Dako-romanische Kontinuitätstheorie
Die dako-romanische Kontinuitätstheorie besagt, dass die Rumänische Sprache im heutigen Rumänien auf die dako-romanische Bevölkerung in der Provinz Dacia zurückgehe und dass es eine räumliche Kontinuität des Rumänischen im Raum der Provinz Dacia bzw. in Rumänien gegeben habe. Die konkurrierende Migrationstheorie geht hingegen davon aus, dass die rumänisch-sprechende Bevölkerung im Wesentlichen südlich der Donau und damit außerhalb Rumäniens überlebte und erst später wieder in das heutige Rumänien einwanderte.
Nachdem die Römer die Provinz im Jahre 270 aufgegeben hatten, sei die dakisch-römische Mischbevölkerung im Land verblieben. Nach dem Hunneneinfall 376 habe sie sich aus den Städten in die Gebirge und Wälder zurückgezogen, wo sie als Bauern oder Wanderhirten die folgenden Einfälle der Goten, Gepiden, Slawen, Awaren, Petschenegen und Kiptschak überlebt habe. Aus dieser dako-romanischen Bevölkerung sowie aus Geten und Griechen in der heutigen Dobrudscha seien die Rumänen hervorgegangen. Deren Ethnogenese habe sich zwischen dem 6. und 10. Jahrhundert im Gebiet des heutigen Rumäniens vollzogen. Diese Theorie behauptet damit nicht nur die Vorstellung von einer sprachlichen bzw. ethnischen Kontinuität des Rumänischen seit der Antike, die unbestritten ist, sondern darüber hinaus eine räumliche Kontinuität. Die Theorie wurde im 18. Jahrhundert von der rumänischen „Siebenbürgischen Schule“ (Școala Ardeleană) entwickelt und wird seitdem nahezu übereinstimmend von rumänischen Wissenschaftlern vertreten.
Demgegenüber steht die 1871 von Robert Rösler weiterentwickelte und formulierte Migrationstheorie (einer seiner Vorläufer war Franz Josef Sulzer), wonach die Rumänen erst im hohen Mittelalter – also nach der Ankunft der Ungarn im 9. Jahrhundert – in das heutige Gebiet Rumäniens, insbesondere nach Transsylvanien, eingewandert sein sollen. Die Daker seien bei den römischen Eroberungskriegen weitgehend umgekommen, die lateinischsprechende Bevölkerung sei bei der Aufgabe der Provinz evakuiert worden. Die Ethnogenese der Rumänen habe sich demnach südlich der Donau aus balkanromanischen Wanderhirten vollzogen, die aufgrund ihrer Lebensweise der Transhumanz (jahreszeitlicher Wechsel der Weideplätze über große Entfernungen hinweg mit der Folge hoher Mobilität) seit dem Mittelalter in Rumänien und Siebenbürgen eindrangen.