§ 175 Strafgesetzbuch (Deutschland)

Der § 175 des deutschen Strafgesetzbuches 175 StGB) existierte vom 1. Januar 1871 (Inkrafttreten des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund) bis zum 10. Juni 1994. Er stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe und ermöglichte somit die Verfolgung Homosexueller. Bis 1935 verbot er auch die „widernatürliche Unzucht mit Tieren“ (von 1935 bis 1969 war dies nach § 175b strafbar). Insgesamt wurden etwa 140.000 Männer nach den verschiedenen Fassungen des § 175 verurteilt. Am 1. September 1935 verschärften die Nationalsozialisten den § 175 dadurch, dass der Tatbestand von beischlafähnlichen auf sämtliche „unzüchtigen“ Handlungen ausgeweitet wurde. Der neu eingefügte § 175a bestimmte für „erschwerte Fälle“ zwischen einem und zehn Jahren Zuchthaus.

Die DDR kehrte 1950 zur alten Fassung des § 175 zurück; der § 175a wurde weiterhin angewendet. Ab Ende der 1950er Jahre wurden homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen nicht mehr bestraft (siehe unten). 1968 setzte die DDR ein komplett neues Strafgesetzbuch in Kraft, das diese Praxis auch rechtlich so regelte. In § 151 wurden nurmehr gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen von Erwachsenen mit Jugendlichen sowohl für Frauen als auch für Männer unter Strafe gestellt. Durch Gesetz vom 14. Dezember 1988 wurde dieser Paragraph gestrichen.

Die Bundesrepublik Deutschland hielt zwei Jahrzehnte lang an den Fassungen der §§ 175 und 175a aus der Zeit des Nationalsozialismus fest. 1969 kam es zu einer ersten, 1973 zu einer zweiten Reform. Seitdem waren nur noch sexuelle Handlungen mit männlichen Jugendlichen unter 18 Jahren strafbar, wogegen das Schutzalter bei lesbischen und heterosexuellen Handlungen bei 14 Jahren lag. Erst nach der Wiedervereinigung wurde 1994 der § 175 auch für das Gebiet der alten Bundesrepublik aufgehoben.

Im Volksmund wurden Homosexuelle gelegentlich als „175er“ bezeichnet. Gleichzeitig nannte man den 17. Mai (17.5.) den „Feiertag der Schwulen“. Heute finden anlässlich der Streichung der Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel für Krankheiten der WHO am 17. Mai 1990 am selben Tag Aktionen zum Internationalen Tag gegen Homophobie, Biphobie, Interphobie und Transphobie statt.

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