Antiaromatizität
Antiaromatizität bezeichnet in der Chemie das Phänomen, dass cyclische Delokalisation von 4n Elektronen (n = 1, 2, 3 …) gegenüber einer linear konjugierten Referenz zu einer energetischen Destabilisierung und somit erhöhten Reaktivität führt. Sie ist somit das Gegenstück zum Phänomen der Aromatizität (Hauptartikel, vgl. dort für vertiefte Diskussionen), bei der cyclische Delokalisation von 4n + 2 Elektronen (n = 0, 1, 2 …) gegenüber einer linear konjugierten Referenz zu energetischer Stabilisierung und somit verringerter Reaktivität führt. Die Phänomene von Aromatizität und Antiaromatizität lassen sich in einfacher Form anhand der Hückel-Regel veranschaulichen. Verbindungen, welche das Phänomen der Antiaromatizität zeigen, werden als Antiaromaten, solche, die das Phänomen der Aromatizität zeigen, als Aromaten bezeichnet.
Während aromatische Systeme aufgrund ihrer hohen Stabilität in sehr großer Vielzahl anzutreffen sind, ist die Zahl der gut bekannten und untersuchten antiaromatischen Verbindungen aufgrund ihrer hohen Reaktivität vergleichsweise gering. Da antiaromatische Systeme zudem bestrebt sind, die ungünstige cyclische Delokalisation so weit wie möglich zu vermindern – z. B. durch Einnahme von Konformationen mit verringerter Konjugation – sind charakteristische physikalische Eigenschaften (Ringströme, magnetische Eigenschaften) im Gegensatz zu den Aromaten meist nur schwach ausgeprägt (Diskussion der magnetischen Phänomene vgl. unter Aromatizität).
Obwohl Aromatizität und Antiaromatizität zu den fundamentalen Konzepten in der Chemie gehören, tut sich die Fachwelt schwer, eine kurze, umfassende und vollständige Definition der Begriffe zu finden. Die nachfolgende Tabelle fasst die üblichen Aspekte der beiden Phänomene nach dem gegenwärtigen Stand der Diskussion zusammen:
Eigenschaft | Aromat | Referenz (Olefin) | Antiaromat |
---|---|---|---|
Delokalisation / Konjugation | cyclisch | linear | cyclisch |
Zahl der π-Elektronen | 4n + 2 | 2n | 4n |
Energetischer Effekt der Konjugation | Stabilisierung | = Referenz | Destabilisierung |
Ausmaß der Delokalisation | erhöht | = Referenz | erniedrigt |
Bindungslängen | Tendenz zum Bindungslängenausgleich |
alternierend | alternierend |
Diamagnetische Anisotropie | erhöht | – | klein |
magnetic susceptibility exaltation | hoch | – | niedrig |
Ringstrom | diamagnetisch | – | paramagnetisch |
NICS-Werte | deutlich negativ | – | deutlich positiv |
Chemische Reaktivität | elektrophile Substitution | Addition | Addition |
HOMO-LUMO-Differenz | erhöht | = Referenz | erniedrigt |
Typische Vertreter | Benzol | Butadien | Cyclobutadien |