Ein Doppelgänger
Ein Doppelgänger ist der Titel einer späten Novelle Theodor Storms. Sie erschien in Fortsetzungen zwischen dem 1. Oktober und dem 15. Dezember 1886 in den ersten sechs Heften der Zeitschrift Deutsche Dichtung, die von Karl Emil Franzos im selben Jahr gegründet und bis zu seinem Tode herausgegeben wurde. 1887 wurde sie im Gebrüder Paetel Verlag in dem Sammelband Bei kleinen Leuten zusammen mit der Erzählung Bötjer Basch in einer leicht überarbeiteten Fassung publiziert.
Sie gehört zu seinen sozialkritischen Werken, ist in eine Rahmen- und Binnenhandlung untergliedert und berichtet vom Schicksal eines ehemaligen Strafgefangenen namens John Hansen, der nach seiner Entlassung Schwierigkeiten hat, in der Gesellschaft Fuß zu fassen und an sozialer Ausgrenzung und eigenen charakterlichen Problemen scheitert.
Indem Storm individuelle und gesellschaftsbedingte Probleme entlassener Strafgefangener umkreiste, nahm er Fragen der Resozialisierung vorweg, die später vielfach bearbeitet wurden. Die Ausweglosigkeit der Lebenslage Hansens erregte das Mitgefühl vieler Zeitgenossen und führte unter anderem dazu, dass in Husum eine Stiftung für bedürftige Arbeiter gegründet wurde. Die Novelle diente als Vorlage für den Film John Glückstadt von Ulf Miehe.