Gyroskopische Stabilisierung
Die gyroskopische Stabilisierung oder Drallstabilisierung ist in der Kreiseltheorie ein Effekt, mit dem an sich labile Systeme durch eingebaute zyklische Mechanismen in ihrer räumlichen Ausrichtung stabilisiert werden. Bei den zyklischen Mechanismen handelt es sich meist um symmetrische Kreisel. Im Alltag ist der Effekt erfahrbar bei rasch drehenden Spielkreiseln, die gegen Störungen bemerkenswert unempfindlich sind, oder einem in den Händen gehaltenen, schwungvoll rotierenden Rad, das der Richtungsänderung seiner Achse Widerstand entgegensetzt.
Die Theorie der gyroskopischen Stabilisierung befasst sich mit der Frage, unter welchen Umständen eine Stabilisierung gelingt, was keineswegs immer möglich ist. William Thomson, 1. Baron Kelvin und Peter Guthrie Tait konnten zeigen,
- dass nur Systeme mit einer geraden Anzahl von labilen Freiheitsgraden gyroskopisch stabilisiert werden können, wobei indifferente Freiheitsgrade im Allgemeinen zu den labilen zu zählen sind,
- dass wenn keine Dämpfung vorhanden ist, die Stabilisierung einer geraden Anzahl von labilen Freiheitsgraden stets erzwungen werden kann und
- dass bei vorhandener Dämpfung gyroskopische Stabilisierung nur mit Hilfe künstlich angefachter Freiheitsgrade möglich ist.
Von den hier angesprochenen Freiheitsgraden sind die Drehwinkel um die Figurenachse (genauer die zyklischen Koordinaten) der Kreisel ausgenommen.
Anwendung findet die gyroskopische Stabilisierung in Schiffen (Schiffskreisel), Raumflugkörpern, Kreiselinstrumenten und Trägheitsnavigationssystemen sowie in der Ballistik, siehe #Anwendungen.