Chrestomathie
Eine Chrestomathie (griechisch χρηστομαθία, zu χρηστός chrēstós, deutsch ‚nützlich‘ und μανθάνω mantháno, mit dem Infinitiv Aorist μαθεῖν matheín, deutsch ‚lernen‘) ist eine Zusammenstellung von Texten oder Textauszügen – hauptsächlich aus Prosaschriften – zu didaktischen Zwecken und damit „eine Vorform der heutigen Lesebücher“.
Durch diesen didaktischen Aspekt ist die Chrestomathie vom Oberbegriff der Anthologie zu unterscheiden. Der Begriff entstammt dem klassischen Altertum. Texte wurden bei der Lektüre von Lehrern mit dem Buchstaben χ (Chi) für chrēstós als nützliche Werke für Schüler gekennzeichnet. Der Begriff chrēstomathía tritt in zwei jeweils als Fragment erhaltenen Werken des Eutychios Proklos – nicht zu verwechseln mit dem bekannten gleichnamigen Philosophen – in Erscheinung: Chrestomathia grammatica und chrestomathia poetica. Im deutschsprachigen Raum ist der wissenschaftliche und schulische Gebrauch des Begriffs für die Zeit seit dem 18. Jahrhundert gut belegt.
Oftmals dienen in einer Chrestomathie angelegte Textsammlungen dem Erlernen von Sprachen, wobei die Texte nach ihrem fremdsprachlichen Schwierigkeitsgrad progressiv geordnet sind. Jenseits fremdsprachlicher oder literarischer Zwecke sind allerdings auch Chrestomathien für die Bereiche Ökonomie, Pädagogik, Philosophie – oder auch Spezialitäten wie eine aztekische Chrestomathie – zusammengestellt worden. Gelegentlich wird der Terminus im allgemeineren Sinn von Textauswahl beziehungsweise Anthologie oder Blütenlese gebraucht.