Deutsche Gemeindeordnung

Die Deutsche Gemeindeordnung (DGO) vom 30. Januar 1935 (RGBl. I S. 49 ff.) löste im Deutschen Reich das zuvor geltende von den deutschen Ländern geschaffene Kommunalverfassungsrecht ab (66 verschiedene Städte- und Gemeindeordnungen für rd. 68 Mio. Einwohner in über 51.000 Gemeinden) und schuf in Deutschland eine „reichsweit“ einheitliche, zentralistische gesetzliche Regelung. Mit der Einführung wurden die landesrechtlichen Gemeindeverfassungen (wie u. a. die Bayerische Gemeindeordnung von 1927, die Hessische Gemeindeordnung von 1931 (Volksstaat Hessen) oder das Preußische Gemeindeverfassungsgesetz von 1933) aufgehoben. Die kommunale Selbstverwaltung blieb zwar nominell als Konstrukt de jure erhalten: Sie [die Gemeinden] verwalten sich unter eigener Verantwortung, faktisch jedoch wurde sie abgeschafft: Es gab weder eine gewählte Vertretungskörperschaft (Gemeindevertretung, Gemeinderat o. Ä.) noch ein gewähltes Verwaltungsorgan (Gemeindevorstand, Bürgermeister). Wahlen durch das Volk oder vom Volk gewählter Vertreter (Abgeordnete) gab es ebenfalls nicht mehr.

„Gemeinderat“ gab es nur noch als Bezeichnung für eine Person, einen Gemeinderat als Kollegialorgan gab es nicht mehr: Das Wort „Gemeinderat“ ist nicht eine Bezeichnung für eine Versammlung, sondern eine Bezeichnung für eine Person und Die Gemeinderäte sind nicht wie die früheren Gemeindevertreter Inhaber eines Mandats, das ihnen eine politische Partei oder die Wahl der Bürgerschaft verlieh, sondern auf Grund besonderen Berufungsverfahrens ausgewählte Ehrenbeamte der Gemeinde.

Die Leiter der Gemeinde führten fortan im gesamten Deutschen Reich die Bezeichnung „Bürgermeister“ oder in den kreisfreien Städten (damalige Bezeichnung: Kreisstädte gemäß § 11 der Durchführungsverordnung zu § 32 DGO) „Oberbürgermeister“. Die Festlegung der Befugnisse und Stellung des Bürgermeisters oder Oberbürgermeisters erfolgte im Sinne des Führerprinzips (NS-Jargon: Autorität nach unten – Verantwortung nach oben) durch Berufung: Der Beauftragte der NSDAP beruft im Benehmen mit dem Bürgermeister die Gemeinderäte. ... an Stelle der Wahl durch die Bürgerschaft [muß] die Berufung der Gemeinderäte durch den Beauftragten der NSDAP [Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei], als Repräsentanten [des] Volkes treten.

Obwohl dieses Regelwerk (neben dem Gesetzestext gab es noch fünf Rechtsverordnungen zu dem Gesetz) während des Nationalsozialismus erlassen wurde und in der Gesamtbetrachtung auf die organisatorische Einordnung der Gemeinden in den Führerstaat zielt, wird teilweise die Ansicht vertreten, dass der zentrale Regelungsgehalt, insbes. der des Gemeindewirtschaftsrechts, von spezifischem nationalsozialistischem Gedankengut frei sei. Das sei für die meisten kommunalwirtschaftlichen Regelungen (§§ 60–105 DGO 1935) nach allgemeiner Forschungsmeinung als Fortentwicklung des bis dahin in Gesetzgebung und Rechtsprechung erarbeiteten Rahmens zutreffend.

Dementsprechend waren gemäß dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 maßgebliche Bestandteile der DGO von 1935 als Landesrecht in verschiedenen Bundesländern (teilweise bis Ende der 1990er Jahre) fortgeltend. Insbesondere die Regelungen des Gemeindewirtschaftsrechts bilden noch heute die inhaltliche Grundlage für die Gemeindeordnungen einzelner Länder der Bundesrepublik Deutschland.

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