt 23–43 Stunden (bei älteren Patienten verlängert), die Bioverfügbarkeit 80 %. Olanzapin wird in der Leber abgebaut.

Indikationen

Olanzapin ist zur Behandlung der Schizophrenie sowie für die Therapie bipolarer Störungen zugelassen, sofern eine manische Phase auf die Behandlung angesprochen hat. Es wird außerdem bei Zwangserkrankungen eingesetzt. Des Weiteren kann man Olanzapin zusammen mit einem Antidepressivum anwenden, um Depressionen und Angststörungen zu behandeln, wenn die Behandlung mit einem Antidepressivum allein nicht ausreichend wirksam war. Zudem hat Olanzapin auch eine beruhigende und entspannende Wirkung, die aggressives Verhalten reduzieren kann.

Studien lassen vermuten, dass Olanzapin bei schweren und therapieresistenten Formen der posttraumatischen Belastungsstörung eingesetzt werden kann. Es scheint hilfreich gegen Albträume und Schlaflosigkeit zu sein.

Der Arzneistoff verbessert auch die Wirkung antiemetischer Medikamente bei einer Chemotherapie.

Augmentation

Gemäß einer placebokontrollierten Studie und der klinischen Erfahrung kann die Zugabe von Olanzapin zu einer nicht erfolgreichen antidepressiven Behandlung (Therapieresistenz) zur früheren Beendigung der Therapie führen. Die Olanzapinzugabe weist den Vorteil ihrer einfachen Durchführung auf, bezüglich Wechselwirkungen sind jedoch die weiter unten angeführten Punkte zu beachten. Der Metabolismus von Antidepressiva wird durch die Augmentation (Kombination von mehreren Medikamenten zur Steigerung der Wirksamkeit) nicht beeinflusst.

Kontraindikationen

Bei Engwinkelglaukom, psychotischen Zuständen bei älteren demenzkranken Patienten sowie dann, wenn ein Malignes Neuroleptisches Syndrom (MNS) vorausging, soll Olanzapin nicht angewendet werden.

Nebenwirkungen

Bekannte Nebenwirkungen von Olanzapin sind unter anderem folgende:

Ketoazidose

Ein Team von Forensikern untersuchte den Zusammenhang von Tod durch ketoazidotische (diabetische) Stoffwechselentgleisung im Zusammenhang mit verschiedenen Antipsychotika und veröffentlichte, dass hier im Zusammenhang mit diesen Toden die häufigsten Medikamente Quetiapin und Olanzapin gefolgt von Risperidon waren. Bei 16 von 17 untersuchten Todesfällen wurde die Medikation als primärer oder wenigstens beitragender Faktor des Todes durch Ketoazidose definiert. Das Risiko, eine Ketoazidose zu erleiden, stieg bei Olanzapin in einer anderen Studie mit der Behandlungsdauer weiter an, während es bei Risperidon zu sistieren schien.

Diese und andere Berichte führten dazu, dass die Empfehlung ausgesprochen wurde, die Blutglukose bei der Therapie mit atypischen Antipsychotika regelmäßig zu kontrollieren.

Intramuskuläre Anwendung

Derzeit untersucht die FDA zwei Todesfälle, die sich drei bzw. vier Tage nach intramuskulärer Injektion von Olanzapin ereigneten. Auch wenn die Todesursache noch nicht feststeht, konnten erhöhte Serumkonzentrationen von Zypadhera gefunden werden, eine vermehrte Freisetzung aus dem Depot gilt als wahrscheinlich.

Bereits in der Fachinformation wird auf die Möglichkeit der Überdosis durch versehentliche Injektion in der Nähe von Blutgefäßen hingewiesen. Für die intravenöse Anwendung gibt es aufgrund der starken Komplikationen eine strenge Kontraindikation. Durch Überdosierung kann es zu einem PDSS (postinjection delirium sedation syndrome), kardialen Arrhythmien und dem plötzlichen Herzstillstand kommen.

Marktagieren Eli Lillys

Die Firma Eli Lilly, die als erste Olanzapin unter dem Handelsnamen Zyprexa auf den Markt brachte und patentieren ließ, kam 2006 in die Schlagzeilen („Zyprexa-Skandal“), da sie bewusst bestimmte Nebenwirkungen des Medikaments wie beispielsweise die drastische Gewichtszunahme und die mögliche Manifestation einer Diabetes-Erkrankung verschwiegen hatte. Seit dem Jahr 2005 wurden deshalb in 28.500 Fällen insgesamt 1,2 Milliarden Dollar außergerichtliche Entschädigungszahlungen geleistet (Stand Februar 2007). Um die durch diesen Skandal in den USA zurückgehenden Einnahmen auszugleichen, verteuerte die Firma ihr Produkt Zyprexa in Deutschland.

Wechselwirkungen

Da Olanzapin durch CYP 1A2 metabolisiert wird, ist bei Substanzen, die spezifisch dieses Isoenzym induzieren oder hemmen, Vorsicht geboten. So wurde für Fluvoxamin, einen spezifischen CYP 1A2 Hemmstoff, eine signifikante Hemmung des Olanzapin-Metabolismus gezeigt. Die durchschnittliche Zunahme der Olanzapin AUC betrug 52 % bzw. 108 %. Eine niedrigere Anfangsdosis von Olanzapin muss hier in Betracht gezogen werden. Gleiches gilt für die gleichzeitige Einnahme mit Ciprofloxacin.

Auch Rauchen und Carbamazepin beeinflussen die Olanzapin-Spiegel, wobei es zu niedrigeren Olanzapin-Konzentrationen kommen kann.

Die gleichzeitige Verabreichung von Olanzapin und anderen Arzneimitteln, die das QT-Intervall im EKG verlängern (z. B. Ziprasidon), hat zu unterbleiben. Die Krampfschwelle senkende Medikamente sollen nicht oder nur mit größter Vorsicht zeitgleich verwendet werden, da Olanzapin ebenfalls epileptische Anfälle begünstigt.

Handelsnamen und Darreichungsformen

Der Handelsname des Olanzapin-Originalpräparats ist Zyprexa®, hergestellt und vertrieben durch Eli Lilly. In Deutschland, Österreich und der Schweiz stehen Filmtabletten und Schmelztabletten zur oralen Anwendung zur Verfügung. Eine parenterale Zubereitung als intramuskuläre Depotform (Olanzapin-Pamoat-Monohydrat) wird unter dem Handelsnamen ZypAdhera® vertrieben. Des Weiteren wird eine schnellwirksame intramuskuläre Zubereitung vertrieben. Da von Ende 2007 bis Dezember 2008 der Patentschutz für Zyprexa® in Deutschland aufgrund eines (nicht rechtskräftigen) Urteils des Bundespatentgerichts stark in Zweifel stand, waren zu dieser Zeit zahlreiche Generika auf dem deutschen Markt erhältlich. Am 17. Dezember 2008 entschied jedoch der Bundesgerichtshof zu Gunsten des Originalherstellers Eli Lilly, dass das Patent Gültigkeit besitzt. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist rechtskräftig. Zahlreiche Generikahersteller gaben daraufhin bekannt, den Vertrieb ihrer Olanzapin-Präparate vorerst einzustellen. Nach dem Ablauf des Patents sind in Deutschland seit dem 1. Oktober 2011 Generika verfügbar. Generika sind ebenfalls in Österreich erhältlich. Die weltweiten Vertriebsrechte (mit Ausnahme Südkorea) für Zyprexa hat 2023 Cheplapharm erworben.

Herstellung

Bei der mehrstufigen Synthese von Olanzapin geht aus von 2-Nitrochlorbenzol und 2-Amino-3-cyano-5-methylthiophen, die unter Einwirkung von Lithiumhydroxid zu dem Zwischenprodukt 2-(2-Nitroanilino)-5-methylthiophen-3-carbonitril umgesetzt werden. Die Reduktion der Nitrogruppe erfolgt mit Zinn(II)-chlorid und Salzsäure. Dabei tritt direkt folgend die Cyclisierung zum siebengliedrigen Ring ein. Durch Erhitzen mit N-Methylpiperazin in einem Gemisch aus Toluol und DMSO entsteht dann Olanzapin.

Handelsnamen

Monopräparate

Zypadhera (Depotform in D, A), Zyprexa (D, A, CH), und zahlreiche Generika.

Siehe auch

Commons: Olanzapin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 Eintrag zu Olanzapin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 20. Juli 2019.
  2. 1 2 The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, ISBN 978-0-911910-00-1, S. 1175.
  3. 1 2 Datenblatt Olanzapin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 8. April 2019 (PDF).
  4. ePsy.de: Psychopharmaka Zeittafel.
  5. BÄK, KBV, AWMF (Hrsg.): S3-Leitlinie Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression. (awmf.org [abgerufen am 26. Januar 2023]).
  6. R. M. Navari: Olanzapine for the prevention and treatment of chronic nausea and chemotherapy-induced nausea and vomiting. In: European journal of pharmacology. Band 722, Januar 2014, S. 180–186, doi:10.1016/j.ejphar.2013.08.048. PMID 24157985.
  7. O. Benkert, Hanns Hippius: Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. 12., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Berlin/Heidelberg 2019, ISBN 978-3-662-57334-1.
  8. M. M. Söderberg, M. L. Dahl: Pharmacogenetics of olanzapine metabolism. In: Pharmacogenomics. Band 14, Nummer 11, August 2013, S. 1319–1336, doi:10.2217/pgs.13.120. PMID 23930678.
  9. Schweizerische Gesellschaft für Zwangserkrankungen: Medikamentöse Behandlung von Zwangsstörungen (Memento des Originals vom 31. März 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis..
  10. M. Jakovljević, M. Sagud, A. Mihaljević-Peles: Olanzapine in the treatment-resistant, combat-related PTSD--a series of case reports. Acta Psychiatrica Scandinavica 26 (1): S. 45–49, 2006, PMID 12752037.
  11. rme/aerzteblatt.de: Chemotherapie: Olanzapin verbessert Wirkung von Antiemetika. In: aerzteblatt.de. 15. Juli 2016, abgerufen am 19. Juli 2016.
  12. J. Schöpf: Moderne Antidepressiva – Wechseln, Kombinieren, Augmentieren. Steinkopff, Darmstadt 2003, ISBN 3-7985-1426-7.
  13. OLANZAPIN-1A Pharma 5 mg Filmtabletten, Apotheken Umschau
  14. Susan F. Ely, Amber R. Neitzel, James R. Gill: Fatal Diabetic Ketoacidosis and Antipsychotic Medication. In: Journal of forensic sciences. 27. Dezember 2012, doi:10.1111/1556-4029.12044.
  15. Krishnan Ramaswamy, Chris M Kozma, Henry Nasrallah: Risk of diabetic ketoacidosis after exposure to risperidone or olanzapine. In: Drug Safety. 30. Jahrgang, Nr. 7, 2007, S. 589–599.
  16. Melanie D. Guenette, Margaret Hahn, Tony A. Cohn, Celine Teo, Gary J. Remington: Atypical antipsychotics and diabetic ketoacidosis: a review. In: Psychopharmacology. 226. Jahrgang, Nr. 1, März 2013, S. 1–12, doi:10.1007/s00213-013-2982-3.
  17. Cristian Palmiere, Daniel Bardy, Patrice Mangin, Dominique Werner: Postmortem diagnosis of unsuspected diabetes mellitus. In: Forensic Science International. doi:10.1016/j.forsciint.2013.01.004.
  18. FDA Drug Safety Communication: FDA is investigating two deaths following injection of long-acting antipsychotic Zyprexa Relprevv (olanzapine pamoate)
  19. Ärzteblatt: USA: Lilly zahlt 500 Mio US-Dollar für Nebenwirkungen von Zyprexa® (Memento vom 2. April 2018 im Internet Archive), 5. Januar 2007.
  20. Presseinformation von Eli Lilly vom 18. Dezember 2008: Bundesgerichtshof erkennt Lilly Zyprexa-Patent wieder zu.
  21. https://www.ostsee-zeitung.de/lokales/vorpommern-greifswald/greifswald/megadeal-in-greifswald-cheplapharm-kauft-zyprexa-von-eli-lilly-and-company-UZMPMXZBK5AQNL3AHCE5NV3XOE.html
  22. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu 2-Amino-5-methyl-3-thiophencarbonitril: CAS-Nummer: 138564-58-6, EG-Nummer: 604-082-4, ECHA-InfoCard: 100.106.809, PubChem: 689056, ChemSpider: 600436, Wikidata: Q72439762.
  23. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu 1-Methylpiperazin: CAS-Nummer: 109-01-3, EG-Nummer: 203-639-5, ECHA-InfoCard: 100.003.309, GESTIS-Stoffdatenbank: 70010, PubChem: 53167, ChemSpider: 48024, Wikidata: Q3825112.
  24. A. Kleemann, J. Engel, B. Kutscher, D. Reichert: Pharmaceutical Substances. 4. Auflage, 2 Bände erschienen im Thieme-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 978-1-58890-031-9; seit 2003 online mit halbjährlichen Ergänzungen und Aktualisierungen.

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